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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Stempel der Wahrheit.
    »Schrieben Sie jemals an Sir Charles, um ihn um eine Begegnung zu bitten?«, fuhr ich fort.
    Mrs Lyons wurde abermals rot vor Ärger.
    »In der Tat, mein Herr, das ist eine höchst eigentümliche Frage!«
    »Es tut mir leid, gnädige Frau, aber ich muss sie wiederholen.«
    »Dann antworte ich Ihnen: Nein! Ich schrieb ganz gewiss nicht!«
    »Auch nicht an eben jenem Tag, als Sir Charles starb?«
    Die Röte war augenblicklich verflogen und ein totenbleiches Antlitz starrte mich an. Ihre trockenen Lippen vermochten kaum das ›Nein‹ hervorzubringen, das ich mehr sah als hörte.
    »Ihr Gedächtnis täuscht Sie ganz gewiss!«, sagte ich. »Ich könnte Ihnen sogar eine Stelle Ihres Briefes wortgetreu hersagen. Sie lautete: ›Bitte, bitte, da Sie ein Gentleman sind, verbrennen Sie diesen Brief und seien Sie um zehn Uhr an der Pforte!‹«
    Ich glaubte, sie fiele in Ohnmacht, aber sie hielt sich mit höchster Anspannung ihrer Willenskraft aufrecht, doch stöhnte sie:
    »So gibt es also keinen Gentleman?!«
    »Sie sind ungerecht gegen Sir Charles. Er verbrannte wirklich den Brief. Aber ein Brief kann zuweilen noch leserlich sein, selbst wenn er verbrannt ist. Sie erkennen jetzt also an, dass Sie ihn geschrieben?«
    »Ja, ich schrieb ihn!«, rief sie, und die ganze Erregung ihrer Seele brach sich in einem Strom von Worten Bahn. »Ich schrieb ihn. Warum sollte ich das leugnen? Ich habe keinen Grund, mich deswegen zu schämen. Ich wünschte von ihm Hilfe zu erhalten. Ich glaubte, wenn ich ein Zusammentreffen erlangte, wäre mir seine Hilfe sicher, und deshalb bat ich ihn um das Stelldichein.«
    »Aber warum zu solch einer Stunde?«
    »Weil ich gerade erst erfahren hatte, dass er am nächsten Tag nach London reiste und vielleicht monatelang abwesend sein würde. Aus verschiedenen Gründen konnte ich mich nicht früher einfinden.«
    »Aber warum ein Stelldichein im Garten statt eines einfachen Besuches im Haus?«
    »Sind Sie der Meinung, eine Frau könnte zu solcher Stunde allein in die Wohnung eines unverheirateten Herrn gehen?«
    »Nun, was passierte denn weiter, als Sie an der Pforte ankamen?«
    »Ich bin gar nicht hingegangen.«
    »Mrs Lyons!«
    »Nein. Ich schwöre es Ihnen bei allem, was mir heilig ist. Ich ging nicht. Es kam etwas dazwischen, was mich davon abhielt.«
    »Und was war das?«
    »Das ist eine Privatangelegenheit. Ich kann es Ihnen nicht sagen.«
    »Sie geben also zu, dass Sie mit Sir Charles am Tag seines Todes eine Verabredung hatten und sogar für die Stunde und den Ort, wo er starb, Sie leugnen aber, diese Verabredung eingehalten zu haben?«
    »So ist es!«
    Immer und immer wieder fragte ich sie aus wie in einem Kreuzverhör, aber über diesen Punkt gelang es mir nicht hinwegzukommen. Schließlich stand ich auf, um dem langen und ergebnislosen Gespräch ein Ende zu machen.
    »Mrs Lyons«, sagte ich, als ich mich erhob, »Sie laden eine sehr große Verantwortlichkeit auf sich und bringen sich selber in eine ganz schiefe Lage, indem Sie nicht frei heraus alles sagen, was Sie wissen. Wenn ich die Hilfe der Polizei anrufen muss, werden Sie finden, wie ernstlich Sie sich bloßgestellt haben. Sind Sie vollkommen unschuldig, warum leugneten Sie denn im ersten Augenblick, dass Sie an jenem Tag an Sir Charles geschrieben hatten?«
    »Weil ich fürchtete, es könnten falsche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden, durch welche ich mich möglicherweise in einen Skandal verwickelt gesehen hätte!«
    »Und warum drangen Sie so sehr darauf, dass Sir Charles Ihren Brief vernichten sollte?«
    »Wenn Sie den Brief gelesen haben, werden Sie das ja selber wissen!«
    »Ich habe nicht behauptet, dass ich den ganzen Brief gelesen hätte.«
    »Sie zitierten doch etwas daraus.«
    »Ja, die Nachschrift. Der Brief war, wie ich bereits sagte, verbrannt worden, und es war nicht mehr alles leserlich. Ich frage noch einmal, warum Sie Sir Charles so dringend baten, diesen Brief zu vernichten, den er an seinem Todestag empfing.«
    »Die Angelegenheit ist rein persönlich.«
    »Umso mehr sollten Sie bemüht sein, eine öffentliche Untersuchung fernzuhalten!«
    »Nun, so will ich’s Ihnen denn sagen! Wenn Sie einiges von meiner unglücklichen Geschichte gehört haben, werden Sie wissen, dass ich mich in unbesonnener Weise verheiratete, und dass ich Ursache hatte, diesen Schritt zu bereuen.«
    »Ich habe davon gehört.«
    »Seit jenem Augenblick wurde ich unaufhörlich von meinem Mann verfolgt, den ich

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