Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Titel: Sherlock Holmes - Der Rote Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
gediehen, als sie plötzlich aufsprang und mit weit aufgerissenen Augen und verzerrtem Gesicht ausrief: »Schauen Sie, der Schurke folgt uns immer noch! Das ist der Mann, von dem wir sprechen.«
    Durch das offene Fenster des Wohnzimmers sah ich einen großen, dunklen Mann mit einem glänzenden schwarzen Bart, der mitten auf der Straße ging und suchend nach den Hausnum-mern blickte. Es war klar, daß er wie ich auf der Spur des Mädchens war. Ich reagierte auge nblicklich und impulsiv, lief aus dem Haus und trat ihm in den Weg.
    »Sie sind Engländer?« fragte ich.
    »Und wenn ich es wäre?« knurrte er unfreundlich. »Darf ich fragen, wie Ihr Name ist?«
    »Nein, das dürfen Sie nicht!« sagte er entschieden.
    Die Situation war grotesk, aber der direkte Weg ist immer der beste.
    »Wo ist Lady Frances Carfax?« fragte ich.
    Er starrte mich in höchster Verwunderung an.
    »Was haben Sie mit ihr gemacht? Warum verfolgen Sie sie? Ich bestehe auf einer Antwort!«
    sagte ich.
    Der Kerl stieß einen wütenden Schrei aus und stürzte sich wie ein Tiger auf mich. Ich habe manchen Kampf bestanden, aber dieser Mensch hatte einen eisernen Griff und die Wut eines Teufels. Schon hatte er die Hand an meiner Kehle, und meine Sinne wollten mir schwinden.
    Da kam ein unrasierter Franzose in blauer Bluse aus einem gegenüberliegenden Cafe herü-
    bergelaufen. Er schwang einen Knüppel. Mit einem scharfen Schlag auf den Arm meines An-greifers machte er ihn kampfunfähig, so daß er mich losließ. Schä umend und keuchend vor Zorn stand er vor mir, unentschlossen, ob er den Angriff wiederholen sollte. Dann ließ er mich mit wütendem Geknurr stehen und ging in das Haus, das ich gerade verlassen hatte. Ich drehte mich um, um meinem Retter zu danken, der neben mir auf der Straße stand.
    »Na, Watson, da haben Sie mal wieder einen ziemlichen Unsinn getrieben! Wird wohl besser sein, wenn Sie mich im Nachtexpress nach London begleiten.«
    Eine Stunde später saßen wir in meinem privaten Wohnzimmer im Hotel. Sherlock Holmes hatte seine normale Kleidung wieder angelegt. Die Erklärung für sein plötzliches Auftauchen war einfach. Es hatte sich ergeben, daß er doch aus London fortkonnte, und so hatte er sich entschlossen, mich zu überraschen. In der Verkleidung eines Arbeiters hatte er in dem Cafe gesessen und auf mich gewartet.
    »Eine schöne Untersuchung, die Sie da betrieben haben, mein lieber Watson«, sagte er. »Mir fällt im Augenblick kein Fehler ein, den Sie nicht gemacht hätten. Was man nur falsch machen kann, haben Sie falsch gemacht. Überall haben Sie Alarm geschlagen, die Leute aufge-scheucht und nichts herausgefunden. Das ist das Ergebnis Ihrer Nachforschung.«
    »Sie hätten es vielleicht auch nicht besser gemacht«, sagte ich gekränkt.
    »Da gibt es kein >vielleicht<. Ich habe es besser gemacht. Hier kommt Sir Philip Green, der mit Ihnen zusammen im gleichen Hotel wohnt. Vielleicht ist er der Ausgangspunkt für eine erfolgreichere Untersuchung.«
    Eine Karte war auf einem Tablett heraufgebracht worden, und ihr folgte der gleiche bärtige Grobian, der mich auf der Straße angegriffen hatte. Er zuckte zusammen, als er mich sah.
    »Was soll das, Mr. Holmes?« fragte er. »Ich habe Ihre Nachricht bekommen, und hier bin ich nun. Aber was hat dieser Mann mit der Sache zu tun?«
    »Das ist mein alter Freund und Gefährte, Dr. Watson, der mir in dieser Angelegenheit zur Seite steht. «
    Der Fremde hielt mir mit ein paar entschuldigenden Worten seine riesige, sonnenverbrannte Hand hin.
    »Ich hoffe, daß ich Sie nicht verletzt habe. Als Sie mich beschuldigten, ich hätte ihr etwas zu Leide getan, da hab ich die Selbstbeherrschung verloren. Tatsächlich bin ich in der letzten Zeit kaum noch zurechnungsfähig. Normalerweise verfüge ich über eiserne Nerven, aber diese Situation setzt mir hart zu. Doch zunächst möchte ich Sie, Mr. Holmes, fragen, wie Sie ü-
    berhaupt von meiner Existenz erfahren haben.«
    »Ich korrespondiere mit Miß Dobney, Lady Frances' Gouvernante. «
    »Die alte Susan Dobney mit ihrem Häubchen! Ich erinnere mich gut an sie. «
    »Und sie erinnert sich an Sie. Das war in der Zeit, bevor - bevor Sie es für richtiger hielten, nach Südafrika zu gehen.«
    »Ah, Sie kennen die ganze Geschichte. Dann brauche ich Ihnen nichts zu verschweigen. Ich schwöre Ihnen, Mr. Holmes, niemals vor mir hat ein Mann eine Frau mehr geliebt als ich Frances. Ich war ein wilder junger Kerl, das weiß ich. Aber ihre Seele war

Weitere Kostenlose Bücher