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Sherlock Holmes in Dresden

Sherlock Holmes in Dresden

Titel: Sherlock Holmes in Dresden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schüler
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leichter Morgenrock, ein klobiges Stück graugelbe Kernseife sowie mehrere weiße Leinenhandtücher mit blauen Webkanten für mich bereit.
    Ich entledigte mich meiner Oberbekleidung, schlüpfte in den Morgenmantel und beschritt den verschlungenen Pfad zu den Waschräumen. Der Hausdiener ging wie versprochen voran, um mich zu führen. Die Badestube befand sich tief unten im Keller am Ende eines langen Gangs. Es roch ein wenig modrig. Den Boden bedeckte ein roter Kokosläufer. Links und rechts gingen einfache Holztüren ab. Einige waren mit Zink beschlagen.
    »Euer Durchlaucht, Sie haben Ihr Ziel erreicht. Hinter dieser Pforte liegt das Badeparadies«, informierte mich der Hausdiener, öffnete eine der Türen linker Hand und zog sich zurück.
    Ich rechnete mit einer einfachen Gummibadewanne von jener Sorte, wie sie derzeit in Mode gekommen war und die dem Vernehmen nach der österreichische Kaiser benutzte. Ihr Vorteil bestand darin, dass sie sich leicht zusammenfalten ließ. Auf diese Weise konnte eine Gummibadewanne in jedem Raum von entsprechender Größe verwendet werdenund sparte aufwändige Umbauten. Ihr Nachteil bestand darin, dass sie schwerlich ohne fremde Hilfe benutzt werden konnte und außerdem relativ klein war.
    Doch ich wurde angenehm überrascht. In der Badestube stand auf einem blank geputzten Fußboden aus scharf gebrannten Mettlacher Fliesen ein voluminöser Kupferzuber. Er war handgetrieben, wie sich an vielen kleinen Ausbuchtungen erkennen ließ. In dieses Gefäß würde ich mit meiner ganzen Länge bequem hineinpassen. Es fasste gut und gerne fünfzig Gallonen Wasser. Ein Treppchen davor erleichterte den Ein-und Ausstieg.
    Eine adrette Hausmagd mit blonden Zöpfen und einem prall ausgefülltem Mieder lächelte mich freundlich an. Sie goss noch einen Eimer mit kochendem Wasser nach, rührte mit einem hölzernen Schöpflöffel um und verstreute eine handvoll Rosenblätter in der Wanne. Ein aromatischer Duft entfaltete sich. Die Kellerfenster und ein halbhoher, aufklappbarer Wandspiegel begannen zu beschlagen. Ich blieb unschlüssig stehen. Dazu gab es einen guten Grund, denn die junge Maid wollte nicht gehen. Ich genierte mich. Ich wollte mich vor ihren Augen nicht entkleiden. Schlaff herabhängende Pobacken sind nicht jedermanns Sache.
    Sie lächelte freundlich. Als ich darauf nicht reagierte, fragte sie mich in vollem Ernst: »Mein werter Herr, soll ich noch eine Weile bleiben und Ihnen zu Ihrer Bequemlichkeit mit einer Bürste den Rücken schrubben? Wir haben auch Naturschwämme und Birkenreisig im Angebot. Speziell die letztere Dienstleitung wird häufig von den Gästen nachgefragt.«
    Ich konnte nicht den geringsten spöttischen Unterton aus ihrer Stimme heraushören und reagierte so, wie wohl jeder Gentleman an meiner Stelle reagiert hätte: Mir klappte vor Verwunderung der Unterkiefer herunter.
    Die propere Hausangestellte sah das als Ermunterung an, ihr Angebot zu erweitern: »Sofern Sie keinen Anstoß daran nehmen, dass ich mich all meiner Ober-und Unterröcke entledige, kann ich auch zu Euer Gnaden in die Wanne steigen. Sie ist stabil genug und bietet Platz für zwei. Allerdings ist diese Form der Aufwartung nicht im Normalpreis inbegriffen, sondern zieht als Vergütung ein geringes Extrasalär nach sich.«
    Ich lehnte dankend ab. Ich tat dies, obwohl ich wahrlich kein Kostverächter bin. Doch eheliche Treue hat bei mir schon immer einen hohen Stellenwert besessen. Außerdem muss ein Kavalier beim Verkehr mit einem leichten Mädchen stets damit rechnen, sich eine unangenehme, venerische Krankheit zuzuziehen. In meiner Reiseapotheke war ich zwar auf alle Eventualitäten vorbereitet, aber ich wollte mein Glück nicht leichtsinnig auf die Probe stellen.
    Die Hausmagd machte einen Schmollmund ob meiner abweisenden Geste. Sie trollte sich aber folgsam, nachdem ich ihr ein silbernes Markstück in die Hand gedrückt hatte. »Aufgeschoben ist nicht aufgehoben«, tröstete ich das hübsche Kind, und seine schlichte Miene hellte sich wieder auf.
    Als ich zurück auf mein Zimmer kam, standen endlich die Koffer bereit. Ich unterzog sie einer flüchtigen Inhaltskontrolle. Sie waren von der Polizei gründlich durchwühlt worden. Das Unterste lag zuoberst. Aber es schien nichts zu fehlen.
    Abends um sieben Uhr erwachte ich aus einem erfrischenden Nickerchen. Ich lag auf meiner Ruhestatt, war aber tief in dem gewaltigen Berg der Unterbetten versunken. Ich rollte mich ruckartig zur Seite, warf mit

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