Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
Vom Netzwerk:
erwarten, dass sie abreiße? Entschieden an der Stelle, wo sie an der Leitung befestigt ist. Warum sollte sie drei Zoll darunter abreißen, wie es hier geschehen ist?«
    »Weil sie dort abgescheuert und dünner ist?«
    »Sehr richtig. Das Ende, welches wir nachsehen können, ist abgerieben. Das hat er schlauerweise mit dem Messer gemacht. Aber das entsprechende andere ist nicht abgenutzt. Du konntest es von hier aus nicht sehen, wenn du aber auf dem Kaminsims ständest, würdest du bemerken, dass es glatt mit dem Messer abgeschnitten ist. Daraus ergibt sich Folgendes. Der Mann brauchte den Strick. Er wollte ihn nicht abreißen, aus Furcht, dass das Klingeln zu starken Lärm machen würde. Was tat er? Er sprang auf das Ofensims, konnte aber nicht ganz hinaufreichen, er stemmte sein Knie an den Querbalken – der Eindruck ist noch im Staub zu sehen – nahm das Messer heraus und schnitt das Seil durch. Ich konnte nur bis auf drei Zoll daran gelangen, woraus ich entnehme, dass er wenigstens drei Zoll größer ist als ich. Schau’ den Flecken auf dem Stuhl da! Was ist das?«
    »Blut.«
    »Zweifellos ist’s Blut. Das allein macht die Aussage der Baronin unglaubhaft. Wenn sie, als das Verbrechen begangen wurde, auf dem Stuhl gesessen hätte, wie könnte denn dieser Blutflecken drauf sein? Nein, nein; sie wurde erst draufgebunden, als ihr Mann schon ermordet war. Ich möchte wetten, dass das schwarze Kleid einen entsprechenden Flecken aufweist. Ich würde jetzt gerne ein paar Worte mit dieser Theresa sprechen. Wir müssen aber vorsichtig zu Werke gehen, um die nötige Information zu bekommen.«
    Sie war eine interessante Person, diese kalte australische Amme, schweigsam, argwöhnisch, unfreundlich. Es dauerte längere Zeit, ehe sie meines Freundes Liebenswürdigkeit und Freimütigkeit erwiderte. Sie versuchte ihren Hass gegen ihren ermordeten Herrn in keiner Weise zu verbergen.
    »Ja, mein Herr, es ist wahr, dass er den Leuchter nach mir geworfen hat. Ich hörte, wie er meiner Herrin ein Schimpfwort zurief, und ich sagte ihm, dass er in Gegenwart ihres Bruders nicht so zu sprechen wagen würde. Darauf schleuderte er mir den Leuchter an den Kopf. Mir hätte er ja ein Dutzend ins Gesicht werfen können, wenn er nur mein gutes Kind in Ruhe gelassen hätte. Er hat sie immer schlecht behandelt, und sie war zu stolz, um zu klagen. Sie will mir noch nicht mal alles sagen, was er ihr für Leid angetan hat. Die Flecken, die Sie heute Morgen bemerkten, kannte ich nicht, aber ich weiß sehr wohl, dass sie von einer Hutnadel sind. Der elende Kerl – Gott verzeih mir’s, dass ich nach seinem Tod so von ihm spreche, aber er war einer der schlechtesten Kerle, die’s je gegeben hat. Er zerfloss vor Süßigkeit, als wir ihn vor achtzehn Monaten zum ersten Mal kennenlernten, aber sie kommen uns jetzt wie achtzehn Jahre vor. Sie war gerade in London angekommen – vorher war sie nie von zu Hause weg gewesen. Er gewann sie durch seinen Titel und sein Geld und durch seine Falschheit. Wenn sie eine Schuld dabei trifft, hat sie die so schwer gesühnt wie nur je eine Frau. In welchem Monat trafen wir ihn? Richtig, ich erwähnte ja bereits, dass es gleich nach unserer Ankunft in London war. Wir kamen im Juni an, es war also im Juli. Im Januar vorigen Jahres war die Hochzeit. Jawohl, sie ist unten in ihrem Zimmer, und ich glaube sicher, dass sie Sie empfangen wird, aber Sie dürfen sie nicht zu viel fragen, denn sie hat Dinge erlebt, die einem das Herz im Leib erschüttern.«
    Die Baronin Brackenstall lag noch ebenso da wie am Morgen, nur ihre Augen waren wieder heller und lebhafter. Die Dienerin war mit uns eingetreten und begann wieder, die Wunde an ihrer Herrin Stirn zu kühlen.
    »Ich hoffe«, sagte sie, »dass Sie nicht gekommen sind, ein zweites Verhör mit mir anzustellen?«
    »Nein«, antwortete Holmes sehr sanft, »ich will Sie durchaus nicht unnötig belästigen, gnädige Frau, ich will Sie im Gegenteil beruhigen, denn ich weiß, dass Sie viel durchgemacht haben. Wenn Sie mich als Freund behandeln und mir Vertrauen schenken wollen, werden Sie sehen, dass Sie sich in mir nicht getäuscht haben.«
    »Was wünschen Sie, dass ich tun soll?«
    »Mir die Wahrheit sagen.«
    »Mr Holmes!«
    »Gnädige Frau! Es hilft Ihnen nichts. Sie haben vielleicht von meinem kleinen Ruf gehört. Ich setze ihn ganz zum Pfand, dass Ihre ganze Geschichte eitel Mache ist.«
    Herrin und Dienerin starrten Holmes starr und erschrocken an.
    »Sie unverschämter

Weitere Kostenlose Bücher