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Shelter Bay - 02 - Furienlied

Shelter Bay - 02 - Furienlied

Titel: Shelter Bay - 02 - Furienlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
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antwortete: »Ja.«
    Da betrachtete die Sirene sie von Kopf bis Fuß, musterte das Nachthemd, Zoes jugendliches Gesicht. Sie sprach seltsame Worte und lachte ein langsames, bösartiges Glucksen, woraufhin Zoe spürte, wie sich in ihr etwas verhärtete, als sei sie um einen Kern aus Stahl gegossen worden. Zwei Seelen arbeiteten nun in ihr. Eine davon erkannte sie als ihre eigene, in der Angst und Verwirrung durcheinanderwirbelten. Doch da war noch eine andere, unbekannte Seele. Und diese Seele hatte keine Angst.
    Die Sirene stürzte sich auf sie und Zoe taumelte gegen den Mast. Sie schrie vor Schmerzen auf, als Feuer durch ihren Körper schoss. Hinter ihr ging das Segel in Flammen auf. Zoe schlug die Arme um die Seekriegerin, während die Wasseroberfläche von Schreien widerhallte und schließlich still wurde, als die Sirenen beim Anblick des Feuers flohen. Doch Zoe lockerte den Griff um die Sirene in ihren Armen nicht. Diese kämpfte, wand sich in Zoes Umklammerung, aber Zoe ließ nicht los – nicht einmal, als der Schrei der Sirene drohte, sie taub werden zu lassen. Schließlich griff die Sirene nach dem Mast. Sie hielt sich am Holz fest, stemmte sich mit ihrem vereinten Gewicht dagegen und das leichte Boot begann zu kippen.
    Tim tauchte wieder auf. Er hing schlaff und leblos in den Armen einer hellhaarigen Sirene. Dennoch kämpfte Will sich beim Anblick seines Bruders über das Deck auf ihn zu.
    »Nein!«, schrie Zoe, als Will sich über den Rand des Segelboots schwang.
    Die Sirene verdoppelte ihre Anstrengungen und die Vagabond kippte auf die Seite, wobei das Feuer erlosch.
    Zoe fühlte sich wie ein glühendes Brandeisen, das jemand zum Abkühlen ins Wasser tauchte. Sie konnte Will nicht sehen und ein Teil ihrer Kraft löste sich wie Wasserdampf in Luft auf.
    Wo ist er? Sie suchte das Wasser ab, als die Sirene ihr einen Tritt versetzte und ihr dann den Ellbogen gegen den Kopf rammte.
    Da. Zoe löste ihre Umklammerung und schwamm zu Will, der nach der Sirene trat, die seinen Bruder festhielt. Tim war tot, das konnte Zoe sehen. Blut strömte aus einer Wunde an seinem Hals. Eine Stimme, die nicht ihre eigene war, schrie: »Lass ihn los!«, als die Sirene Tim freigab und Will eine heftige Ohrfeige verpasste, sodass er das Bewusstsein verlor.
    Zoe griff nach der Sirene, aber die floh verängstigt, zu schnell für sie. Zoe bekam Will zu fassen und kämpfte sich durchs Wasser, um ihn an Land zu bringen. Der Großteil ihrer übernatürlichen Kräfte war verschwunden, aber das waren die Sirenen ebenfalls. Es war schwierig, aber sie zog ihn hinter sich durchs Wasser und auf den Strand.
    Als sie sicher auf dem Sand angekommen waren, drückte sie auf seine Brust und blies Luft in seinen Mund, bis er hustete und nach Luft schnappte. Sein Haar war nass und voller Sand, als sie es ihm aus dem Gesicht strich. Blut tropfte in einem schmalen Rinnsal von seinem Ohr.
    Sie sah aufs Wasser hinaus, wo das Boot auf der Seite trieb. Die See war vollkommen ruhig, als wäre nie etwas geschehen. Aber Zoe wusste, dass Tim dort war, irgendwo unter der Oberfläche.
    In dem Moment fuhr ihr etwas über die Wange. Sie schlug um sich, als der Geruch von brennendem Holz ihr in die Nase stieg. Jemand schrie ihren Namen, und als sich die Schwärze lichtete, sah sie, dass sie in ihrem Zimmer war. Will war da, und Zoe blickte sich verwirrt um.
    Das war kein Traum.
    Ihr Zimmer brannte.
    Und dann hatte Will sie aus ihrem traumähnlichen Zustand gerissen und aus ihrem Zimmer geholt.
    Aber seit diesem Augenblick war sie überzeugt, dass der Traum versucht hatte, ihr etwas mitzuteilen, und dass Will etwas vor ihr verbarg. Er war ein miserabler Lügner, und als sie ihn am Sonntagmorgen zur Rede stellte, sagte sein Gesicht mehr als tausend Worte.
    Sie und Will waren sich den Rest des Tages aus dem Weg gegangen, wobei sie jedoch alles versucht hatten, um es nicht offensichtlich werden zu lassen. Immerhin waren ihre Eltern in der Überzahl und hätten unter Garantie versucht, das Ganze wieder ins Lot zu bringen, wenn sie mitbekommen hatten, dass irgendetwas nicht stimmte. Also scherzten Will und Zoe miteinander und bemühten sich um einen zivilisierten Umgang, wenn andere im Raum waren. Und sobald sie alleine waren, zogen sie sich in gegensätzliche Ecken des Hauses zurück.
    Und jetzt war sie also hier in der Schule, von Kopf bis Fuß und von innen nach außen in neuen Klamotten. Dunkle Jeans, graues Shirt, grüne Cordjacke, schwarze Stiefel, schwarze Socken.

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