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Shelter Bay - 02 - Furienlied

Shelter Bay - 02 - Furienlied

Titel: Shelter Bay - 02 - Furienlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
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zu schwächen, dass sie sich ihres Geistes bemächtigen kann«, erklärte Asia. »Angst kann dazu führen. Schmerz kann dazu führen. Wenn ihr das nicht gelingt, wird sie dich ertränken.«
    »Ich habe nie darum gebeten«, flüsterte Zoe.
    »Keine von uns hat um die Gaben gebeten, die wir erhalten haben«, antwortete Asia.
    »Aber ist das nicht sowieso völlig egal?«, fragte Will. »Ich meine, was kann Feuer schon gegen Nebel ausrichten? Wie vernichtet man so etwas?«
    »Das weiß ich nicht«, gestand Asia, ohne den Blick von Zoes Augen zu nehmen. »Ich weiß nur, dass sie nicht aufhören wird, bevor sie dich vernichtet hat.«
    Zoe senkte den Blick. »Ich werde nicht gegen sie kämpfen«, sagte sie und sah wieder auf.
    Asia und Zoe musterten einander lange. Zoe hatte das Gefühl, als versuche sie, Asia über Meilen, oder vielleicht Dimensionen, hinweg zu erreichen. Ob es ihr gefiel oder nicht, Zoe hatte mit dieser Sirene mehr gemeinsam als mit Will. Asia war wahrhaftig die Einzige, die verstand, was es bedeutete, eine Fremde unter den Menschen zu sein, eine Außenseiterin.
    »Du hast natürlich die Wahl«, gab Asia zurück. »Aber du musst dir klarmachen, dass, wenn du sie nicht aufhältst, viele leiden werden«, sagte Asia. »Und dass du stirbst.«
    Zoe ließ den Kopf hängen. Töten oder getötet werden – was war das für eine Wahl? Sie hatte nichts zu sagen.
    In Wahrheit hatte sie überhaupt keine Wahl.

Kapitel 19
    Funken stoben auf, als der Scheiterhaufen Feuer fing – das waren die Glühwürmchen, die sie zuvor gesehen hatte. Hitze brannte sich durch ihren Körper: Unerträglicher Schmerz schoss durch ihr Fleisch wie ein Blitz. Und dann fühlte sie, wie ihr Fleisch zu vibrieren, voller Energie zu summen begann.
    Die Wut in den Gesichtern der Meute wechselte zu Schrecken und dann zu – Angst.
    Zoe erkannte, dass ihre Hände nicht länger gefesselt waren. Sie hob die Arme und als sie hinabsah, waren sie mit Federn bedeckt.
    Dennoch brannte sie weiter …
     
    Sie erwachte und starrte desorientiert auf eine Tapete mit Rosenmuster. Ein fremdes Zimmer, ein weißer Schreibtisch mit angeschlagenen Ecken, ein blau-weißer Lehnstuhl, der ausgemustert und mit klumpigen Polstern in der Ecke stand. Ihr Verstand taumelte für einen Moment, als schlittere er über eine Eisschicht, dann endlich fand er einen Halt: Der süße Duft ihres Kissenbezugs erinnerte sie an Will. Sie war im Gästezimmer der Archers.
    Das Fenster hinter dem vergilbten Spitzenvorhang war dunkel, obwohl es laut den leuchtend grünen Ziffern auf dem Wecker neben ihrem Bett halb sieben war. Es sollte heller sein, dachte sie, bevor sie einen Augenblick später das leise Prasseln des Regens bemerkte. Der muffige, traumgleiche Geruch feuchter Blätter stieg ihr in die Nase und Zoe bemerkte, dass sie das Fenster einen Spaltbreit offen gelassen hatte; Regentropfen spritzten auf das weiße Fensterbrett. Zoe seufzte. Sie wollte die behagliche Höhle unter ihrer Bettdecke nicht verlassen. Die Kälte hatte sich im Zimmer ausgebreitet und wie Frost auf ihr Bett gelegt.
    Zoe zog die Knie an die Brust, als sie von Schuldgefühlen befallen wurde. Kirks Anblick schlich sich in ihre Erinnerung und plagte sie. Zitternd lag sie da, während ihr die Tränen übers Gesicht liefen, von ihrem Nasenrücken tropften und ihr Kissen durchnässten. Draußen zwitscherte ein Spatz, dann ließ der Regen ihn entmutigt verstummen.
    Zoe fragte sich gerade, wie um alles in der Welt sie jemals aus dem Bett kommen sollte, als sie ihm Nebenzimmer ein Krachen hörte, gefolgt von einem gedämpften Fluch. Ihr Zimmer lag direkt neben der Küche – wahrscheinlich buk Mrs Archer gerade.
    Zoe kniff die Augen zu, doch sie wusste, dass Schlaf unmöglich war. Ich will dieses Leben nicht, dachte sie.
    Aber sich selbst zu bemitleiden brachte sie auch nicht weiter, das wusste sie. Es war merkwürdig: Hier, im Haus der Archers an Tim zu denken, schmerzte sie nicht so sehr wie anderswo. Das ganze Haus war von ihm erfüllt. Seine rot-schwarz karierte Jacke hing immer noch im Garderobenschrank; ein Foto von ihm und Will, als sie neun und sieben Jahre alt waren, stand auf dem Beistelltisch im Wohnzimmer; selbst der kleine Teller – hässlich und unförmig, aber in fröhlichem Gelb gehalten –, auf dem Mrs Archer ihre benutzten Teebeutel ablegte, war ein Überbleibsel aus einem von Tims Ferienlagern.
    Ich habe Glück. Der Gedanke überraschte sie. Einen Moment später kroch der süße Vanilleduft

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