Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)
nein? Er stand vor unserer Tür und hatte einen BH an.«
Norman holte mich wie verabredet um ein Uhr ab. Mein erstes Rendezvous als freie, unabhängige Musikagentin – und so sah mein Date aus. Ach, ich würde ja gerne sagen, dass man ein Buch nicht nach seinem Einband beurteilen kann. Aber leider traf das in diesem Fall nicht zu. Normantrug sein braunes Jackett mit den tausend Flecken, und in diesem Jackett steckte auch ein Mann mit Flecken.
Wir gingen also wie abgemacht ins Museum. Auch Doris Day besuchte Museen, man erinnere sich. Aber hatte sie jemals einen Norman als Begleiter? (Die Garderobe, ihr Idioten, er hätte einfach nicht dieses braune Jackett mit den tausend Flecken tragen dürfen. Ein dunkelblauer Nadelstreifen-Dreiteiler wäre angemessener gewesen.) Wir klapperten die Säle des Metropolitan ab und sprachen über Dinge wie Renaissance, Impressionismus, Expressionismus etc., und danach begleitete mich Norman wieder nach Hause. Keinen Cent hat er für mich ausgegeben, keinen Nickel, ich benutzte sowohl hin wie zurück meine eigene Subwaymarke. Mit hochgenommen hab ich ihn nicht.
(Ich) »Vielen Dank, ich fand’s sehr nett.«
(Norman) »Ich fand’s auch sehr nett. Wie wär’s mit nächstem Wochenende?«
(Ich dachte) Du machst wohl Witze. Das kann nicht dein Ernst sein? Ich will dich in meinem ganzen Leben nie wieder sehen. Hau ab mit deinen Flecken. Du lässt den ganzen Mont Parnasse schäbig aussehen.
(Ich sagte) »Denk mal nicht, es liegt an dir, Norman, aber nächstes Wochenende geht’s beim besten Willen nicht. Ich muss mir die Haare waschen.«
(Norman) »Und am Wochenende darauf?«
(Ich dachte) Hau schon ab. Du schaffst es, dass dieser Luxusbau wie ein Slum aussieht.
(Ich sagte) »Tut mir leid, das Wochenende darauf fahr ich nach Hause, zum Franklin Square.«
»Ich könnte mitkommen, und wir könnten im Park spazieren gehen oder so was.« (Er will sich schon wieder in Unkosten stürzen.)
(Ich, nicht mehr in der Lage, mir etwas auszudenken) »In Ordnung.«
Norman schnappte nach meinen Lippen und gab mir den ekelhaftesten, feuchtesten Kuss meines Lebens, mitten im Hausflur um sechs Uhr abends. Die Leute entsorgten ihren Müll, und er küsste mich.
Oh Mann: Normans Treffen mit der Mutter.
Franklin Square meldet sich:
»Nun, Sheila, wie war deine Verabredung?«
»Öde, schrecklich, widerlich.«
»Will er sich wieder mit dir treffen?«
»Ja. Er ist überhaupt nicht mein Fall. Er widert mich an. Irgendetwas stimmt nicht mit ihm. Er ist einfach zu jüdisch.«
»Scheint ein netter Junge zu sein. Wann seht ihr euch wieder?«
»Samstag in einer Woche, er kommt mit raus.«
»Er kommt hierher!« Sie kann es nicht glauben. Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich einen netten jüdischen jungen Mann mit nach Hause bringe. Die Dame des Hauses stand unter Schock.
»Er kommt am Samstag vorbei. Wir fahren etwas spazieren oder so.«
»Aber sicher, mein Liebes, du kannst das Auto haben, wenn du das möchtest.« Nimm das Auto, nimm meine Sachen, nimm mein Haus. Ich könnte heulen, so glücklichhast du mich gemacht. Du hast mir einen echten, durch und durch jüdischen jungen Mann ins Haus gebracht.
Ich kann nur sagen, hört auf Sheila – ihr solltet nie einen Mann nach Hause bringen und eurer Mutter vorstellen, wenn ihr ihn nicht absolut toll findet. Norman trat durch die Tür, und es war Liebe auf den ersten Blick. Norman und meine Mutter waren einander sofort verfallen. Ruthie, Madeline, alle mal herhören – Norman und Bernice Levine haben sich verliebt. Ja, verliebt.
»Norman, mein lieber Junge, kann ich dir was anbieten? Zieh doch dein Jackett aus und mach’s dir bequem? Hier, Norman, ein Glas eisgekühlter Saft. Aber ja, leg die Füße hoch. Man soll sich bei mir wohlfühlen können. Du unterrichtest also an der Grundschule, wie interessant. Erzähl mal, Norman. Ist doch eine echte Herausforderung? Verlieben sich die kleinen Mädchen nicht alle in ihren Lehrer?«
Sie klimperte mit den Wimpern, und sie trug einen Push-up-BH und ihr neuestes Haarteil. Es war unübersehbar, Bernice flirtete mit Norman Berkowitz. Für sie war das eine kleine Reise in die Zeit, als sie noch Bernice Arnold war.
Und ihre Anstrengungen verpufften nicht. Norman verfiel ihr mit Haut und Haaren.
»Mrs. Levine, diese Suppe ist köstlich … Haben Sie alles hier eingerichtet? … Unglaublich, diese fantastischen Bilder im Hobbyraum.«
Sie waren verrückt nacheinander, diese beiden. Sie lud ihn zum
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