Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shelter Bay - 02 - Furienlied

Shelter Bay - 02 - Furienlied

Titel: Shelter Bay - 02 - Furienlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
Vom Netzwerk:
alles bin ich jetzt immerhin dieses … Ding. «
    »Du bist immer noch dieselbe«, antwortete Will, aber er blickte dabei das Blatt an, nicht sie.
    »Ich will einfach nur normal sein.« Ein altes Filmzitat ging Zoe durch den Kopf. »Ich will ein richtiges Mädchen sein.«
    Will lächelte schief. »Na, bei Pinocchio hat’s geklappt.«
    Zoe lachte, aber so schwach, dass es wie das Gegenteil klang. »Ja … allerdings wollte ihn auch keine Meerhexe umbringen.«
    »Ich dachte, wir vergessen das gerade.«
    »Jetzt erinnern wir uns wieder daran.« Sie berührte Wills Knie und er sah sie an. »Was soll ich nur machen?«
    Wills Augen weiteten sich leicht und er schüttelte den Kopf.
    »Nebel, Dunst, Wind. Wie wird man so was überhaupt los?«
    »Keine Ahnung.« Will überlegte einen Moment. »Aber es sieht so aus … Es sieht aus, als müsste sie eine körperliche Gestalt annehmen, um sich in dieser Welt aufhalten zu können. Sie muss sich an irgendetwas klammern – einen menschlichen Körper, Wassermoleküle.«
    Zoe fiel etwas ein. »Kirk hat versucht, sich umzubringen, um sie loszuwerden. Hätte das etwas gebracht?«
    »Vielleicht kann man sie vernichten, wenn man den Körper vernichtet, solange sie sich darin befindet.«
    »Ich wäre ja mehr dafür, sie in die Geisterwelt zurückzuschicken«, bemerkte Zoe.
    »Wir haben aber auch keine Ahnung, wie man das anstellt«, gab Will zu bedenken.
    Der Laubbläser verstummte plötzlich, wodurch die Stille zwischen ihnen nur noch lauter schien. Zoe beobachtete eine Ameise, die über den Rücken eines umgedrehten Blattes kroch. Sie dachte über diese Ameise nach. Hatte sie eine Seele? Eine Art von Ameisenessenz, die über ihre körperliche Gestalt hinausging? Oder würde diese Ameise, wenn sie sich vorbeibeugen und sie zwischen zwei Fingern zerquetschen würde, für immer aufhören zu existieren, ausgelöscht wie eine Kerze?
    »Also … wenn sie Nebel wäre …« Zoe biss sich auf die Lippe, während sie versuchte, sich an das zu erinnern, was sie bisher im Chemiekurs gelernt hatte. »Ich denke, man könnte vielleicht die Wassermoleküle trennen.«
    »Bräuchte man dafür nicht eine Kernexplosion?«, fragte Will. »Oder so was in der Art?«
    »Dir gefällt mein Plan nicht?«, gab Zoe trocken zurück.
    »Nicht, wenn er darin besteht, Shelter Bay in die Luft zu jagen.« Will hob einen Zweig auf und stocherte in der bemoosten Erde. »Vielleicht könnten wir – statt zu versuchen, sie loszuwerden – versuchen, sie zu fangen.«
    »Wie zum Beispiel?«
    »Keine Ahnung. Wenn sie Nebel ist, könnten wir sie vielleicht einfrieren.«
    »Mit flüssigem Stickstoff oder so was?«
    »Ja.«
    »Dann hätten wir Circe am Stiel«, witzelte Zoe. »Wir könnten sie in der Tiefkühltruhe aufbewahren.«
    »Wir haben eine große im Keller«, bot Will an. »Steck sie einfach neben die Erbsen.«
    »Das Traurige daran ist, dass das unser bester Einfall ist.«
    »Ich hab sowieso keine Ahnung, wo wir flüssigen Stickstoff herbekommen sollten«, gestand Will. »So ein Zeug taucht immer nur auf, wenn du in ’nem Terminator-Film steckst.«
    »Ich wüsste noch nicht mal, wie wir sie einfangen sollten«, fügte Zoe hinzu. »Wie würden wir sie überhaupt in den flüssigen Stickstoff bekommen?«
    »Keine Ahnung.«
    Zoe seufzte. Will schenkte ihr ein trauriges, verwackeltes Lächeln. Sie rutschte zu ihm hinüber und legte den Kopf in seinen Schoß. Will fasste nach einer Strähne ihres blonden Haars und zupfte ein Blatt heraus. Dann strich er durch ihr Haar, wobei er es mit den Fingern durchkämmte.
    Zoe schloss die Augen. Es war kühl unter dem Baum, aber nicht kalt. Sie konnte die Wärme von Wills Bein unter ihrer Wange spüren.
    Ich wünschte, ich könnte hierbleiben, dachte sie. Genau hier, in diesem Augenblick.
    Doch noch während sie das dachte, wusste sie, dass der Augenblick bereits verstrich. Dass er starb, wie die herabfallenden gelben Blätter über ihr, die sachte zu Boden segelten, um für immer in der Erde zu verschwinden.
     
    Zoe überprüfte die Nummer in der SMS: Dreiunddreißig. Sie starrte die Tür an. Auf dem Holz war eine Drei aus Metall festgeschraubt. Daneben war eine verblichene Drei auf dem Holz, ein Schatten, den die zweite metallene Nummer zurückgelassen hatte, als sie vor langer Zeit abgefallen war. Im Flur roch es abgestanden, nach altem Rauch und Desinfektionsmittel. Die Wände waren in einem deprimierenden Malveton gestrichen und hier und da waren unerklärliche dunkle Flecken

Weitere Kostenlose Bücher