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Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Sherlock Holmes - gesammelte Werke

Titel: Sherlock Holmes - gesammelte Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Leichnams, überwältigt von diesem plötzlichen und nie wieder gut zu machenden Unglück, das all unserer langen und mühseligen Arbeit ein so plötzliches Ende bereitet hatte. Dann, als der Mond aufgegangen war, kletterten wir zum Gipfel des Felsens empor, von dessen Höhe unser armer Freund abgestürzt war; von dort aus spähten wir über das weite Moor, auf welchem silbernes Mondlicht und düstere Schatten wechselten. In meilenweiter Ferne, in der Richtung des Dorfes Grimpen leuchtete ein einzelnes gelbes Licht immer auf derselben Stelle. Es konnte nur das einsame Wohnhaus der Stapletons sein. Mit einem hasserfüllten Fluch schüttelte ich meine Fäuste nach jener Richtung.
    »Warum sollten wir ihn nicht sofort festnehmen?«
    »Unsere Beweise sind nicht vollständig. Der Bursche ist über alle Maßen vorsichtig und schlau. Nicht darauf kommt es an, was wir wissen, sondern darauf, was wir beweisen können. Wenn wir einen einzigen falschen Schritt tun, kann der Schurke uns vielleicht selbst jetzt noch entwischen!«
    »Was können wir tun?«
    »Morgen werden wir Arbeit in Hülle und Fülle haben. Heute Abend können wir nur noch unserem armen Freund die letzten Dienste erweisen.«
    Wir stiegen wieder den jähen Abhang hinunter und näherten uns dem Leichnam, der als dunkler Fleck sich scharf von den mondlichtübergossenen Steinen abhob. Beim Anblick dieser im Todeskampf verrenkten Glieder überwältigte mich der Schmerz und heiße Tränen schössen mir in die Augen.
    »Wir müssen Hilfe heranholen, Holmes! Wir können ihn nicht den ganzen Weg bis zum Schloss allein tragen. Gott im Himmel, sind Sie wahnsinnig geworden?«

Er hatte einen Schrei ausgestoßen und sich über den Leichnam gebeugt. Auf einmal sprang er im Kreis herum und lachte und schüttelte meine Hand. Konnte dies mein ernster, in sich selbst verschlossener Freund sein? Ja, ja, man kann wohl von verborgenen Feuern reden!
    »Ein Bart! Ein Bart! Der Mann hat einen Bart!«
    »Einen Bart?«
    »Es ist nicht der Baronet – es ist – ja, wahrhaftig, es ist mein Nachbar, der Sträfling!«
    In fieberischer Hast hatten wir den Leichnam auf den Rücken gelegt, und der zottige Bart starrte in der Tat zum kalten, klaren Mond empor! Ein Zweifel war nicht möglich – die vorspringende Stirn – die eingesunkenen tierischen Augen –, ja, es war dasselbe Antlitz, das mich im Licht der Kerze hinter dem Felsen her angestarrt hatte – es war der Verbrecher Selden!
    Und in einem Augenblick war mir alles klar. Ich erinnerte mich, dass der Baronet mir erzählt hatte, er hätte Barrymore seine alten Kleider überlassen. Barrymore hatte sie an Selden weitergegeben, um diesem bei seiner Flucht behilflich zu sein. Stiefel, Hemd, Mütze – alles hatte früher Sir Henry gehört. Die Tragödie war immer noch furchtbar genug, aber dieser Mann hatte doch wenigstens nach den Gesetzen seines Landes den Tod verdient. Ich setzte Holmes den Zusammenhang auseinander, und mein Herz schlug hoch in Freude und Dankbarkeit.
    »Da sind Sir Henrys Kleider des armen Kerls Verhängnis geworden!«, rief Holmes. »Es ist ganz klar, dass der Hund auf irgendeinen von Sir Henry getragenen Gegenstand abgerichtet ist – aller Wahrscheinlichkeit nach auf den im Hotel abhanden gekommenen Schuh; so hat er denn diesen Mann zu Tode gehetzt. Ein sehr sonderbarer Umstand ist jedoch noch vorhanden: woher wusste Selden in der Dunkelheit, dass der Hund auf seiner Spur war?«
    »Er hörte ihn.«
    »Wenn ein hartgesottener Verbrecher wie dieser Zuchthäusler einen Hund auf dem Moor hört, bringt ihn das nicht in einen solchen Paroxysmus des Entsetzens, dass er auf die Gefahr hin, wieder ergriffen zu werden, wild um Hilfe schreit! Nach den Schreien zu urteilen, die wir gehört haben, muss er ein weites Stück Weges gerannt sein, nachdem er gemerkt hatte, dass das Tier ihn verfolgte. Woher wusste er es?«
    »Für mich ist es ein größeres Geheimnis, warum dieser Hund – vorausgesetzt, alle unsere Mutmaßungen seien richtig …«
    »Ich setze nichts voraus.«
    »Nun … also, warum dieser Hund nachts frei auf dem Moor herumläuft? Ich vermute, dass er nicht beständig losgelassen ist. Stapleton würde die Bestie nicht freilassen, wenn er nicht Grund zu der Annahme hätte, dass Sir Henry sich auf dem Moor befindet.«
    »Von diesen beiden Schwierigkeiten ist die meinige bei Weitem die furchtbarere – denn die Ihre wird sich, glaube ich, sehr bald aufklären, die meinige dagegen bleibt vielleicht für ewig ein

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