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Shelter Bay - 02 - Furienlied

Shelter Bay - 02 - Furienlied

Titel: Shelter Bay - 02 - Furienlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
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spielte etwas darauf- eine kurze Melodie, nicht mehr als fünf oder sechs Töne –, dann warf er sie beiseite. Er stieß einen wilden Schrei aus und kam mit dem Messer auf mich zu. Daraufhin gab ich einen Schuss ab und die Kugel traf ihn in die Schulter, was ihn jedoch nicht aufhielt. Zeke stach mir in den Arm und ich ließ die Waffe fallen. Ich schrie wieder seinen Namen und er wich zurück, dann rannte er mit dem Kopf voran durch das Glasfenster.
    Ich rannte zum Fenster und konnte das Wasser aufspritzen sehen, wo er hineingefallen war – an der Stelle, wo der Fluss am breitesten ist, bevor er eine Biegung macht und ins Meer fließt. Er kam für einen Moment an die Oberfläche, sagte aber nichts. Dann, das schwöre ich, dachte ich, er werde hinabgezogen.
    Ich wartete, dass er wieder auftauchte, aber das tat er nicht.
    Ich wollte mich gerade wegdrehen, als ich sah, wie ein Kopf auftauchte. Das Ende des Lichtscheins erreichte ihr Gesicht. Es war eine Frau – eine junge Frau. Silbernes Haar und Augen, die regelrecht glühten. Sie sah mit diesen Augen zu mir hoch und mich überfiel eine Angst, wie ich sie noch nie zuvor gespürt hatte. Dann grinste sie, und ihre Zähne sahen aus, als wären sie spitz zugefeilt worden.
    Ich würde dieses Gesicht jederzeit wiedererkennen. Ein wunderschöner Wasserspeier, das war sie.
     
    Will ließ die Seiten sinken. Ihm war übel. Silbernes Haar, glühende Augen – Will kannte diese Beschreibung. Das war Kalypso – die Seekriegerin, die Zoe getötet hatte. Warum hatte Ezekiel Worstler auf der Flöte gespielt und sich dann aus dem Fenster geworfen? Diese Flöte – Will besaß eine ähnliche. Die Seekrieger benutzten sie, um miteinander zu kommunizieren.
    Angus hatte recht gehabt. Nachdem er das gelesen hatte, verstand Will vollkommen, warum Carl nicht darüber reden wollte. Er verstand auch, warum Carl angefangen hatte zu trinken. Nach und nach hatte er die Kontrolle über seine Securityfirma verloren und sie an jemanden verkauft, der sie zu einem der größten Arbeitgeber in Shelter Bay ausgebaut hatte. Aber wie hätte sich Carl auf seine Arbeit konzentrieren sollen, wenn er die ganze Zeit Kalypsos Gesicht vor Augen hatte? Und er hatte gesagt, dass er manchmal ihr Lied hören konnte. Das hätte ausgereicht, um beinahe jeden um den Verstand zu bringen.
    Aber Carl hatte auch gesagt, dass er das Lied wieder gehört hatte … vor Kurzem. Das war es gewesen, was ihn hatte zur Flasche greifen lassen.
    Will versuchte, die Teile dieses Puzzles in seinem Kopf zusammenzusetzen, aber es gelang ihm nicht. Alles fiel einfach auseinander. Kalypso … Ezekiel … Zoe … Asia … Kirk …
    Was bedeutet das?
    Die Zukunft erschien ihm wie ein schwarzes Loch, das alles Licht, alle Energie aufsog und alles ins Nichts riss.
    Angus lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und warf seinen riesigen Becher in den Müll. »Was denkst du?«
    »Ich denke, die Worstlers sind ganz schön verkorkst.«
    »Ich hab das Gefühl, dass ich nur noch irgendwelche schlechten Nachrichten überbringe, die ich selbst nicht mal verstehe.«
    »Was?«
    »Nichts.«
    Will und Angus beäugten einander über den Tisch hinweg und Will spürte, wie er gegen das Gefühl der Entfremdung ankämpfte, das ihn seit einer Weile quälte. Es war, als wäre er eines Morgens aufgewacht und hätte festgestellt, dass die Welt, in der er lebte, von völlig Fremden bewohnt wurde. Sie sahen aus wie immer, aber er kannte sie nicht mehr.
    Und obwohl Angus ihm rätselhaft erschien, war sich Will sicher, dass sein Freund in genau diesem Moment genau dasselbe dachte, und das war das Befremdlichste von allem.

Kapitel 16
    Die Klage der Meerhexe
    (Überlieferung)
     
    Schwester, meine Schwester, fandst im Meer deinen Tod,
    Mit silbernem Haar und Lippen so rot,
    In Wahrheit liebt’ ich dich nie, hei di ho,
    Nein, in Wahrheit liebt’ ich dich nie.
     
    Bestimm’ ich auch Fluten und die Ebbe an Land,
    Versenk ich auch Schiffe mit dem Wink einer Hand,
    Nahmst du mir den Einz’gen, den ich liebte, hei di ho,
    Ja, du nahmst mir den Einz’gen, den ich liebte.
     
    Ward an meine Insel geschwemmt, ein Geschenk der See,
    Mir Gesellschaft zu leisten, wenn das Herz mir so weh,
    Doch du bliest ihn davon mit leisem Hauch, hei di ho,
    Ja, du bliest ihn davon mit leisem Hauch.
     
    Doch er hinterging dich und brach dir das Herz,
    Ließ dich zurück in unheilbarem Schmerz,
    Und dein Zorn ward bekannter als du, hei di ho,
    Ja, dein Zorn ward bekannter als

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