Sherlock Holmes - Der Vampir von Sussex
Augenblick an den ganzen Morgen.«
»Danke, Miß Dunbar. Gibt es noch etwas, womit sie unserer Untersuchung weiterhelfen könnten?«
»Ich glaube nicht.«
»In den Steinen auf der Brücke gab es eine Stelle, die jemand gewaltsam gemacht haben muß.
Ein frisches Stückchen wurde aus dem Stein herausgebrochen und das gerade gegenüber der Leiche. Können Sie sich eine Erklärung dafür vorstellen?«
»Das ist doch sicherlich Zufall.«
»Komisch, Miß Dunbar, sehr komisch. Warum sollte das gerade zur Zeit der Tragödie passie-ren und warum gerade an der Stelle? «
»Aber wer könnte das verursacht haben? Nur mit großer Gewalt könnte man das machen.«
Holmes antwortete nicht. Sein blasses, aufmerksames Gesicht hatte plötzlich einen gespann-ten Ausdruck angenommen, er wirkte, als seien seine Gedanken in weite Ferne gerichtet. Ich habe gelernt, diesen Ausdruck mit seinem Genius in Verbindung zu bringen. Er war in seine Gedanken so versunken, daß niemand von uns ihn zu stören wagte. Wir saßen alle, die Gefangene, der Rechtsanwalt und ich selber und sahen ihm zu, wie er so völlig in seinem Schweigen aufging. Plötzlich sprang er von seinem Stuhl auf, vibrierte voller Energie, die einfach in Aktion umgesetzt werden mußte.
»Kommen Sie, Watson! Kommen Sie!« »Was ist denn, Mr. Holmes?«
»Kümmern Sie sich nicht drum, meine liebe Miß Dunbar. Mit Hilfe eines guten Richters werden wir einen Fall haben, der in ganz England Widerhall finden wird. Sie werden morgen von uns hören, Miß Dunbar und lassen Sie sich inzwischen versichern, daß die Wolken davonzie-hen und das Licht der Wahrheit durchbrechen wird!«
Von Winchester nach Thor Place war es keine lange Reise, aber für mich war sie sehr lang, denn ich war ungeduldig, aber, für Holmes schien sie endlos zu sein, denn in seiner nervösen Ruhelosigkeit konnte er nicht stillsitzen, sondern ging im Wagen auf und ab oder trommelte mit seinen langen, sensiblen Fingern-, auf die Polster neben sich. Plötzlich jedoch, als wir unserem Ziel:' schon sehr nahe waren, setzte er sich mir gegenüber - wir hatten ein Abteil erster Klasse für uns allein - er legte seine Hände auf i meine beiden Knie und sah mir mit schalk-haftem Lächeln in die Augen, was charakteristisch für ihn war, wenn er einen Streich im Schilde führte.
»Watson«, sagte er, »ich habe so das Gefühl, daß Sie sich nicht unbewaffnet auf diese Exkur-sion begeben haben.«
Es war nur gut für ihn, daß ich die Waffe eingesteckt hatte, denn er kümmerte sich wenig um die eigene Sicherheit, wenn sein Geist mit einem Problem beschäftigt war. Mehr als einmal schon hatte sich mein Revolver als guter Freund in der Not erwiesen. Ich erinnerte ihn daran.
»Ja, ja, ich bin ein wenig sorglos, was das anbelangt. Aber haben Sie Ihren Revolver dabei?«
Ich zog ihn aus der Hüfttasche, eine kurze handliche und durchaus funktionstüchtige Waffe.
Er nahm die Munition heraus und betrachtete sie sehr sorgfältig.
»Sie ist schwer, - recht schwer«, sagte er. »Ja, es ist ein solides Stückchen Arbeit.« Einen Augenblick sann er nach.
»Wissen Sie, Watson, Ihr Revolver wird eine ganz enge Beziehung zu dem Geheimnis haben, das wir untersuchen.«
»Mein lieber Holmes, Sie machen Witze.«
»Nein, Watson, ich bin ganz ernst. Vor uns liegt ein Test. Wenn der Test positiv ist, wird alles in Ordnung sein. Und über diesen Test wird das Benehmen dieser kleinen Waffe entscheiden.
Nun wollen wir eine Kugel herausnehmen und die anderen wieder hereinlegen, und dann sichern wir sie. So. Das vermehrt das Gewicht und ergibt damit eine bessere Show. «
Ich hatte keine Ahnung, was in seinem Kopf ablief. Er klärte mich auch nicht auf, sondern saß in Gedanken verloren da, bis der Zug auf der kleinen Station in Hampshire hielt. Wir mieteten uns einen Wagen und eine Viertelstunde später waren wir in der Wohnung unseres vertrauten Freundes, des Sergeanten.
»Sie haben einen Hinweis, Mr. Holmes, was ist es denn?« »Alles hängt davon ab, wie sich Dr.
Watsons Revolver benimmt«, sagte mein Freund. »Hier ist er. Nun, Sergeant, können Sie mir mit zehn Meter Bindfaden aushelfen?«
Aus dem Dorfladen besorgte er ein Knäuel starken Bindfaden. »Ich glaube, das ist alles, was wir für den Augenblick brauchen«, sagte Holmes. »Nun können wir uns auf den Weg machen zur hoffentlich letzten Etappe unserer Reise. «
Die Sonne ging unter und verwandelte das hügelige Hampshire Moor in ein wunderbares herbstliches Panorama. Der
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