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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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verabscheue. Das Gesetz steht auf seiner Seite, und jeden Tag sehe ich mich der Möglichkeit gegenübergestellt, dass er mich zwingt, wieder mit ihm zusammenzuleben. Damals, als ich Sir Charles jenen Brief schrieb, hatte ich erfahren, es wäre für mich Aussicht vorhanden, meine Freiheit wiederzuerlangen, wenn ich über eine gewisse Summe Geldes verfügen könnte. Für mich hing alles davon ab: Seelenruhe, Glück, Selbstachtung – mit einem Wort: alles! Ich kannte Sir Charles’ Freigiebigkeit, und ich dachte, wenn er die Geschichte aus meinem eigenen Mund hörte, würde er mir ganz gewiss helfen.«
    »Wie kommt es dann aber, dass Sie nicht hingingen?«
    »Weil mir in der Zwischenzeit von anderer Seite her Hilfe kam.«
    »Aber warum schrieben Sie dies nicht an Sir Charles?«
    »Ich hätte das getan, wenn ich nicht am anderen Morgen seinen Tod in der Zeitung gelesen hätte.«
    Die Geschichte der Frau war in sich zusammenhängend, und mit all meinen Fragen gelang es mir nicht, ihre Angaben zum Wanken zu bringen. Ich konnte nichts weiter tun, als Nachforschungen anzustellen, ob sie wirklich zu der Zeit, wo die Tragödie von Baskerville Hall sich abgespielt hatte, Schritte getan, um sich von ihrem Gatten scheiden zu lassen.
    Es war nicht anzunehmen, dass sie geleugnet hätte, in der Taxusallee von Baskerville Hall gewesen zu sein, wenn sie in Wirklichkeit dort gewesen wäre, denn um dorthin zu gelangen, hätte sie sich unbedingt eines Wagens bedienen müssen, und dieser hätte nicht vor den frühen Morgenstunden wieder in Coombe Tracey anlangen können. Eine solche Ausfahrt ließ sich nicht geheim halten. Es war also anzunehmen, dass sie in dieser Hinsicht die Wahrheit sagte – oder wenigstens einen Teil der Wahrheit. Ich fühlte mich gefoppt und fuhr niedergeschlagen von Coombe Tracey ab. Abermals stand ich vor jener unübersteiglichen Mauer, die anscheinend auf jedem Weg sich erhob, den ich einschlug, um zu meinem Ziel zu gelangen. Und doch, je mehr ich an das Mienenspiel und das Benehmen der Dame dachte, desto stärker wurde der Eindruck, dass sie mir irgendetwas verheimlichte.
    Warum war sie so bleich geworden? Warum musste ihr jedes Zugeständnis sozusagen abgekämpft werden? Warum war sie in jenen Tagen, als die Tragödie die ganze Gegend in Aufruhr versetzt hatte, so schweigsam gewesen? Ganz gewiss ließ dies alles sich nicht auf eine so unschuldige Art erklären, wie sie mich glauben machen wollte! Für den Augenblick konnte ich indessen keine weiteren Schritte in jener Richtung tun, sondern musste mich zu der anderen Spur wenden, die in den Steinhütten auf dem Moor zu suchen war.
    Und das war eine von sehr ungewisser Art! Es kam mir so recht zum Bewusstsein, als ich auf der Rückfahrt bemerkte, wie Hügel um Hügel die Spuren des Heidenvolkes zeigte. Barrymore hatte nichts weiter sagen können, als dass der Fremde in einer von den verlassenen Hütten hauste, und nun sah ich, dass diese zu Hunderten überall und überall übers Moor zerstreut waren. Immerhin hatte ich mein eigenes nächtliches Erlebnis als Ausgangspunkt, denn ich hatte mit meinen Augen den Mann selber auf dem Gipfel des »Black Tor« stehen sehen. Von diesem Punkt aus musste ich also meine Nachforschungen beginnen. Ich konnte nichts anderes tun, als von diesem Mittelpunkt aus jede Hütte auf dem Moor zu untersuchen, bis ich die richtige traf. War dieser Mann in der Hütte, musste er mir selber gestehen – wenn nötig, vor der Mündung meines Revolvers – wer er war und warum er uns so lange nachgespürt hatte. Im Gedränge der Regent Street konnte er uns wohl entschlüpfen, aber hier auf dem einsamen Moor sollte ihm das doch schwer werden! Sollte ich dagegen die Hütte finden, ihr Bewohner aber nicht anwesend sein – nun, so musste ich dort warten, bis er zurückkehrte, mochte meine Wache auch noch so lange dauern. Holmes hatte ihn in London entwischen lassen. Es wäre in der Tat ein Triumph für mich gewesen, hätte ich den Mann dingfest gemacht, den mein Meister nicht hatte halten können!
    Während all unserer Bemühungen war das Glück immer und immer wieder uns feindlich gewesen – nun auf einmal kam es uns zu Hilfe. Und der Glücksbringer war niemand anderes als der alte Frankland, der mit seinem grauen Backenbart und roten Gesicht vor seiner Gartenpforte auf dem Weg stand, den ich entlangfuhr.
    »Guten Tag, Doktor Watson!«, rief er mit ungewohntem guten Humor. »Sie müssen wirklich Ihre Pferde ein bisschen ausruhen lassen und mit

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