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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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und erzählen Sie uns langsam und ruhig, wer Sie sind und was Sie wünschen. Sie nannten Ihren Namen, als ob ich Sie kennen müsste, ich kann Ihnen jedoch versichern, dass ich aus den Umständen nur schließe, dass Sie Junggeselle, Anwalt, Freimaurer und Asthmatiker sind, weiter weiß ich nichts.«
    Bei meiner Bekanntschaft mit der Art, wie mein Freund seine Schlüsse zog, war es für mich nicht schwer, zu erkennen, woraus er gefolgert hatte. Ich bemerkte eine gewisse Nachlässigkeit in der Kleidung, ein Aktenbündel, das aus der Tasche herausguckte, einen Schmuckgegenstand an der Uhrkette und das beschwerliche Atmen. Unser Klient war jedoch sehr erstaunt.
    »Jawohl, Mr Holmes, das stimmt alles, und außerdem bin ich in dieser Stunde der unglücklichste Mensch in ganz London. Versagen Sie mir um Gottes willen Ihre Hilfe nicht, Mr Holmes! Wenn man, ehe ich mit meiner Erzählung fertig bin, kommt, um mich zu verhaften, so sorgen Sie dafür, dass man mir Zeit lässt, bis ich zu Ende bin und Ihnen die volle Wahrheit gesagt habe. Ich würde mich glücklich schätzen, wenn ich das Bewusstsein mit ins Gefängnis nehmen könnte, dass Sie draußen für mich tätig wären.«
    »Sie verhaften!«, warf Holmes hier ein. »Das klingt ja gefährlich – äußerst interessant. Auf welchen Verdacht hin fürchten Sie denn, verhaftet zu werden?«
    »Auf den Verdacht, den Mr Jonas Oldacre in Lower Norwood ermordet zu haben.«
    Das Gesicht meines Freundes zeigte ein gewisses Mitleid, das mir jedoch, wie ich nicht verschweigen will, nicht ganz frei von einer Beimischung der Befriedigung zu sein schien.
    »Alle Wetter!«, meinte er. »Erst jetzt beim Frühstück klagte ich meinem Freund Dr. Watson, dass die Zeitungen gar keine interessanten Kriminalfälle mehr brächten.«
    Unser Besucher hob mit zitternder Hand von Holmes Knien den noch ungelesenen ›Daily Telegraph‹ auf.
    »Sie haben noch nicht hineingesehen, sonst würden Sie auf den ersten Blick gefunden haben, was mich zu Ihnen führt. Es ist mir, als ob mein Name und mein Missgeschick schon in aller Munde sein müsste.« Er blätterte in der Zeitung, um uns die Seite zu zeigen. »Hier steht’s. Wenn Sie erlauben, will ich’s Ihnen vorlesen. Hören Sie zu, Mr Holmes. Die fettgedruckte Überschrift lautet: ›Das Geheimnis in Lower Norwood. Verschwinden eines bekannten Bauunternehmers. Mordverdacht und Brandstiftung. Dem Verbrecher ist man auf der Spur.‹ Diese Spur hat man bereits, Mr Holmes, sie führt mit großer Bestimmtheit zu mir. Von der Station London Bridge hat man mich schon verfolgt, und man wartet nur auf die richterliche Vollmacht, um mich festnehmen zu können. Es wird meiner Mutter das Herz brechen – es wird ihr das Herz brechen!« Er rang vor Verzweiflung die Hände und rutschte entsetzt auf seinem Stuhl hin und her.
    Ich betrachtete den Mann, der einen solchen Gewaltakt ausgeführt haben sollte, mit lebhaftem Interesse. Er hatte kein unschönes Gesicht, flachsfarbiges Haar, blaue Augen, und war bartlos; der Mund war klein und sinnlich. Er mochte ungefähr siebenundzwanzig Jahre alt sein. Anzug und Manieren zeugten davon, dass er ein gebildeter Mann war.
    »Wir haben keine Zeit zu verlieren«, sagte Holmes. »Wollen Sie so gut sein, Watson, und mir den fraglichen Bericht aus der Zeitung vorlesen?«
    Unter der Überschrift, die unser Klient vorgelesen hatte, standen folgende näheren Angaben:
    »In der vergangenen Nacht hat sich in Lower Norwood in später Nacht – oder in früher Morgenstunde – ein Ereignis zugetragen, das auf ein schreckliches Verbrechen schließen lässt. Mr Jonas Oldacre ist ein allgemein bekannter Bürger in dem genannten Vorort, wo er lange Jahre als Bauherr tätig gewesen ist. Mr Oldacre ist Junggeselle, zweiundfünfzig Jahre alt, und bewohnt ein eigenes Haus in Deep Dene am Ende der Sydenham Street. Seit ein paar Jahren hatte er seine Tätigkeit, die ihm ein ansehnliches Vermögen eingebracht haben soll, aufgegeben. Er galt als exzentrischer Mann und lebte ganz zurückgezogen. Hinter dem Wohnhaus im Hof befindet sich noch Holz aufgestapelt, und in der vergangenen Nacht entstand plötzlich Lärm, weil einer der Haufen in Flammen stand. Die Feuerwehr war bald zur Stelle, aber das dürre Holz bot dem Feuer eine so vorzügliche Nahrung, dass es nicht bewältigt werden konnte, bis der ganze Stoß niedergebrannt war. Bis dahin schien es sich nur um einen gewöhnlichen Brand zu handeln, aber die späteren Nachforschungen deuten auf ein

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