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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Der pechschwarze Bart stand in eigentümlichem Kontrast zu der Blässe seines Gesichts, und seine Augen leuchteten wie bei einem Fieberkranken. Er starrte bald uns an, bald den Wagen. Dann zeigte sich ein Staunen in seinen Zügen.
    »He du! Halt!«, rief er uns zu und wollte uns mit dem Fahrrad den Weg versperren. »Wo haben Sie den Wagen her? Halten Sie still!«, schrie er und zog eine Pistole hervor. »Halten Sie still, oder, bei Gott, ich schieß Ihr Pferd zusammen.«
    Holmes warf mir die Zügel in den Schoß und sprang herunter.
    »Sie sind der Mann, den wir suchen. Wo ist Miss Violet Smith?«, fragte er ruhig und bestimmt.
    »Das frage ich Sie auch. Sie sind in ihrem Wagen. Sie müssten wissen, wo sie ist.«
    »Der Wagen begegnete uns unterwegs. Es saß aber niemand drin. Wir fuhren zurück, um der jungen Dame Hilfe zu bringen.«
    »Barmherziger Himmel! Barmherziger Himmel! Was soll ich anfangen?«, schrie der Fremde verzweiflungsvoll. »Sie haben sie geraubt, der verdammte Woodley und der elende Pfaffe. Kommen Sie, lieber Mann, kommen Sie mit, wenn Sie wirklich ihr Freund sind. Helfen Sie mir, wir wollen sie retten und wenn mich’s das Leben kosten sollte.«
    Er lief wie wahnsinnig, die Pistole in der Hand, nach einer Lücke in dem lebenden Zaun. Holmes rannte hinter ihm her und ich hinter Holmes – das Pferd ließ ich am Weg grasen.
    »Hier sind sie durchgekommen«, sagte mein Freund, indem er auf verschiedene Fußspuren auf dem feuchten Pfad deutete. »Hallo! Halt! Wer liegt dort im Gebüsch?«
    Es war ein junger Bursche von ungefähr siebzehn Jahren in der Kleidung eines Stallknechts mit ledernen Hosen und Gamaschen. Er lag auf dem Rücken mit angezogenen Knien und einer klaffenden Kopfwunde. Er war besinnungslos, gab aber noch Lebenszeichen von sich. Ein Blick auf seine Wunde sagte mir, dass der Knochen nicht getroffen war.
    »Das ist Peter, mein Stallknecht«, rief der Fremde. »Er hat sie gefahren. Die Halunken haben ihn vom Wagen heruntergerissen und niedergeschlagen. Lasst ihn liegen, ihm können wir doch nicht mehr helfen, aber vielleicht können wir sie noch vor dem Schlimmsten bewahren, was einem Weib passieren kann.«
    Wir rasten den Waldpfad hinunter und hatten das Strauchwerk vor dem Haus erreicht, als Holmes anhielt.
    »Sie sind nicht ins Haus gegangen. Hier ist ihre Fährte, links hier – an den Lorbeerbüschen entlang! Ich hab mir’s gleich gedacht!«
    Während er sprach, drangen aus dem dichten grünen Buschwerk vor uns gellende Angstschreie eines Weibes an unser Ohr – Schreie, aus denen Wut und Schrecken zu hören war. Sie endigten plötzlich auf ihrem Höhepunkt in gurgelnden Lauten, wie wenn jemand gewürgt wird.
    »Hierher! Hierher!«, rief uns der Fremde zu. »Sie sind in der Kegelbahn!« Er stürzte durch die Büsche. »Ah, die feigen Hunde! Folgen Sie mir! Zu spät! Zu spät! Bei Gott, zu spät!«
    Wir standen plötzlich auf einem hübschen grünen Rasenplatz, der von ehrwürdigen Bäumen eingefasst war. Am anderen Ende desselben, unter einer mächtigen Eiche, erblickten wir eine eigentümliche Gruppe von drei Menschen: ein taumelndes, fast ohnmächtiges Weib mit einem Taschentuch um den Mund gebunden. Ihr gegenüber stand ein brutal aussehender junger Kerl mit rotem Schnurrbart, breitspurig, den einen Arm in die Seite gestemmt, mit dem anderen eine Reitpeitsche schwingend; seine ganze Haltung zeigte Triumphieren. Dazwischen stand ein älterer Herr mit grauem Bart. Er trug einen schwarzen Priesterrock über einem hellen Sommeranzug und hatte offenbar eben die Trauung vollendet, denn als wir auf der Bildfläche erschienen, klappte er gerade sein Gebetbuch zu, klopfte den Bräutigam kräftig auf die Schulter und gratulierte ihm in jovialer Weise.
    »Sie sind getraut worden!«, rief ich.
    »Kommen Sie!«, schrie unser Führer. »Kommen Sie!« Er stürzte über den Rasen, Holmes und ich hinter ihm her. Als wir näherkamen, wankte die Dame an den Baumstamm, um sich daran festzuhalten. Der Ex-Priester Williamson machte eine höhnische Verbeugung, und der Renommist Woodley schritt uns frohlockend entgegen.
    »Du kannst deinen Bart abnehmen, Bob«, sagte er zu unserem Verbündeten. »Ich kenne dich zur Genüge. Nun, du und deine Genossen, ihr kommt gerade recht; darf ich euch Mrs Woodley vorstellen?«
    Die Antwort unseres Führers war sehr merkwürdig. Er riss den schwarzen Bart, womit er sich unkenntlich gemacht hatte, herunter und warf ihn zur Erde. Darunter kam ein langes, bleiches,

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