Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes in Dresden

Sherlock Holmes in Dresden

Titel: Sherlock Holmes in Dresden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schüler
Vom Netzwerk:
kam trotzdem nicht ungeschoren davon. Das Glück mit meiner geliebten Constance war nämlich nur von kurzer Dauer. Das nasskalte englische Klima bekam ihr nicht. Sie begann Blut zu husten und starb bereits Ende Dezember 1887 an Schwindsucht. Alle meine ärztliche Kunst hatte ihr nicht helfen können.
    Ich konnte und ich wollte mich mit diesem schrecklichen Verlust nicht abfinden. Auf dem Sterbebett, von der Auszehrung bereits schwer gezeichnet, hatte meine Frau kurz vor ihrem Tod noch einmal einen klaren Moment. Ihre letzten Worte haben sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt. Sie flüsterte mir mit letzter Kraft ins Ohr: »Sei nicht traurig, mein Liebster. Ich verlasse dich nicht. Nur die hinfällige Hülle vergeht. Meine unsterbliche Seele bleibt für immer bei dir und wird über alle deine Schritte wachen.«
    Eine Zeit lang versuchte ich vergebens, mithilfe eines polnischen Mediums Kontakt zu Constance im Jenseits aufzunehmen. Ich wollte ihr für das große Glück und die viele Freude danken, die sie in mein Leben gebracht hatte. Freilich blieben diese Bemühungen erfolglos. Die Geisterbeschwörerin, die angeblich aus der Woiwodschaft Rawa stammte, erwies sich samt ihren klopfenden Tischchen, den Buchstabenbrettern und den Botschaften im Kaffeesatz als eine abgefeimte Schwindlerin.
    Ich erhielt zwar Antworten auf meine Fragen, aber es war eindeutig nicht Constance, die zu mir sprach. Beispielsweise wusste das pochende, übernatürliche Wesen weder den Geburtsnamen meiner Mutter noch den Beruf meines Vaters zu nennen. Also ließ ich es bleiben, auf diese Weise mein Geld zu verschwenden. Manchmal erschien mir Constance im Traum. Das musste genügen.
    Doch zurück in die Gegenwart. Unsere persönliche Habe war noch immer nicht im Hotel eingetroffen. Ich konnte es mir nicht erklären. Die Koffer hätten längst von der Polizei freigegeben worden sein müssen. Ich ging hinunter zur Rezeption, um mich zu erkundigen. Der Hausdiener war ein in Ehren ergrauter Bursche in meinem Alter. Er steckte in einer längs gestreiften, schwarz-weißen Schürze. Mit seinenbreiten Bartkoteletten und von seinem gesamten Habitus her ähnelte er einem englischen Butler. Der gute Mann versprach mir, sofort einen verlässlichen Boten zu schicken, der seinerseits wiederum die unverzügliche Expedition des Reisegepäcks bewirken sollte. Als sich der Bedienstete nach meinen weiteren Wünschen erkundigte, wurde mir plötzlich bewusst, dass mir noch der Schmutz von zwei Tagen anhaftete. Also bestellte ich mir ein heißes Bad.
    »Wäre dem Herren um drei Uhr am Nachmittag genehm?«, fragte mich der Graukopf. »In der Mittagszeit von zwölf bis zwei haben unsere Mägde in der Küche alle Hände voll zu tun. Eine gute Stunde dauert es, den Ofen anzuheizen. Aber dann wäre alles zu Ihrer Zufriedenheit gerichtet, Euer Gnaden.«
    Bis um drei Uhr am Nachmittag stand mir eine ausreichend lange Zeitspanne zur Verfügung, meine dringendsten Wege zu erledigen. Folglich bestätigte ich den Zeitpunkt. Außerdem ließ ich mir von dem Hausdiener einen zuverlässigen Schneider und einen passablen Schuhmacher in der Nähe empfehlen. Die Sachen, die ich nun schon seit über vierundzwanzig Stunden am Leibe trug, waren verschwitzt und zerknittert. Sie mussten gründlich gereinigt und gebügelt werden. Um mein Schuhwerk war es noch viel schlechter bestellt. Nach dem Angriff der hungrigen Ratten taugte es nur noch für den Müllkasten.
    Auf dem Heimweg besuchte ich noch einige andere Geschäfte, die am Weg lagen. Aber ich fand nur wenige Dinge, die mein Interesse weckten, und noch viel weniger, für die ich bereit gewesen wäre, Geld auszugeben.
    Als ich kurz nach drei ins Hotel zurückkehrte und die Halle betrat, kam sofort der Hausdiener auf mich zugeeilt. »Das heiße Wasser ist justament eingelassen worden, ganzwie es der hohe Herr geordert hatte. Sie müssten sich jetzt ein wenig sputen, damit es nicht erkaltet, Eure Exzellenz«, teilte er mir mit. »In Ihrem Zimmer habe ich alles für Ihr Wohlergehen bereitgelegt. Ich warte hier unten auf Sie, damit ich Sie geleite. Der Weg zum Badezimmer ist für einen Hotelgast nämlich nicht leicht zu finden.«
    Ich belohnte den dienstbaren Geist mit einem üppigen Trinkgeld. Er nahm es mit mehreren Bücklingen dankend entgegen.
    Mit der inzwischen reichlich schlapp gewordenen Geldbörse in der Hand schaffte ich schleunigst die Pakete mit meinen Einkäufen auf das Hotelzimmer. Auf dem Bett lagen schon ein bunt gewebter,

Weitere Kostenlose Bücher