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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Frage, Mr?«
    »Vielleicht werde ich mich nochmals an Sie wenden müssen, falls Mrs Barclay ernstlich in Gefahr kommt.«
    »Dann würde ich natürlich Zeugnis ablegen.«
    »Außerdem hätte es keinen Zweck, das alte Verbrechen des Toten ans Licht zu ziehen, wie schändlich er auch gehandelt hat. Sie haben wenigstens die Genugtuung, dass seine Gewissensbisse über die verruchte Tat ihn dreißig Jahre lang nicht zur Ruhe kommen ließen. – Doch da drüben geht eben Major Murphy vorbei. Leben Sie wohl, Wood; ich muss mich erkundigen, was seit gestern geschehen ist.«
    Wir holten den Major noch ein, bevor er um die Ecke bog.
    »Ah, Sie sind es, Holmes. Haben Sie schon gehört, dass der ganze Lärm unnötig gewesen ist?«
    »Wieso denn?«
    »Die Totenschau ist gerade zu Ende. Die ärztliche Untersuchung hat klar bewiesen, dass Barclay am Schlagfluss gestorben ist. Also war die Lösung schließlich sehr einfach, wie Sie sehen.«
    »Jawohl, merkwürdig leicht zu finden«, sagte Holmes lächelnd. »Kommen Sie, Watson, ich glaube, man bedarf unserer nicht weiter in Aldershot.«
    »Eins begreife ich noch immer nicht«, sagte ich auf dem Weg zum Bahnhof. »Wenn der Oberst James hieß und der andere Henry, wie kam da der Name David mit ins Spiel?«
    »Dies einzige Wort hätte mir die Geschichte offenbaren müssen, mein lieber Watson, wenn ich der scharfe Verstandesmensch wäre, als den Sie mich so gern hinstellen. Es enthielt augenscheinlich einen schweren Vorwurf.«
    »Einen Vorwurf?«
    »Jawohl. Auch König David ist dann und wann auf Abwege geraten, und zwar bei einer gewissen Gelegenheit auf ganz ähnliche Weise wie der Sergeant James Barclay. Sie erinnern sich wohl der kleinen Begebenheit mit Urias und Bathseba. Ich bin nicht mehr ganz fest in der Bibelkunde, aber Sie werden die Geschichte, wenn ich nicht irre, im ersten oder zweiten Buch Samuel finden.«

D ER D OKTOR UND SEIN P ATIENT
    Bei meiner Auswahl der Fälle, welche dazu dienen sollen, dem Leser ein Bild von den eigentümlichen Geistesgaben meines Freundes Holmes zu geben, bin ich auf mancherlei Schwierigkeiten gestoßen. Seine merkwürdigsten Schlussfolgerungen und scharfsinnigsten Untersuchungen bezogen sich meist auf Begebenheiten, die an sich so geringfügig und alltäglich waren, dass sie kein allgemeines Interesse beanspruchen konnten. Andererseits kam es auch wieder häufig vor, dass er bei hochwichtigen Angelegenheiten, die einen besonders dramatischen Verlauf nahmen, zurate gezogen wurde, ohne dass er doch an der Erforschung ihrer Ursachen einen so hervorragenden Anteil hatte, wie es mir als seinem Biografen wünschenswert erscheinen musste. Auch bei der hier folgenden Geschichte hat er keine entscheidende Rolle gespielt, und doch möchte ich sie, der seltsamen Umstände wegen, die damit verknüpft sind, nicht in dieser Sammlung missen.
    Es war an einem schwülen Regentag im September. Wir hatten unsere Läden halb geschlossen, und Holmes lag auf dem Sofa, beschäftigt, einen Brief, den er am Morgen erhalten, immer von Neuem durchzulesen. Ich selbst litt zwar seit meiner Dienstzeit in Indien stets weniger unter der Hitze als der Kälte, doch fühlte ich mich auch zu nichts recht aufgelegt. Selbst die Zeitung langweilte mich. Die Parlamentssitzungen waren zu Ende, alle Welt hatte die Stadt verlassen, und ich sehnte mich nach Berg und Wald oder dem Seestrand. Meinen Freund quälte kein solches Verlangen; mich veranlasste nur die Ebbe in meiner Kasse, den beabsichtigten Ferienausflug zu verschieben, aber für ihn hatten Naturgenüsse überhaupt keinen Reiz. Er blieb am liebsten mitten in der Millionenstadt London, der er mit allen Fasern seines Wesens angehörte, und es brauchte nur irgendein Gerücht oder der leiseste Verdacht eines noch unaufgeklärten Verbrechens zu entstehen, so war er gleich Feuer und Flamme. Zur Abwechslung pflegte er wohl dann und wann einmal, statt dem Übeltäter in der Stadt nachzuspüren, einer geheimnisvollen Fährte auf dem Land zu folgen, aber der Sinn für Naturschönheit fehlte ihm gänzlich, wie groß auch seine Begabung im Übrigen war.
    Als ich sah, dass Holmes sich zu sehr in seinen Brief vertieft hatte, um mit mir zu plaudern, ließ ich das uninteressante Zeitungsblatt zur Erde gleiten, lehnte mich in den Armstuhl zurück und begann in wachem Zustand zu träumen. Plötzlich schreckte mich die Stimme meines Gefährten aus diesen Fantasien auf.
    »Sie haben ganz recht, Watson«, sagte er, »es ist vollkommen widersinnig,

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