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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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– und hat außerdem noch die Gicht. Man sagt, er könnte das Billardqueue an seinen Gelenken einkreiden. Er gab Godfrey keinen Heller, er ist ’n furchtbarer Geizkragen, aber immerhin muss es ihm nach dem Tod des Onkels zufallen.«
    »Haben Sie von Lord Mount-James Antwort bekommen?«
    »Nein.«
    »Aus welchem Grund sollte Ihr Freund zu Lord Mount-James gegangen sein?«
    »Nun, irgendwas drückte ihn, und wenn’s Geldsorgen waren, ist’s immerhin möglich, dass er seinen nächsten Verwandten drum angegangen hat, der so viel hat; obgleich er, nach allem, was ich weiß, keine großen Chancen hat, was zu bekommen. Godfrey mochte den Alten nicht. Er würde sich nicht an ihn wenden, wenn’s nicht unbedingt nötig wäre.«
    »Das lässt sich ja leicht feststellen. Wenn Ihr Freund zu seinem Verwandten, Lord Mount-James, gegangen ist, dann müssen Sie eine Erklärung für den Besuch dieses Mannes mit dem struppigen Bart finden, welcher in so später Stunde gekommen ist, und dessen Brief Ihren Freund so stark erregt hat.«
    Overton presste die Hände gegen den Kopf und sagte dann: »Ich kann nicht klug draus werden, dies ganze Unglück bringt mich noch um den Verstand.«
    »Nun, ich habe heute weiter nichts vor und will gerne die Sache in die Hand nehmen«, sagte Holmes beruhigend. »Ich rate Ihnen, auf alle Fälle, Ihr Wettspiel ohne Rücksicht auf diesen jungen Herrn zu arrangieren. Es muss, wie Sie selbst sagen, eine starke Notwendigkeit vorgelegen haben, dass er auf diese Weise und unter diesen Umständen fortgegangen ist, und dieselbe zwingende Notwendigkeit wird ihn auch wohl abhalten, rechtzeitig zurückzukommen. Wir wollen zusammen ins Hotel gehen und sehen, ob uns der Portier etwas Neues sagen kann.«
    Holmes war ein hervorragender Meister darin, einen Zeugen aus dem niederen Volk sich gefügig zu machen, und so hatte er denn in ganz kurzer Zeit in Stauntons verlassenem Zimmer aus dem Portier alles herausgezogen, was er nur aussagen konnte. Der Besucher von der vorhergehenden Nacht war weder ein feiner Herr noch ein Arbeitsmann, er war, wie der Portier sich ausdrückte »so’n Mittelding«, ein Mann von etwa fünfzig Jahren, mit grau meliertem Barthaar, blassem Gesicht und in einfacher Kleidung. Er schien selbst erregt gewesen zu sein. Der Portier hatte gesehen, wie ihm die Hand gezittert hatte, als er ihm das Schreiben überreicht hatte. Staunton hatte den Brief in die Tasche gesteckt. Er hatte dem Mann im Hausflur nicht die Hand gegeben. Sie hatten nur wenige Worte ausgetauscht, von denen der Portier nur das eine – »Zeit« – verstanden hatte. Dann waren sie in der oben angegebenen Weise fortgeeilt. Es war an der Hoteluhr gerade halb elf gewesen.
    »Lassen Sie mich mal überlegen«, sagte Holmes, als er sich auf Stauntons Bett setzte. »Sie haben nur am Tag Dienst, nicht wahr?«
    »Jawohl, ich habe von elf ab frei.«
    »Der Nachtportier hat vermutlich nichts mehr bemerkt?«
    »Nein, Herr; spät ist noch ’ne Gesellschaft aus dem Theater gekommen, sonst niemand.«
    »Haben Sie gestern den ganzen Tag Dienst gehabt?«
    »Jawohl.«
    »Haben Sie Mr Staunton sonst irgendwelche Briefschaften gebracht?«
    »Jawohl; ein Telegramm.«
    »Ah, das ist interessant. Um welche Zeit?«
    »Gegen sechs Uhr.«
    »Wo war Mr Staunton, als er es in Empfang nahm?«
    »Hier in seinem Zimmer.«
    »Waren Sie dabei, als er’s aufmachte?«
    »Jawohl; ich wartete, ob ich vielleicht Antwort mitnehmen sollte.«
    »Nun, hat er geantwortet?«
    »Ja. Er schrieb ’ne Antwort auf.«
    »Brachten Sie sie zur Post?«
    »Nein; er hat sie selbst fortgebracht.«
    »Aber er schrieb sie in ihrer Gegenwart?«
    »Ja. Ich stand wartend an der Tür, und er saß am Tisch. Als er fertig war, sagte er: ›’s ist gut; ich werde selbst zur Post gehen.‹«
    »Womit schrieb er?«
    »Mit ’ner Feder, Herr.«
    »Benutzte er ein’s von den Depeschen-Formularen hier auf dem Tisch?«
    »Ja, natürlich.«
    Holmes stand auf. Er nahm den Block mit den Formularen, ging damit ans Fenster und untersuchte das oberste genau.
    »Es ist schade, dass er nicht mit dem Bleistift geschrieben hat«, sagte er dann; er zuckte die Achseln und warf die Formulare verstimmt beiseite. »Wie Sie ohne Zweifel häufig beobachtet haben, Watson, drücken sich dabei die Schriftzüge gewöhnlich durch – ein Umstand, der schon manchen Gauner in die Hände der Polizei geliefert hat. Aber hier kann ich nichts finden. Ich freue mich aber, dass er eine breite weiche Feder benutzt hat,

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