Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)
Wahrscheinlich ist er bei Norman eingezogen.
Und ich wurde beschallt … Happy birthday to you
Happy birthday to you
Happy birthday to you
Happy birthday to you
Happy birthday to you,
Liebe unbemannte Sheila
Happy birthday to you
And many more.
Nein, keine weiteren mehr.
Dieses Geburtstagsständchen wurde mir von meiner Mutter und meinem Vater im Vierjahreszeiten gebracht.
»Sheila, Liebes, mir kam der Gedanke – ich hab auch mit deinem Vater darüber gesprochen –, dass du vielleicht noch nicht verheiratet bist, weil du zu große Ansprüche hast. Muss es denn unbedingt ein Akademiker sein?«
Hab ich auch schon versucht, Mom … Marty Brink mit dem Highschool-Abschluss. Marty war in der Damenschuhbranche. Er hat gleich nach der Highschool bei seinem Vater angefangen. Wir sind ein paarmal ausgegangen und schließlich, wie es damals so üblich war, im Bett gelandet. Gleich nach dem ersten Geschlechtsverkehr sagte Marty, der noch auf mir lag: »Tut mir leid, Sheila, ich hätte nicht kommen sollen.« Wollt ihr noch mehr über Stimmungskiller hören? Mir wird ganz übel, wenn ich daran denke. Tut mir leid, Mom, du hättest mich nicht aufs College schicken dürfen. Ich wäre mal besser Tippse geworden.
Und für mich dachte ich – ES REICHT, ICH BRING MICH UM.
Warum es reichte? Weil mich keiner heiratete, ganz einfach. NIE HATTE ICH FRISCHES WASSER. Man könnte darin auch die Antwort einer Frau auf die Bevölkerungsexplosion sehen. Gibt es etwas Ökologischeres, als sich selbst zu entsorgen?
Tatsächlich gab es eine Alternative. Und das war ein Make-over von Glamour . Ich schrieb ihnen, kriegte aber nie eine Antwort, was ich als Omen betrachtete. Selbstmord war die einzig mögliche Antwort.
Meine Vergangenheit und Gegenwart kamen zusammen, eine Zukunft gab es nicht. Ich schrieb diese Notiz, kurz bevor mich meine Eltern zum Geburtstagsdinner ausführten.
Einen Freitod zu planen ist äußerst aufwendig. Wahrscheinlich noch aufwendiger als eine Heirat. Schließlich gilt es Vorbereitungen für die Ewigkeit zu treffen.
VORBEREITUNGEN
MAN KANN SICH NICHT VORSTELLEN, wie erleichtert ich war, als ich mich zu diesem Entschluss durchgerungen hatte. Merkwürdigerweise fühlte ich mich kerngesund. Es tut einfach unvorstellbar gut, Dr. Stillman und seine Wasserdiät zu vergessen und sich von Dr. Atkins und seiner Kohlenhydratreduktionskost zu verabschieden. Auch Urininjektionen brauchte ich nicht mehr in Erwägung zu ziehen. Richtig, das Erste, was ich mir nach diesem Entschluss, meinem Leben ein Ende zu setzen, vornahm, war, keine Diät mehr zu machen. Die Grube musste eben etwas verbreitert werden.
Meine ganzer Lebensstil änderte sich. Ich trug wieder karierte Faltenröcke. Querstreifen und Farben, die nicht schlank machten. Ich nahm überallhin ein Taxi, ohne auf die Uhr zu schauen. Schaute mir Broadwayshows von den besten Plätzen aus an. Kaum vorstellbar, dass Jackie Onassis all das getan hat, ohne lange zu überlegen.
Der geplante Suizid veränderte sogar positiv meinen Charakter. Ich wurde offener, ehrlicher und vielleicht auch etwas hemmungsloser. Und ich wurde eine bessere Lehrerin, weil ich nämlich keine Angst mehr hatte, eines der Kinder könnte mich mit einem Messer erstechen.
Ich nehme an, die meisten Menschen, die diesen Entschluss gefasst haben, schreiten sofort zur Tat. Dazu warich nicht in der Lage. Es wäre zu billig. New York hatte mir Stil beigebracht, und ich bevorzugte eine elegantere Lösung. Nicht wie in dem Film Solange es Menschen gibt mit sechs weißen Pferden vor dem Leichenwagen. Stilvoll und diskret, so schick wie möglich und stimmig bis ins letzte Detail.
Ich hatte meinen Entschluss Ende August gefasst und wollte die Sache bis zum 3. Juli nächstes Jahr durchziehen. So hatte ich genügend Zeit, mich um ein Grab und einen Grabstein zu kümmern, und natürlich auch, um einen Abschiedsbrief zu verfassen. Man fragt sich vielleicht, warum gerade der 3. Juli? Auf die Gefahr hin, dass das niemand interessiert, möchte ich es doch erklären. Ich hab mir nämlich vorgestellt, wenn ich mich am dritten Juli umbringe, werde ich am Vierten Juli beerdigt. Ein symbolträchtiges Datum! Der Vierte Juli – der Tag meiner Unabhängigkeit.
Ich weiß, es ist idiotisch, aber ich hab damals im August einen Stempel mit VERSTORBEN gekauft. In einer Kleinanzeige auf der letzten Seite der Sonntagsausgabe vom New York Times Magazine hatte ich gelesen: »Wir gravieren einfach alles in Gummistempel,
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