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Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Titel: Sherlock Holmes - Der Rote Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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ich mit Erstaunen wahr, daß die Gestalt klein und gebrechlich war. In den Schultern und im Rücken war er verwachsen wie jemand, der in der Kindheit Rachitis gehabt hat.
    »Was soll das?« schrie er mit hoher, kreischender Stimme. »Was bedeutet dieses Eindringen?
    Habe ich Ihnen nicht sagen lassen, daß Sie morgen wiederkommen können?«
    »Es tut mir leid«, sagte ich, »aber die Angelegenheit kann nicht aufgeschoben werden. Mr.
    Sherlock Holmes ... «
    Der Name meines Freundes hatte eine seltsame Wirkung auf den kleinen Mann. In einem einzigen Augenblick war der Ausdruck von Ärger aus seinem Gesicht verschwunden. Die Züge wurden gespannt und aufmerksam.
    »Sie kommen von Holmes?« fragte er. »Ja, ich komme geradewegs von ihm.« »Was ist mit Holmes. Geht es ihm gut? «
    »Er ist todkrank. Darum bin ich zu Ihnen gekommen.«
    Der Mann wies mir eine n Stuhl an und machte es sich in seinem eigenen wieder bequem. Wie er sich zu seinem Stuhl umdrehte, erhaschte ich im Spiegel auf dem Kaminsims einen Blick in sein Gesicht. Ich hätte schwören mögen, daß der Mann böse und häßlich lächelte. Doch ich sagte mir, daß es nur eine nervöse Verzerrung gewesen sein konnte, die ich zufällig gesehen hatte, denn gleich darauf kehrte er mir sein Gesicht zu, in dem echte Anteilnahme und Sorge zu lesen war.
    »Das zu hören tut mir sehr leid«, sagte er. »Ich kenne Mr. Holmes zwar nur flüchtig, wir ha tten geschäftlich miteinander zu tun, aber ich respektiere ihn. Er hat außergewöhnliche Talente und einen starken Charakter. Wie er Amateur auf dem Gebiet der Kriminalität ist, bin ich Amateur beim Erforschen tropischer Krankheiten. Bei ihm ist es der Verbrecher, bei mir die Mikrobe. Dort sind meine Gefängnisse«, fuhr er fort und zeigte auf eine Reihe von Fla-schen und Glasgefäßen, die auf dem Seitentisch standen. »Zwischen diesen Gelatinekulturen sitzen ein paar der schlimmsten Übeltäter der Welt ihre Zeit ab.«
    »Mr. Holmes hat von Ihrem Spezialwissen gehört und er wünscht, daß Sie ihn besuchen. Er hat eine hohe Meinung von Ihnen und meinte, es gäbe nur einen Mann, der ihm helfen kann. «
    Der kleine Mann zuckte zusammen. Sein Käppchen fiel auf den Boden.
    »Warum?« fragte er. »Wie kommt Mr. Holmes auf die Idee, daß ich ihm in seiner Krankheit helfen kann?«
    »Weil er professionell im Hafen zu tun hatte und dabei in Kontakt mit chinesischen Arbeitern gekommen ist.«
    Mr. Culverton Smith läche lte angenehm und hob sein Käppchen wieder auf.
    »Oh, so war das - war es so?« sagte er. »Sicherlich ist es nicht so schlimm, wie Sie es sich vorstellen. Wie lange ist er schon krank?«
    »Etwa drei Tage.«
    »Delirium?«
    »Teilweise.«
    »Aber, aber, das klingt ja wirklich ernst. Es wäre unmenschlich, wenn ich seiner Bitte nicht folgen würde. Dabei hasse ich nichts mehr, als meine Arbeit zu unterbrechen, Dr. Watson.
    Aber dieser Fall ist wirklich eine Ausnahme. Ich werde Sie auf der Stelle begleiten.«
    Ich erinnerte mich an Sherlock Holmes' Auftrag.
    »Ich habe noch einen anderen Patienten zu besuchen«, sagte ich.
    »Auch gut. Dann werde ich alleine zu ihm gehen. Irgendwo habe ich doch Mr. Holmes' Adresse notiert. Sie können sich darauf verlassen, daß ich spätestens in einer halben Stunde bei ihm sein werde. «
    Recht beklommen kehrte ich zu Holmes ins Krankenzimmer zurück. Ich war darauf gefaßt, daß das Schlimmste in meiner Abwesenheit geschehen wäre. Zu meiner großen Erleichterung ging es ihm aber inzwischen ein wenig besser. Zwar sah er so elend wie vorher aus, aber das Delirium hatte ihn verlassen. Er sprach mit schwacher Stimme, aber doch war wieder etwas von seiner alten Frische und Klarheit spürbar.
    »Nun, haben Sie ihn gesehen, Watson?«
    »Ja, er kommt.«
    »Ausgezeichnet, ausgezeichnet! Sie sind mein bester Kurier.«
    »Er wollte mit mir zusammen hierher fahren.«
    »Das wäre nicht gut gewesen. Das wäre einfach unmöglich gewesen. Hat er gefragt, was mir fehlt? «
    »Ich habe ihm von den Chinesen im East End erzählt.«
    »Ausgezeichnet! Gut, Watson, Sie haben getan, was ein guter Freund tun kann. Sie dürfen nun von der Szene verschwinden.«
    »Ich möchte hier warten und seine Meinung hören, Ho lmes.«
    »Natürlich, das sollen Sie auch. Aber ich habe das Gefühl, daß er seine Meinung viel ehrlicher sagt, wenn er glaubt, er sei mit mir alleine. Hinter meinem Bett ist gerade genug Platz für Sie.«
    »Mein lieber Holmes!«
    »Ich fürchte, es gibt keine Alternative, Watson.

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