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Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Titel: Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Holmes. Nunmehr komme ich zu den Ereignissen, die mich veranlaßt haben, Sie heute abend aufzusuchen.
    Vor einigen Wochen trat Blessington einmal in großer Aufregung bei mir ein und erzählte von einem Einbruchsdiebstahl, der im Westend verübt worden sei. Meiner Meinung nach ereiferte er sich ganz unnötig darüber, auch fand ich es höchst überflüssig, daß er sogleich an sämtlichen Fenstern und Türen die Schlösser und Riegel untersuchen und verstärken ließ. Acht Tage lang kam er nicht aus der Unruhe heraus; er schaute fortwährend verstohlen auf die Straße hinunter, auch gab er seinen kurzen Spaziergang vor Tische auf und verließ das Haus nicht mehr. Sein Benehmen machte den Eindruck, als schwebe er beständig in Todesangst vor einem Menschen oder irgend einer Gefahr. Auf alle meine Fragen antwortete er aber mit solchen persönlichen Beleidigungen, daß mir die Lust verging, das Thema noch weiter zu berühren. Mit der Zeit schwand seine Furcht allmählich, und er hatte fast die frühere Lebensweise wieder aufgenommen, als ein Ereignis eintrat, das ihn gänzlich darniederwarf und ihn in den kläglichen Zustand versetzte, in dem er sich jetzt befindet.
    Der Anlaß war folgender: Vor zwei Tagen erhielt ich dies Schreiben ohne Adresse und Datum, das ich Ihnen jetzt vorlesen will:
    Ein russischer Edelmann, der gegenwärtig in England wohnt, leidet seit mehreren Jahren an Anfällen von Starrsucht. Er wünscht Dr. Trevelyan, der, wie allgemein bekannt, eine Autorität für dies Übel ist, um seinen ärztlichen Beistand zu bitten. Morgen abend wird er sich um ein viertel auf sieben im Sprechzimmer einfinden und bittet den Herrn Doktor, sich so einzurichten, daß er ihn zu Hause trifft.
    Der Brief war für mich um so bedeutsamer, weil das Studium der Starrsucht besonders durch die Seltenheit der Krankheit erschwert wird. Als daher der Diener zur bestimmten Stunde meinen ausländischen Patienten hereinließ, erwartete ich ihn bereits mit Spannung.
    Es war ein ältlicher hagerer Mann von ehrbarem, etwas gewöhnlichem Aussehen – durchaus nicht, was man sich unter einem russischen Edelmann vorstellt. Sein Gefährte, ein auffallend hübscher, hochgewachsener, junger Herr mit dunkeln, finstern Gesichtszügen und wahrhaft herkulischem Gliederbau, machte mir einen weit größeren Eindruck. Als sie eintraten, stützte er den Alten und geleitete ihn bis zu einem Stuhl. Man hätte ihm eine so zärtliche Sorgfalt nach seinem Äußeren gar nicht zugetraut.

    ›Sie entschuldigen wohl, Herr Doktor, daß ich mitkomme‹, sagte er auf Englisch mit etwas fremdländischer Aussprache. ›Dies ist mein Vater, um dessen Gesundheit ich im höchsten Grade besorgt bin.‹
    Von so viel kindlicher Liebe gerührt, fragte ich: ›Vielleicht wünschen Sie bei der Konsultation zugegen zu sein?‹
    ›Um nichts in der Welt‹, rief er mit entsetzter Gebärde. ›Wenn mein Vater einen seiner schrecklichen Anfälle bekäme und ich es mit ansehen müßte – ich glaube, das überlebte ich nicht. Mein eigenes Nervensystem gehört durchaus nicht zu den stärksten. Mit Ihrer Erlaubnis will ich mich in das Wartezimmer zurückziehen, wahrend Sie meines Vaters Fall untersuchen.‹
    Ich hatte natürlich nichts dagegen, und der junge Mann entfernte sich. Dann sprach ich mit dem Patienten ausführlich über seine Krankheit und notierte mir alles genau. Der alte Herr hatte keinen besonders scharfen Verstand und gab meist ziemlich undeutliche Antworten, was ich seiner mangelhaften Kenntnis der englischen Sprache zuschrieb. Plötzlich aber, während ich noch mit Schreiben beschäftigt war, antwortete er gar nicht mehr auf meine Fragen, und als ich mich nach ihm umwandte, sah ich ihn zu meinem Schrecken kerzengerade auf dem Stuhle sitzen; sein Gesicht, das er mir zuwandte, war völlig starr und leblos. Das rätselhafte Übel hatte ihn abermals befallen.
    Mein erstes Gefühl war, wie gesagt, Mitleid und Grauen. Dann aber ergriff mich, ich will es nicht leugnen, die Befriedigung des Fachmannes. Ich notierte Puls und Temperatur meines Patienten, prüfte die Starrheit seiner Muskeln und ihre Reflexbewegungen. Alle Ergebnisse stimmten fast genau mit meinen Beobachtungen in früheren Fällen überein; es war keinerlei Abweichung bemerkbar. Das Einatmen von Amylnitrit hatte bei ähnlicher Gelegenheit schon gute Dienste getan, und ich wollte seine Wirkung auch jetzt wieder erproben. Da die Flasche unten im Laboratorium war, ließ ich meinen Patienten auf dem Stuhl

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