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Sherlock Holmes in Dresden

Sherlock Holmes in Dresden

Titel: Sherlock Holmes in Dresden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schüler
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vor dem Herren bist. Du würdest niemals ohne einen Anzug in Reserve und ein zweites Paar Schuhe auf Reisen gehen. Ergo bist du in der Stadt gewesen und hast für den nötigen Nachschub gesorgt.«
    »Zugegeben, ich habe einen Hang zum Überkorrekten. Aber dafür bist du ein rechter Schubiak und Schlendrian«, knurrte ich gereizt.
    »Ganz genau. Du hast vollkommen recht. Deshalb passen wir beide auch so gut zusammen. Gegensätze ziehen sich an. Und nun zeig her, was du in dem Sanitätsgeschäft erworben hast.«
    Ich griff in die Tasche und zog eine kleine Blechschachtel hervor.
    [ 1 ] Die Hicksiten waren eine rationalistische Partei, die 1822 von dem US-amerikanischen Quäker-Prediger Elias Hicks (1748 - 1830) gegründet worden war.
    [ 2 ] Wolfgang Schüler,
Sherlock Holmes in Berlin

3. Kapitel
Anfängliche Verwirrung
    »Als wir losfuhren, sah ich, dass Holmes und Watson
mit dem Mann sprachen,
mit dem wir uns soeben noch unterhalten hatten.«
    Philip Jose Farmer,
Das Problem der verdrossenen Brücke – unter anderem

B EIM B IER MIT B ELZIG
    Aus den Aufzeichnungen von Dr. Watson
    21.01.1913, Leipzig
    Vom vielen Reden bin ich durstig geworden«, meinte Holmes und winkte der Bedienung zu. »Mein Freund und ich hätten jeder gerne ein frisch gezapftes Bier. Am liebsten würden wir eine einheimische Spezialität probieren. Was können Sie uns da empfehlen?«
    Der Kellner, ein ausgemergelter Mann mit viel zu viel Pomade im Haar, verbeugte sich leicht. »Sehr wohl, die Herren. Wie wäre es mit zwei spritzigen Gläsern Gose?«
    »Was ist das? Ein Getränk aus der Gosse?«, fragte ich misstrauisch.
    Der Ober lächelte mild über meinen Unverstand und erklärte: »Der Name Gose geht auf die Stadt Goslar im Harz zurück. Das Bier wird dort schon seit über fünfhundert Jahren gebraut. Im Laufe der Zeiten ist es bis zu uns gedrungen und inzwischen so beliebt geworden, dass unser Leipzig im Volksmund den Beinamen
Gosestadt
erhalten hat. Die Gose ist ein trübes Weißbier, welches ohne Hefe durch Spontangärung entsteht und eine gewisse Ähnlichkeit mit dem bekannteren belgischen Geuze aufweist. Es kommt nicht vom Fass, sondern wird in langhalsigen Flaschen geliefert. Gose schmecktleicht säuerlich, verdreht nicht so schnell die Sinne und hilft überdies bei Verstopfung. Zur harmonischen Abrundung würde ich zwei Gläschen Genever [ 1 ] empfehlen. Falls die Herren einen leichten Imbiss möchten: Heute ist eine vorzügliche Gose-Biersuppe im Angebot.«
    Wir bestellten die angepriesenen Getränke, wählten als Speisen jedoch zwei mit Zitrone, Sardellen und Kapern garnierte Kalbsschnitzel. Das dünn geklopfte Fleisch und der eiskalte Genever waren vorzüglich, doch an der stichig-gärig schmeckenden Gose konnte ich keinen Gefallen finden. Ein Brown Stout oder ein Scotch Ale waren mir allemal lieber. Dies teilte ich auch dem Kellner völlig unverblümt mit.
    Er trug es mit Fassung. »Nun, wie wäre es mit einem Danziger Jopenbier als nächste Runde? Mit seinem angenehm süßen Geschmack und porterähnlichen Geruch ist es das ganze Gegenteil der Gose. Vielleicht kennen Sie es schon von zu Hause, denn es wird in großen Mengen unter dem Qualitätssiegel
Made in Germany
[ 2 ] nach England ausgeführt.«
    Mitten in die Bierverkostung platzte Kriminalinspektor Hartmann Belzig. Er machte einen abgehetzten Eindruck und ließ sich ächzend auf einen freien Platz an unserem Tisch fallen. »Bitte entschuldigen Sie die Verspätung, meine Herren. Aber heute ist mir alles gründlich schiefgegangen.«
    »Aus diesen Worten darf ich sicherlich schlussfolgern, mein lieber Herr Inspektor, dass Ihnen die Luftbüchse ebenso abhanden gekommen ist wie zuvor Colonel Moran?«, fragte Holmes.
    »Ganz genauso ist es, leider Gottes. Der Beamte von der Bahnwacht war schon ein großer Trottel, als er Sie in völliger Verkennung der Sachlage verhaftet hat. Aber dieser Dilettant wurde durch meine Leute noch bei Weitem übertroffen. Die Gendarmen haben alle Spuren gründlich zertrampelt undsämtliche Beweise vernichtet. Selbst die Holzpantinen, die der Täter auf seiner Flucht verloren hatte, sind inzwischen verschwunden. Bis auf Sie beide und den wackeren Kioskbesitzer Ahlersmeyer gibt es keine verlässlichen Zeugen. Niemand hat etwas gehört oder gesehen, was uns in irgendeiner Form weiterhelfen könnte. Die Namen Moran und Moriarty sind in keiner hiesigen Kriminalkartei zu finden. Ich habe deshalb dringende Kabel mit entsprechenden Anfragen an alle

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