Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel
erfüllten die Luft mit einem hellen, sirrenden Ton.
Dann herrschte wieder völlige Stille, die von einem verständnislosen:
„Was ist denn hier los?“ des Dukes unterbrochen wurde.
„Charles!“ Cecilia sprang auf und zwängte sich an Watson vorbei, um ihrem Mann in die Arme zu fallen. Holmes klopfte sich ein paar Eiskristalle vom Anzug.
„Charles“, rief auch er freudig. „Sie haben es geschafft.“ Verdutzt blickte der Duke of Chester zwischen seiner Frau, dem Doktor und Holmes hin und her. „Die Séance war ein voller Erfolg“, fuhr Letzter fort. „Lady Valerie wird endlich Ruhe finden. Wie Sie richtig erkannt hatten, war sie bereit, mir allein den Ort ihres Grabes anzuvertrauen.“
Er nickte Watson zu, der sich sofort um den Duke und dessen Gattin kümmerte.
„Ein Loblied auf moderne Betäubungsmittel“, sagte Holmes wenig später zu seinem Freund, als sie allein im Salon von Muirhurst saßen, um sich von dem Schrecken zu erholen. „Sie werden sich wirklich an nichts erinnern?“
„Ganz bestimmt nicht. Die Erklärung mit der Séance wird beiden genügen. Und wenn die Moorleiche geborgen wird ... sie wird doch geborgen?“
Holmes nickte bekräftigend. „Ja. Ich kenne die Stelle. Sie wird bald wieder neben ihrem Liebsten liegen. Und ich bin mir fast sicher, dass ihr Leichnam das Amulett tragen wird. Damit ist dann auch dessen Kraft gebrochen und der Spuk hat ein Ende. Bleibt nur, eine halbwegs plausible Erklärung für Lestrade zu finden. Aber da wird mir schon etwas einfallen.“
„Woher wussten Sie, dass es Norton ist?“
„Das wusste ich schon letzte Nacht. Als ich alle Fakten noch einmal zusammentrug und aufgrund dessen, was die einzelnen Personen gesagt und getan haben, wo sie sich während der Morde aufgehalten haben und welchen Hintergrund sie haben, konnte ich Lady Cecilia ebenso ausschließen, wie ihren Mann. Lady Valerie kam ebenfalls nicht in Frage, sonst hätte sie meine Hilfe nicht erbeten. Der Butler war tot, der Geisterjäger und das Medium ebenfalls. So blieb aus dem engsten Kreis nur Norton übrig. Auch die Tatsache, dass der Geisterjäger und das Medium die beiden ersten Toten waren sprach für sich. Es waren die einzigen Menschen, die von dem Duke hinzugezogen worden waren und die Norton auf die Schlichte kommen konnten.“
„Das ist wirklich brillant, Holmes. So haben Sie ihn ohne Zweifel entlarvt.“
„Nein, noch nicht ganz. Denn mir fehlte das Motiv für sein Handeln. Sehen Sie, er blieb zwar im Hintergrund, doch alles ging von ihm aus. Er brachte Charles und Cecilia zusammen – wenn auch etwas unfreiwillig, er setzte dem Duke diese Geistermärchen in den Kopf, als er merkte, wie zugänglich er für derlei Dinge war. Danach suchte er gezielt dieses Anwesen aus und kaufte es im Auftrag des Dukes. Das habe ich übrigens nur zufällig erfahren, doch es war ohnehin nur unwesentlich von Belang. Zur ersten Séance auf Muirhurst lud Norton mich ein. Im Auftrag des Dukes, aber der wusste nichts davon. Das erklärt mir im Nachhinein auch seine anfängliche Zurückhaltung. Er hat sämtliche Kontakte hergestellt.“
„Und warum? Also – welche Rolle spielten Sie dabei?“ Holmes atmete tief durch. „Sie erinnern sich, dass Lady Valerie mir sagte, ich solle Michael finden, dann wüsste ich es.“
„Ja!“
„Kommen Sie mit, Watson.“
Schweigend führte Holmes seinen Freund zu dem Bild über das sich Cecilia so aufgeregt hatte und hob es aus seiner Aufhängung. Er strich über die leere Fläche neben Lady Valerie, die ihn anfangs so irritiert hatte. Seit heute Morgen wusste er auch, warum. Unvermittelt griff er fest zu.
Watson wollte schon protestieren, dass er das Gemälde zerstöre, wurde jedoch sprachlos ob dessen, was unter einer dünnen Schicht Stoff, die jemand auf die eigentliche Leinwand geklebt hatte, hervorkam. Auch Holmes wurde ein wenig blasser um die Nase, obgleich er solches schon vermutet hatte. Neben Lady Valerie stand ein junger Mann mit aristokratischmarkanten Zügen und einer Adlernase.
Schlank und hochgewachsen und nach dem Wappen auf seinem Rock kein Geringerer als Michael MacGregor. Die Ähnlichkeit mit Holmes war erschreckend.
„Das meinte Lady Valerie wohl, als sie sagte, ich solle Michael finden.“
„Wie sind Sie darauf gekommen?“
„Reinkarnation, Watson. Ihr Bericht in der Times heute früh lieferte das letzte Puzzlestück. Eine Reinkarnation Lady Valeries und Michael MacGregors. Zumindest glaubte Raymond das.“ Sie sahen sich
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