Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)
vielleicht hältst du mich für verrückt, aber [Achtung, Sheila, wahrscheinlich werden wir abgehört. Das FBI hört mit] ich brauche eine Auskunft, die du mir bestimmt geben kannst, ein netter Junge wie du kennt sich da aus – wo kann ich [geflüstert] Gras herkriegen.«
»Was?« [Ronald, du Blödmann! Ist dir nicht klar, dass wir abgehört werden, dass man uns folgt?]
»Wo kann ich gutes Gras herkriegen?« [Wieder geflüstert]
»Was, Sheila, ich versteh dich nicht.« (Ronald, tut mir leid, ich wusste nicht, dass du auch Schwierigkeiten kriegen könntest. Ich dachte, nur ich würde eingelocht, weil ich fragte.)
»Wo krieg ich gutes Gras her?« (Laut und deutlich in das Ohr eines Beamten)
»Am besten, du rufst Shelly Krupp oder Luke oder Marcia Phillips an, oder, hör zu, ich besorg dir am Donnerstag welches? Drei Zehner?«
»Ja, bitte.«
»Scheint dringend zu sein.«
»Ja, Ronald, es ist dringend.«
»Ich krieg es Donnerstagnacht. Komm also am besten so gegen elf hier vorbei. Meine Adresse … hast du einen Stift zur Hand?«
»Ja, schieß los.«
»Ich wohne in der 412 East Sixth, Apartment Vier C.«
»Brauchst du einen Vorschuss?«
»Nein, bis dann.«
»Vielen Dank, Ronald.«
»Gerne.«
Ich nahm ein Taxi in die East Sixth, holte das Zeug ab und nahm wieder ein Taxi zurück, überzeugt davon, dass der Taxifahrer ein verdeckter Ermittler war, dass der Türsteher sofort das Päckchen entdeckt und die Polizei benachrichtigt hatte. Ich steckte es in die Schublade mit meiner Unterwäsche … NEIN, das war nicht sicher genug. Im Bad … NEIN, da schauen sie immer zuerst nach. In einen Karton in dem Koffer im Schrank, der unter tausend Schuhschachteln begraben ist.
Harold kriegte den Stoff in einer ausgeweideten Snoopy Puppe. Was soll ein erwachsener Mann mit einer Snoopy Puppe anfangen – das war Harolds Problem.
17. März
LIEBE SHEILA,
vielen Dank für den mit Gras ausgestopften Snoopy. Ein hübsches Weihnachtsgeschenk für die Kinder. Wenn ich dir doch nur einen dicken Kuss geben könnte [und ich dir].
Love,
HAROLD
Es war also wieder »Love«. Ich hol ihn da raus, und wenn es meine letzte Tat ist.
27. März
LIEBER HAROLD,
mir geht’s gut, ich hoffe, dir auch. [Ein genialer Anfang] Es gibt nicht viel Neues. [Toller Brief] Wie schaut’s bei dir aus? [Welche Eloquenz!]
Harold, erinnerst du dich, dass ich dir angeboten habe, die Alimente zu bezahlen, damit du aus dem Gefängnis kommst? Ich meinte das ernst. Ich hab etwas Geld auf der Bank, und es soll da nicht liegen bleiben. Ich muss nur noch das restliche Geld für den Grabstein bezahlen und mir ein letztes Hemd kaufen und einen Sarg. Dazu kommen der Rechtsanwalt, der das Testament aufsetzt, und die neue Unterwäsche, in der man mich auffinden soll. [Sie darf nicht getragen aussehen, da bin ich eigen!] Abgesehen davon brauche ich kein Geld mehr. Harold, du kannst es wirklich haben. Möge der Brief dich in einer guten Verfassung vorfinden. [Starker Schluss]
Love,
SHEILA
Montag, Dienstag, Donnerstag – keine Antwort. Am Freitag läutete das Telefon, und Harold war dran. Ich hatte nicht gewusst, dass Häftlinge telefonieren dürfen.
»Hallo, Sheila?«
»Harold, wo bist du?«
»Da, wo ich schon seit ein paar Monaten bin – gesund und munter hinter Schloss und Riegel.«
»Darfst du überhaupt telefonieren?«
»Darf ich, ich darf vielleicht sogar auch Damenbesuch empfangen. Willst du vorbeikommen?«
»Ich dachte, nur die Ehefrauen dürfen das.«
»Liebling, die Männer sitzen hier, weil sie keine Alimente bezahlten. Ehefrauen sind hier unerwünscht.«
»Harold, viel lieber wäre mir, wenn du rauskommen würdest. Nimm das Geld. Ich hab über zweitausend Dollar. Nimm sie, Harold.«
»Nein, ich kann das nicht. Wenn es für mich wäre, okay. Aber ich muss das Geld Frannie geben, die immer bis in die Puppen schlief und schreckliche Kopfschmerzen hatte, wenn ich mit ihr vögeln wollte. Ich will nicht, dass sie es kriegt.«
»Aber ich, Harold, sie soll es kriegen, damit ich dich kriege.«
»Oh, Sheila, weißt du, was ich mir wünschte – und ich bin nicht bekifft – ich wünschte mir, ich hätte dich getroffen, bevor Frannie mein Leben versaut hat. Sie hat das wirklich geschafft, Sheila. Ich bin nicht mehr in der Lage, zu lieben und mich lieben zu lassen. Und das ist Frannies Schuld.«
»Ich könnte ja …«
»Nein, Sheila.«
Warum? Warum nur ist meine letzte Beziehung hier auf Erden ein Haufen
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