Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel
zu und wies nach oben.
„Das Gemälde ist echt. Sie sehen ihr wirklich zum Verwechseln ähnlich. Alles Weitere erkläre ich Ihnen später. Wir müssen erst einmal hier raus.“
„Aber nicht doch!“
Holmes versteifte sich augenblicklich. Nun saßen sie wohl in der Falle. „Raymond Grace“, sagte er gepresst. „Oder soll ich Sie weiterhin Raymond Norton nennen?“
Ein hässliches Lachen war die Antwort. „Das ist mir gleich. In zweihundert Jahren lernt man, sich nicht lange an einen Namen zu binden. Sonst fällt man zu sehr auf.“
„Sie haben das alles geschickt eingefädelt, Norton. Das muss ich Ihnen lassen.“
„Ja, nicht wahr?“ Stolz klang in der Stimme des Sekretärs. „Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen, als ich sie im Lazarett sah.
Aber sie musste sich unbedingt in meinen eigenen Nachfahren verlieben. So ein Blödsinn.“ Er schnaubte ungehalten. „Doch ich hatte ja Zeit.“
„Haben Sie sich um Ihre Herrin bemüht, Norton? Oder war es von Anfang an Ihr Plan, den Geist Ihrer einstigen Liebe mit diesem Medaillon in sie zu transferieren. Eine Reinkarnation sozusagen.“ Es verblüffte Norton, wie gut Holmes Bescheid wusste. Aber es befriedigte ihn, dass er nicht alles herausgefunden hatte.“
„Oh, der Gedanke war von Anfang an da, doch Valerie wollte sich mir einfach nicht zeigen.“
Vorsichtig drehte Holmes die Teekanne in seiner Hand, damit Norton sie nicht bemerkte und ignorierte dabei den fragenden Blick Cecilias. Nur Valerie verstand, was er vorhatte und stieg in das Spiel mit ein.
„Aber als du Holmes bei einem Empfang in London sahst und seine Ähnlichkeit zu Michael, da wusstest du, wie du mich fortlocken kannst. Dass ich im ersten Moment denken würde, Michael wäre wiederauferstanden.“
„Gut kombiniert, meine Liebe. Du könntest beinahe Holmes’ Assistentin werden. Aber er hat ja schon einen. Wo ist denn Ihr Schatten? Dieser Dr. Watson? Ich nehme an, dieses schäbige Ablenkungsmanöver war sein Werk. Ich wollte mich noch bei ihm bedanken, dass er mir eine ausreichende Menge an Beruhigungsmitteln dagelassen hat. So steht Charles mir bei meinem Vorhaben nicht im Weg. Aber man weiß ja nie, ob man ihn nicht noch braucht. Für Sie hingegen, habe ich nur eine Verwendung.“
Holmes drehte sich nicht um, doch an Cecilias schreckgeweiteten Augen erkannte er, dass sich Raymond näherte. Seine Hände schwitzten, während er versuchte, die Teekanne in eine Position zu bringen, in der er den Sekretär sehen konnte, dieser die Kanne aber nicht bemerkte.
„Seien Sie nicht so unhöflich, Holmes. Wollen Sie Ihrem Tod nicht wenigstens ins Gesicht sehen? Mit Ihnen wird es perfekt. Genau wie damals.“
Er hörte, wie sich Raymond im Raum bewegte. Offenbar konnte auch er Valerie noch nicht sehen, nur hören.
„Was ist, meine Liebe? Lässt du ihn noch einmal sterben? Oder tust du mir den Gefallen, dich endlich zu zeigen. Vielleicht erweise ich mich dann gnädig.“
„Das wirst du nicht und das wissen wir beide“, antwortete Valerie kalt. Cecilia hielt den Atem an, als sich der Geist der Eisprinzessin endlich materialisierte und für alle Anwesenden sichtbar wurde.
„Ah!“ Im Spiegel der Teekanne sah Holmes endlich Norton und das zufriedene Lächeln auf dessen Gesicht. Der Kristall auf seiner nackten Brust leuchtete gespenstisch. „Jetzt ist es soweit. Lady Cecilia, seien Sie doch so nett, und räumen Sie den Körper für meine Zukünftige.“
Er streckte die Hand nach ihr aus und hob das Siegel an. Jetzt oder nie.
„Holmes!“
Watsons Ruf von der Treppe ließ alle Anwesenden herumwirbeln.
Innerhalb von Sekunden registrierte der Detektiv, dass Watson mit dem Rücken zu ihnen stand. Er gönnte sich nur einen Moment der Erleichterung, dann sprang er nach vorne, schob den Ausgießer der Kanne unter den Verschluss des Siegels und riss die Kette auseinander.
Norton konnte nicht schnell genug reagieren. Er wirbelte herum, um Holmes niederzuschlagen, doch in dem Augenblick griff Lady Valerie nach dem Kristall und presste ihn dem Sekretär auf die Stirn.
„Neiiin!“ Sein Schrei ließ die Grundmauern von Muirhurst erbeben. Holmes riss die wie zur Salzsäule erstarrte Lady Cecilia mit sich zu Boden und schützte ihre Augen vor dem kalten blauen Licht, das aus dem Stein in alle Richtungen strahlte, während er sich die Seele von Raymond Grace einverleibte. Eisschollen breiteten sich rasend schnell über dem gesamten Kellerboden aus, krochen an den Wänden empor und
Weitere Kostenlose Bücher