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Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel

Titel: Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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darstellen, scheint Boukman eine Art William Wal-lace dieses Landes zu sein.“
    Ich zögerte. Wusste er bereits die Antwort? „So einfach ist das nicht. Es heißt, dass die Sklaven zu drastischen Mitteln griffen, um ihre Freiheit zu erlangen. Die Priesterin soll ein schwarzes Schwein während der Zeremonie geschlachtet haben, und alle Teilnehmer tranken sein Blut. Auch Dutty.“
    Holmes verzog so höflich wie möglich das Gesicht. „Meinen persönlichen Geschmack außer Acht lassend, Miss Aretakis, aber wo liegt das Problem?“
    „Es handelte sich um eine Zeremonie des Petrokultes. Bei einer solchen Zeremonie werden nicht die loa gerufen, zu denen ich spreche, und deren Weg mich meine Mutter lehrte. Andere loa . Starke loa .
    Große Kämpfer und Geister, die älter sind als alles, was Sie heute auf Haiti sehen.“
    „Der alte Indianerglauben?“, fragte Holmes.
    Ich nickte. „ Ge-Rouge. Die mit den roten Augen. Der Glauben Haitis ist immer in Bewegung, Mr Holmes, und enorm anpassungsfähig.
    Die katholische Kirche hat versucht, ihn zu verbieten, und er hat sie einfach in sich aufgesogen – heute werden Darstellungen des Heiligen Patrick als Damballah verehrt. Genauso ging es mit den Göttern der Taino. Man ruft sie in wilden Kulten, in denen sich die Tänzer mit Schießpulver und Rum betäuben. Der Don Pedro, dem diese Kulte zugeschrieben werden, ist wahrscheinlich nicht mehr als eine Legende. Boukman aber war wirklich – und rief die Ge-Rouge herbei.“
    „Glauben Sie, dass man mit Hilfe des Schädels das Gleiche tun kann?“
    „Sie und Ihre Leute fürchten, dass jemand die Geschichte wieder-holen könnte und einen Staatstreich plant, nicht wahr?“ Er neigte ergeben den Kopf. „Nun, beides ist denkbar, Mr Holmes. Und Ihr Mann wäre nicht der Erste, der diesen Traum träumt. Wissen Sie denn, wer es war, der den Schädel gestohlen hat?“
    „Es handelt sich um einen französischen Staatsbürger, der mehrere Jahre auf Haiti gelebt hat. Eine überaus skrupellose und ressour-cenreiche Person. Es heißt, es sei ihm bereits gelungen, mehrere Einheimische mit abergläubischer Ehrfurcht vor sich und dem Artefakt zu erfüllen und auf seine Seite zu ziehen.“
    „Wie ist sein Name?“
    „Sein Name“, sagte Holmes, „lautet Dr. Victor Lafayette.“ Einen Moment schien sich die Taverne um mich zu drehen, und eine Schlinge legte sich um meinen Hals und schnürte mir die Luft ab. Holmes’ Blick ruhte auf mir und registrierte jede Kleinigkeit, als verfolge er ein wissenschaftliches Experiment.
    „Deswegen kamen Sie zu mir!“, stieß ich aus. „Deswegen gingen Sie nicht einfach zur Polizei, sondern zu der einzigen Weißen, die Ihnen helfen kann, und die, so hoffen Sie, dumm genug ist, es auch zu tun – weil ihre Mutter einst ihren Geliebten an den Mann verlor, den Sie suchen.“
    Holmes faltete die Hände und sah mich ruhig über die Kerze hinweg an. Seine Arroganz war ungeheuerlich. Er hatte alles über mich und meine Vergangenheit gewusst, ehe wir unser erstes Wort miteinander gewechselt hatten, und gleichzeitig verbarg er etwas vor mir.
    „Es war nicht meine Absicht, Sie zu verletzen, Miss Aretakis. Verstehen Sie mein Dilemma?“
    Ich schnaubte. „Ihr Dilemma ist, dass Sie sich in Dinge einmischen, die Sie für schlimmer als Scharlatanerie halten. Im Grunde fürchten Sie unseren Glauben als etwas Anstößiges, Gefährliches, und wenn Sie sich seiner bedienten, würde Sie das zu einem von uns machen –
    einem Primitiven. Was hat Lafayette Ihnen angetan, dass Sie so verzweifelt sind?“
    Holmes’ Mund wurde zu einer scharfen Sichel. Ich sah, wie er mit sich haderte. „Ich stellte Lafayette noch in der ersten Nacht in seiner Villa in Pétionville. Er saß in seinem Salon, Boukmans Schädel kerzenumringt in einem Schrein. Er hatte keine Angst vor mir. Er nahm einfach den Schädel, blickte mich an, und dann ... waren da die Träume in seinem Blick.“
    „Die Träume?“
    Holmes senkte den Kopf, und zum ersten Mal sah ich, wie dünn der Schutzwall war, den er um sich errichtet hatte. „Es fällt mir nicht leicht, darüber zu reden. Aber seit gewissen Vorfällen vor acht Jahren ... habe ich manchmal diese Träume, die mir den Schlaf rauben.
    Ich nehme Mittel dagegen, doch sie helfen nicht immer. Als Lafayette und ich uns von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden, waren die Traumbilder auf einmal erst in seinem Blick, dann überall, und drangen auf mich ein. Das Tosen und Rauschen ... die Kälte ... die

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