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Sherlock Holmes - Das ungelöste Rätsel

Titel: Sherlock Holmes - Das ungelöste Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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Schmerz, der sich zunächst als Stich in der Fersengegend bemerkbar machte. Dann hat mir auch schon irgendetwas in den Knöchel geschnitten, damit ich zu Boden falle. Nur das dicke Paar Wollsocken, das ich gegen das lange Herumstehen in der Kälte zusätzlich angezogen habe, hat mich davor bewahrt, dass meine Sehnen direkt durchtrennt wurden. Dennoch ging ich vor Schmerz in die Knie – woraufhin sich noch mehr Angreifer aus der Dunkelheit auf mich stürzten.“
    „Waren es Kobolde?“
    Ein flüchtiges Lächeln huschte über Holmes’ bleiche Züge. „Nicht ganz“, antwortete er ohne den üblichen Spott. „Schauen Sie mal in meine rechte Manteltasche.“
    Ich tat, wie mir geheißen – und zuckte zurück, als hätte ich mir die Finger verbrannt. Der Inhalt seiner Manteltasche fiel zu Boden und rollte über den Teppich.
    „Nur die Ruhe, Watson“, sagte der Detektiv. „Unser kleiner Freund dort kann Ihnen nichts mehr tun.“
    Ich straffte die Schultern und hob das Ding vom Teppich auf, um es näher zu betrachten. Zunächst dachte ich wirklich, einen leibhaftigen Kobold vor mir zu haben. Erst der zweite Blick zeigte: Ich hielt einen grob nachgebildeten Miniaturmenschen in Händen, der nur aus Holz, Zahnrädern, Schrauben, Muttern und Federn zu bestehen schien – wie eine futuristische Homunkulus-Gestalt aus den Romanen meiner in dieser Hinsicht fabulierfreudigeren, visionäreren Kollegen. In der kleinen Holzfaust hielt die etwa zwei Handspannen große, gesichtslose Zahnradfigur eine Axt.
    Ich bildete mir ein, Blutsprenkler am polierten Blatt der nicht sonderlich spielzeughaften oder kindlichen Waffe erkennen zu können.
    „Was ist das, Holmes?“, fragte ich leise, voller Ehrfurcht aufgrund so viel erfinderischer Meisterhaftigkeit.
    „Das, mein lieber Watson“, antwortete mein Mitbewohner und zupfte an dem Verband um seinen Oberarm, „ist einer der Mörder von Campbell und der anderen. Seine Vettern haben sich die Uhren in meinem Beutel geschnappt und sind wie eine Horde brandschatzender Wikinger davongerannt. Da lag ich schon längst blutend im Schnee. Diesen hier habe ich beim Rückzug mit der Beute erwischt – die Uhr, die er durch den Schnee zog, hatte sich in einem Abflussgitter verhakt, und er wollte partout nicht loslassen. Ich packte ihn und schleuderte ihn so fest ich nur konnte gegen eine Mauer.
    Deshalb können Sie auch nicht das Ticken hören, das er und seine kleinen Freunde beständig abgesondert haben.“ Fragen wirbelten wie Schneeflocken durch meinen Kopf. Die beunruhigendste war sicherlich, wie ein mechanisches Ding ohne Herz und Verstand gezielt Menschen angreifen und töten konnte – und vor allem, wieso?
    Mein Blick begegnete dem von Sherlock Holmes.
    Tick , machte die Uhr über dem Kamin.
    Tack , das kleinere Pendant in meiner Westentasche.

    Holmes brauchte drei Tage, um sich von seinem Ausflug als zwielichtiger Straßenhändler zu erholen, und noch einen Tag länger, bis er seinen Arm wieder einigermaßen schmerzfrei bewegen konnte. Als ich am Donnertag von meinem anderen Langzeitpatienten zurückkehrte – der Mann befand sich auf dem Weg der Besserung und schien das Schlimmste überstanden zu haben –, saß Holmes voll angezogen am Esstisch in unserem Salon. Er hatte den kleinen mechanischen Soldaten in seine Einzelteile zerlegt und diese wie einen Flaschenschiffbausatz vor sich auf einer Decke ausgebreitet, um die Teile genauestens zu untersuchen, sich Notizen zu machen und ein paar Skizzen anzufertigen.
    „Bemerkenswert, Watson!“, begann Holmes, sobald ich zur Tür hereingekommen war, Hut, Schal und Mantel abgelegt und aufgehangen hatte. „Diese Technik ist fortschrittlicher als alles, was ich vorher jemals gesehen habe. Konstruktion und Verarbeitung zeugen von meisterhafter Finesse.“ Der Detektiv hielt eine kleine Feder mit einer Pinzette und betrachtete sie durch sein stärkstes Brennglas. Zwei andere Lupen lagen neben ihm. „Absolut präzise verarbeitet. Und sehen Sie mal, was ich in einer verborgenen Öffnung im Kopf des kleinen Kerls gefunden habe.“ Er reichte mir mit der Pinzette einen zu den Maßen des Miniaturkriegers passend winzigen Fetzen Papier mit krakeligen Schriftzeichen darauf. „Das ist Hebräisch.“ Holmes gab mir das Brennglas und trug derweil etwas in seiner Skizze ein. „Es heißt Gehorche “, fuhr er abwesend fort, während sein Bleistift über das Papier kratzte.
    „Gehorche“, wiederholte ich widerwillig fasziniert und setzte mich Holmes

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