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Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel

Titel: Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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Wohnzimmer.
    „Iskander Vorpsi“, las Holmes von der ihm dargebotenen Visitenkarte ab. „Generalbevollmächtigter des Wojewoden von Arberija. – Wir lassen bitten.“
    Der Gentleman verneigte sich, stellte eine Aktentasche zu seinen Füßen ab und nahm auf unserem Besucherstuhl Platz, den ihm Holmes durch eine Geste angeboten hatte. Unser Gast sprach ein grammatisch fast lupenreines Englisch, aber mit einem seltsamen, balkanesischen Akzent.
    „Bitte sehr höflich, Mr Holmes, dass Sie bereit sind, mich anzuhören. Ich darf gleich zur Sache kommen, denn die Lage ist ernst. Wie Sie vielleicht wissen, steht die Wojewodschaft Arberija weitgehend unter dem Einfluss des Osmanischen Reiches, das noch Teile unseres Landes widerrechtlich in seinem Besitz hält. Nun ist es zu einigen Vorfällen gekommen, die Schwierigkeiten mit Konstantinopel befürchten lassen.“
    „Mr Vorpsi“, unterbrach mein Freund unseren Gast, „ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass ich mich prinzipiell nicht in politische Ränkespiele einmische, schon gar nicht in einem Land, das mir so unvertraut ist, wie das Ihre.“
    „Dessen bin ich mir bewusst, Mr Holmes. Es handelt sich um Fälle, die Ihren Interessen und Fähigkeiten sehr entgegenkommen dürften. Bitte sehr höflich, Mr Holmes! Also, in Arberija sind in den letzten Monaten mehrere Dutzend Menschen verschwunden. Das ist bei uns an sich nichts Ungewöhnliches. Aber einige der Verschwundenen sind Türken. Sollte Konstantinopel zu der Überzeugung gelangen, dass es sich hierbei um eine politische Provokation handelt, könnte das womöglich zu einer Strafexpedition führen.“
    „Dann habe ich erst recht keinen Anlass zur Einmischung. Ich bedaure!“
    „Bitte sehr höflich, Mr Holmes. Schenken Sie mir noch für einen Moment Ihr Ohr. Im Frühjahr, nach der Schneeschmelze, überschwemmte der Fluss Brina ein kleines Tal und spülte Leichen aus einem Massengrab. Bei genaueren Untersuchungen entdeckte man zweiundvierzig der Verschwundenen – Männer, Frauen, Arberier, Türken, Griechen, bunt gemischt. Zum Teil waren sie grausam verstümmelt. Einigen fehlten Gliedmaßen, andere waren regelrecht ausgeweidet.“
    „Gestatten Sie mir nochmals einen Einwurf, Mr Vorpsi“, unterbrach mein Freund mit leichtem Ärger in der Stimme. „Es gibt doch sicherlich eine Art Polizei, eine Miliz in Arberija. Warum soll sich ein Engländer in ein so fernes Land begeben, um Dinge herauszufinden, die dort von den örtlichen Behörden selbst herausgefunden werden können?“
    Vorspi räusperte sich nervös.
    „Arberija ist, wie ich leider zugeben muss, kein moderner Staat.
    Sein Gesetz, der Kanun, ist sehr alt und – leider! – sehr primitiv. Dieses Gesetz gestattet unter Einhaltung bestimmter Regeln sogar noch die Blutrache. Entsprechend sind die Behörden sehr … rückständig.
    Ihre Methoden orientieren sich noch stark an denen der Türkei. Selbst wenn es nur einen Verdacht gibt, ist die Schuld, wenn ich das so formulieren darf, für diese Behörden immer zweifellos. Außerdem ist die Bevölkerung sehr abergläubisch. Nur allzu leicht fällt sie im Kollektiv wahnhaften Erscheinungen anheim. Nur ein aufgeklärter Mann wie Sie, Mr Holmes, wäre in der Lage, hier Klarheit zu schaffen.“ Sherlock Holmes schien sichtlich geehrt, aber keineswegs überzeugt.
    „Die Sache ist so, Mr Holmes“, fuhr Vorpsi fort, „die Leichen wurden in der Nähe der Festung Cruja gefunden, einem Ort von nationaler Bedeutung. Einer Art Heiligtum. Hier haben sich 1450 die Arberier verschanzt und – buchstäblich wie ein Mann kämpfend – der Belagerung durch Tursun Pascha getrotzt. Und nun wohnt auf dieser Festung seit einiger Zeit ein Ausländer, der eine Art … Erfinder sein soll.“
    An dieser Stelle merkte Sherlock Holmes auf, sagte aber nichts. Offenbar nahm er Witterung auf.
    „In seiner Begleitung befindet sich ein haariges Wesen, wahrscheinlich ein Bär oder Affe. Die Leute glauben natürlich, dass es sich um nichts anderes als einen Werwolf handelt. Niemand sonst könne die bedauernswerten Opfer zerrissen haben. Sie müssen wissen, Ausländer sind selten in unserem Land und entsprechend verdächtig! Dabei sind seine Papiere völlig in Ordnung. Er lebt ganz legal in Arberija. Wahrscheinlich hat er mit den Vorfällen überhaupt nichts zu tun.
    Ich hatte Gelegenheit, die Leichen in Augenschein zu nehmen. An den Toten hat sich kein Tier zu schaffen gemacht. Da war ein Mensch am Werk, der ein Skalpell

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