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Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Titel: Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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dichter qualmte der Rauch seiner Pfeife bei jeder überraschenden Wendung in der Geschichte. Kaum hatte der Arzt geendet, als Holmes ohne ein Wort zu sagen aufsprang, mir meinen Hut in die Hand drückte, den seinigen vom Tische nahm und Doktor Trevelyan zur Tür hinaus folgte. Eine Viertelstunde später hielten wir vor seinem Wohnhause in der Brook Street, das düster und schmucklos dalag, wie die meisten Geschäftshäuser im Westend. Der Diener ließ uns ein, und wir stiegen die teppichbelegte Treppe hinauf.
    Da geschah etwas völlig Unerwartetes. Die Lampe im oberen Stock erlosch plötzlich, und wir hörten in der Dunkelheit eine schnarrende, bebende Stimme uns zurufen:
    »Ich habe eine Pistole hier, und sobald ihr näher kommt, schieße ich.«
    »Aber da hört denn doch alles auf, Herr Blessington«, rief Trevelyan erzürnt.
    »Also Sie sind es, Doktor«, sagte die Stimme im Ton großer Erleichterung. »Aber die beiden anderen Herren – sind sie auch wirklich das, wofür sie sich ausgeben?«
    Sein scharfer Blick suchte die Finsternis zu durchdringen, so gut es anging.
    »Es ist richtig, Sie können heraufkommen«, sagte er endlich; »ich bedauere, daß ich Sie mit meinen Vorsichtsmaßregeln belästigen mußte.«
    Er zündete die Gaslampe wieder an, und wir sahen einen sonderbaren Menschen vor uns, dessen Äußeres noch deutlicher verriet, als es seine Stimme vorhin getan hatte, wie zerrüttet seine Nerven waren. Das dünne, sandfarbene Haar stand ihm vor innerer Erregung zu Berge, er hatte eine kränkliche Gesichtsfarbe und mußte wohl in letzter Zeit sehr abgemagert sein, denn die Haut war um Hals und Wangen ganz schlaff, obgleich er noch immer für einen sehr dicken Mann gelten konnte. In der Hund hielt er eine Pistole, die er in die Tasche gleiten ließ, als er auf uns zutrat.

    »Guten Abend, Herr Holmes«, sagte er, »besten Dank für Ihren Besuch. Kein Mensch braucht Ihren Rat wohl so nötig wie ich. Vermutlich hat Ihnen Doktor Trevelyan schon von dem frechen Hausfriedensbruch erzählt, der an mir verübt worden ist.«
    »Jawohl«, versetzte Holmes. »Wer sind denn die beiden Männer, Herr Blessington, und was treibt sie dazu, Ihre Ruhe zu stören?«
    »Ja, sehen Sie«, erwiderte der Angeredete mit nervöser Hast, »das ist eine Frage, die sich nicht so leicht beantworten läßt. Das werden Sie sich wohl selber sagen können.«
    »Soll das etwa heißen, daß Sie es nicht wissen?«
    »Bitte, wollen Sie nicht eintreten? Haben Sie die Güte, sich einmal hierher zu bemühen.«
    Er führte uns in sein geräumiges und bequem ausgestattetes Schlafzimmer und deutete auf einen schwarzen Koffer, der zu Häupten des Bettes stand. »Ich bin nie ein reicher Mann gewesen, Herr Holmes«, sagte er; »nur eine einzige Kapitalanlage habe ich in meinem Leben gemacht, wie Doktor Trevelyan Ihnen mitteilen kann. Ich habe nun einmal kein Vertrauen zu den Bankiers und würde mich nie auf solche Geldmenschen verlassen. Unter uns gesagt, alles, was ich besitze, liegt dort im Koffer; Sie können sich daher vorstellen, wie mir zu Mute ist, wenn unbekannte Leute heimlich in mein Zimmer eindringen.«
    Holmes sah Blessington mit forschendem Blicke an und schüttelte den Kopf.
    »Wenn Sie versuchen wollen, mich zu täuschen, kann ich Ihnen keinen Rat geben.«
    »Aber ich habe Ihnen doch alles offen kundgetan.«
    Holmes wandte sich mit ärgerlicher Miene zum Gehen. »Guten Abend, Doktor Trevelyan«, sagte er.
    »Und für mich haben Sie keinen Rat?«, stöhnte Blessington mit brechender Stimme.
    »Ich kann Ihnen nur raten, die Wahrheit zu sprechen.«
    In der nächsten Minute waren wir draußen und auf dem Heimweg begriffen. Wir hatten schon die Oxford Street hinter uns, ehe mein Gefährte die kleinste Äußerung tat.
    »Es tut mir leid, Watson, daß ich dich so vergeblich bemüht habe«, sagte er endlich. »Freilich, im Grunde ist der Fall ganz interessant.«
    »Ich kann nicht recht klug daraus werden«, gestand ich.
    »Es liegt doch auf der Hand, daß zwei Männer – vielleicht auch mehr, aber zwei jedenfalls – Herrn Blessington zu Leibe gehen möchten. Ich bin fest überzeugt, daß der jüngere sowohl das erste als das zweite Mal in Blessingtons Zimmer war, während sein Helfershelfer durch schlaue Vorspiegelungen die Aufmerksamkeit des Doktors zu fesseln wußte.«
    »Aber die Starrsucht?«
    »Ein geschickter Betrug, Watson, obgleich ich dem Herrn Spezialisten gegenüber das nicht auszusprechen wage. Gerade diese Krankheit läßt sich

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