Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)
»trocken«. Alle meinten, sie würden sich mit mir in Verbindung setzen, wenn es was gäbe. Verdammte Scheiße, Harold, warum willst du nicht wie alle anderen Gefangenen ein Stück Kuchen mit einer Feile drin?
Was tun? Treff ich mich mit einem abgerissenen kleinen Burschen im Needle Park oder am Columbus Circle? … »Du wirst mich erkennen. Ich bin 1,62 groß, etwas pummelig, habe lockiges Haar und trage meine echte Nase. Wie erkenn ich dich?« … »Ich trag eine alte Jacke, alte Hosen und seh aus, als brauche ich dringend einen Schuss. Ich hab auch ein Messer dabei, um dir die Kehle aufzuschlitzen, wenn mir deine Visage nicht gefällt.«
7. Februar
LIEBER HAROLD,
es tut mir wirklich leid, dass dir das passierte, aber es wird bald vorbei sein. [Meine Briefe sind furchtbar.] Ich weiß nicht, wo ich diese leckeren »Cookies« herkriegen soll. Glaub mir, ohne dich ist mein Leben total öde. Sag mir bitte, wo ich die Cookies finde und wie man bezahlt.
Es gibt nicht viel Neues, außer dass ich mir ein paar Töpfe gekauft habe und es kaum erwarten kann, damit zu kochen. Ich hoffe, ich hör bald von dir.
Love ya, SHEILA
P. S. Ich hab ein hübsches Sümmchen zusammengespart. Ich würde dir gerne das Geld gaben, damit du die Alimente bezahlen kannst. Das letzte Hemd hat bekanntlich keine Taschen. Ha! Ha! [Die Witze einer Todgeweihten]
Love ya, S. L.
P. P. S. Wirklich, das Geld ist für dich, nimm es, wenn du es möchtest.
S. L.
Ich dachte Love ya klingt besser als ein einfaches, banales Love . Es machte zwar keinen großen Unterschied, aber » love ya« war in diesem Fall stärker.
12. Februar
LIEBE SHEILA,
ruf Marcia Phillips an: 555–8965. Sie besorgt dir die »Cookies«. Sie weiß auch, wo es das beste Marihuana gibt – 30 Gramm für 20 Dollar. Sag mir, wie viel du bezahlt hast, ich geb dir das Geld zurück.
Allerherzlichsten Dank für dein extrem nettes Angebot, mir deine Ersparnisse zur Verfügung zu stellen. Nein, kommt nicht in Frage. Ich möchte auf keinen Fall, dass die Schlampe dein Geld kriegt, Sheila. Die sechs Monate halt ich schon aus.
Love ya,
HAROLD
Er hält die sechs Monate vielleicht aus, ich aber nicht. Ich muss ihn da rausholen. Mit dem Sterben hab ich mich abgefunden, aber ich hab keine Lust, mich bis dahin immer nur selbst zu befriedigen. »Love ya, Harold« in der Tat. Das Schreiben spülte ich das Klo runter, vorher hab ich aber das »Love ya« ausgeschnitten und an meinen Spiegel geklebt.
555–8965, ich ließ es sechzehnmal klingeln, aber keiner ging ran. 555–8965. Eine ganze Woche lang hab ich’s jeden Tag versucht und sechzehnmal klingeln lassen. Ohne Erfolg.
21. Februar
LIEBER HAROLD,
die »Cookie« Frau ist nie zu Hause. Ich hab’s x-mal versucht, aber es geht nie einer ran. Könnte es sein, dass sie eingelocht wurde, weil sie »Cookies« oder ähnliches Zeug verkaufte?
My love,
SHEILA
25. Februar
LIEBE SHEILA,
es wäre das erste Mal in der Geschichte New Yorks, dass jemand eingelocht wird, weil er Cookies verkauft. Hör dich um, Sheila. Frag ein paar Leute, die sich auskennen. Jeder in New York weiß, wo man dasZeug findet. [Ein weiterer Brief, der runtergespült wurde.] Ich weiß, du schaffst das, Sheila Baby.
My love,
HAROLD
OH BOY! »Entschuldigung, Miss« … »Kann ich Ihnen behilflich sein. Möchten Sie sich die Abendkleider anschauen?« … »Nein, ich möchte wissen, wo ich Gras kaufen kann.« SIRENEN und überall Ladendetektive.
»Papier! Sie brauchen Papier! Papier, Miss?« … »Nein, ich hätte gerne etwas Gras.« POLIZEITRILLERPFEIFEN und ab in die Wanne.
JOSHUA! Joshua könnte mir weiterhelfen. Er war der erste Kiffer, dem ich in meinem Leben begegnete. Wo also ist Joshua? Das Letzte, was ich von ihm hörte, war, dass er für einen Windeldienst schwangere junge Frauen besuchte. Windeldienste stellen häufig arbeitslose Schauspieler ein … »Hallo, Windel-Nanny, arbeitet bei Ihnen ein gewisser Joshua?« … »Nein.« … »Die Grüne Windel, arbeitet bei Ihnen ein gewisser Joshua?« … »Nein.«
Ich gab eine Suchanzeige in der Village Voice auf: Joshua, Sheila Levine möchte dich kontaktieren, melde dich: KL5–4394. Joshua rief nicht an, aber Ronald Fell, ein Freund Joshuas, der wissen wollte, ob ich was von ihm gehört hätte. Er hinterließ mir seine Nummer für den Fall, Joshua würde sich bei mir melden.
Dann hatte ich eine Erleuchtung.
»Hi, Ronald, ich bin Sheila Levine. Ich muss dich was fragen,
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