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Shelter Bay - 02 - Furienlied

Shelter Bay - 02 - Furienlied

Titel: Shelter Bay - 02 - Furienlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
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gerast war, als sein Bruder dem Eigentümer ein Angebot gemacht hatte, das nur haarscharf an einer Beleidigung vorbeigeschrammt war. An einem Punkt hatte Tim gedroht, die Verhandlungen ganz abzubrechen, und Will hätte beinahe geschrien: »Warte! Warte!«, aber schließlich war ihnen der Eigentümer entgegengekommen. Tim hatte dafür gesorgt, dass Will das Bike zu einem Preis bekam, den er sich angesichts der Kosten für Versicherung und Unterhalt auch wirklich leisten konnte. Es war nicht leicht gewesen, ihm zu vertrauen, aber wenn er es nicht getan hätte, hätte Will nun nicht das Motorrad.
    Will zwängte den Kopf in den Helm und stieg auf den Anlasser. Er donnerte aus der Garage und bog auf die Straße in Richtung Stadt. Obwohl Will am Steuer eines Wagens immer Vorsicht walten ließ, fuhr er mit dem Motorrad oft rasant. Er wusste selbst nicht, warum. Einige vereinzelte weiße Wolken jagten über den Himmel und eine Front aus dunklen Wolken – der Regen, der am Morgen gefallen war – baute den Rand des blauen Horizonts zu.
    Will parkte beim Jachthafen und lief auf die Stelle zu, an der sein Segelboot – die Vagabond – vertäut war. Tims Boot.
    Das Wasser schwappte sanft wie eine Katzenzunge gegen die Wände des Boots und die Vagabond schwankte leicht, als er an Bord ging. Er band die Takelage los. Es war warm geworden, warm genug, dass Will das Sweatshirt auszog, aber im Jachthafen war dennoch nicht viel los. Immerhin war es bereits Anfang Oktober und die Wochenendurlauber hatten für dieses Jahr genug. Er sah zwei Boote mit vollen Segeln draußen auf dem Wasser, aber beide hielten auf den Hafen zu.
    Will setzte die Segel und drehte das Ruder nach Steuerbord, um sein Boot durch die schmale Hafeneinfahrt zu lenken. Es dauerte nicht lange, dann war er draußen auf offenem Wasser.
    Will war immer ein ganz passabler Segler gewesen. Kein Vergleich zu seinem Bruder natürlich, aber er konnte ein Boot mit Leichtigkeit steuern. Er erinnerte sich noch gut an den armseligen »Jachtclub«, den Tim mit aus der Taufe gehoben hatte, als er zwölf war. Tim, Will, Zoe und ihre beiden Nachbarn Arnie und Jill pflegten sich bei dem baufälligen Steg vor Arnies Haus am Rande der Bucht zu treffen. Arnie und Jill waren älter – dreizehn und vierzehn – und hatten beide Zugang zu den Booten ihrer Eltern. Einmal hatte Tim tatsächlich eine Regatta organisiert. Er hatte die Kids vom Shelter Bay Segelclub zu einem Rennen herausgefordert. Die reichen Kinder waren so überrascht gewesen, als sie beim »Club« eintrafen, dass sie sich schlichtweg geweigert hatten, an dem Rennen teilzunehmen. Aber Tim hatte sie schließlich doch noch überredet, indem er andeutete – und es dann auch rundheraus aussprach –, dass ihre Weigerung gleichbedeutend mit ihrer Niederlage war.
    Natürlich waren sie angetreten.
    Natürlich hatten die reichen Kinder gewonnen.
    Aber Tim ließ sich davon nicht beirren. Er schwärmte stolz von ihrer Leistung und sprach schon begierig von der nächsten Regatta. Doch dann ging der Sommer zu Ende und im nächsten Jahr hatten Jill und Arnie das Interesse verloren.
    Aber Tim erinnerte sich immer voller Begeisterung an jene Tage. Er war stolz, dass sie es mit den »Bootclubbern«, wie er sie nannte, aufgenommen hatten. Und in der Nacherzählung gewannen immer Tim und Will das Rennen.
    Tim hatte das Wasser geliebt.
    Will sah hinaus in die Weite des Horizonts. Er konnte sich den Himmel beim besten Willen nicht so vorstellen, wie er es in der Sonntagsschule gelernt hatte, die Engel und all den Mist. Aber wenn er auf das leuchtende Blau hinausblickte, das hinabtauchte, um seinen dunkleren Schatten zu berühren, konnte er sich vorstellen, dass Tim irgendwo auf der anderen Seite war. Will malte sich aus, wie er an einer sandigen Küste stand und Ausschau hielt. Ausschau hielt und auf Will wartete.
    Vielleicht war Asia auch dort.
    Obwohl er, wenn er an Asia dachte, sie immer noch in den Tiefen des Wassers sah. Er stellte sich vor, wie sie dort, unter Wasser, lebte und ihre Zeit abwartete, während sie zu den Lichtstrahlen hinaufblickte, die von oben hereinfielen. Er konnte beinahe ihre strahlenden grünen Augen in der Tiefe leuchten sehen, während ihre langen dunklen Haare wie eine Wolke um sie herum trieben.
    Die Sonne hatte den Zenit überschritten und Will kreuzte nach Backbord. In der Ferne konnte er einen Leuchtturm auf einer felsigen Landzunge sehen. Majestätische Häuser standen entlang der sandigen Küste Wache und

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