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Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Titel: Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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der versprochenen Zeit kommen«, sagte ich »keinen Augenblick früher oder später.«
    Was ich behauptete, ging in Erfüllung, denn kurz nach acht Uhr kam eine Droschke rasch vorgefahren und mein Freund stieg aus. Am Fenster stehend bemerkten wir, daß seine linke Hand verbunden war, auch sah er sehr bleich und ernsthaft aus. Er trat ins Haus, doch dauerte es eine Weile, bis er die Treppe heraufkam.
    »Ganz wie ein Besiegter«, klagte Phelps.
    Ich mußte ihm recht geben. »Wahrscheinlich werden wir doch noch suchen müssen, die Sache hier in der Stadt zu erforschen«, äußerte ich. Phelps seufzte schwer.
    »Ich weiß nicht, weshalb«, sagte er, »aber ich hatte so große Hoffnungen auf seine Rückkehr gebaut. Übrigens trug er gestern die Hand noch nicht in der Binde. Es muß also etwas geschehen sein.«
    »Du bist doch nicht verwundet, Holmes?«, fragte ich, als mein Freund eintrat.
    »Unsinn – nur eine Schramme; meine eigene Ungeschicklichkeit ist schuld daran«, versetzte er und nickte uns seinen Morgengruß zu. »Das muß ich sagen, Herr Phelps, Ihre Sache ist eine der dunkelsten, die ich je unter den Händen gehabt habe.«
    »Ich fürchtete gleich, sie würde über Ihre Kräfte gehen.«
    »Jedenfalls ein merkwürdiges Erlebnis.«
    »Deine Binde läßt auf ein Abenteuer schließen. Willst du uns nicht sagen, was dir zugestoßen ist?«
    »Nach dem Frühstück, mein lieber Watson. Vergiß nicht, daß ich heute früh schon dreißig Meilen weit in der frischen Luft von Surrey gefahren bin. Ist etwa eine Antwort auf meine Droschken-Anzeige gekommen? – Nein? – Nun man kann auch nicht immer den Nagel auf den Kopf treffen.«
    Der Tisch war schon gedeckt, und eben wollte ich klingeln, als Frau Hudson mit Tee und Kaffee hereinkam. Einige Minuten später brachte sie ein paar zugedeckte Schüsseln, und wir nahmen am Tische Platz, Holmes hungrig wie ein Rabe, ich sehr gespannt und Phelps in der düstersten Stimmung.
    »Frau Hudson hat sich selbst übertroffen«, sagte Holmes, den Deckel von einem Hühnerfricassé abhebend. »Ihre Küche ist zwar beschränkt, aber sie weiß doch, was Zu einem guten Frühstück gehört. – Was hast du da, Watson?«
    »Schinken und Eier«, antwortete ich.
    »So? Soll ich Ihnen vorlegen, Herr Phelps, oder wollen Sie selbst zulangen?«
    »Danke, ich kann nichts essen«, erwiderte er.
    »Ach was! Versuchen Sie es einmal mit der Schüssel, die vor Ihnen steht.«
    »Nein, ich muß wirklich danken.«
    »Nun«, sagte Holmes mit listigem Augenblinzeln, »dann darf ich Sie wohl bitten, mir etwas davon zu geben.«
    Phelps hob den Deckel in die Höhe, stieß einen Schrei aus und starrte mit kreideweißem Gesicht die Schüssel an. Mitten darauf lag eine Rolle von blaugrauem Papier. Er griff danach, verschlang sie mit den Augen, drückte sie an sein Herz, tanzte damit im Zimmer herum und jubelte laut vor Entzücken. Dann sank er in den Lehnstuhl zurück und war so erschöpft und matt vor Gemütsbewegung, daß wir ihm ein paar Löffel Branntwein einflößen mußten, damit er nur nicht in Ohnmacht fiele.

    »Nur ruhig, ruhig«, sagte Holmes, ihm auf die Schulter klopfend. »Es war recht schlecht von mir, Sie so damit zu überraschen. Aber Watson wird Ihnen sagen, daß ich nie widerstehen kann, wenn es sich um eine dramatische Wirkung handelt.«
    Phelps ergriff seine Hand, die er gerührt an die Lippen führte. »Gottes Segen über Sie«, rief er, »Sie haben meine Ehre gerettet.«
    »Meine eigene Ehre stand ja auch auf dem Spiel«, erwiderte Holmes; »mir ist ein Mißerfolg gerade so empfindlich, wie Ihnen eine Pflichtversäumnis.«
    Phelps barg das kostbare Schriftstück in seiner inneren Rocktasche.
    »Ich finde es grausam, Sie noch länger beim Frühstück zu stören«, sagte er, »und doch vergehe ich fast vor Ungeduld zu erfahren, wo das Papier war und wie Sie es entdeckt haben.«
    Mein Freund goß rasch eine Tasse Kaffee hinunter und machte sich über die Eier und den Schinken her. Dann stand er auf, zündete seine Pfeife an und nahm im Lehnstuhl Platz.
    »Ich will euch sagen, was ich zuerst tat, und wie alles nachher ausgefallen ist«, begann er. »Nachdem euer Zug fort war, machte ich einen wunderhübschen Spaziergang in der reizenden Umgegend, bis zu dem Dörfchen Ripley, wo ich im Wirtshaus Tee trank und mir in weiser Vorsicht die Weinflasche füllen und ein paar belegte Sandwiches einwickeln ließ. Bis zum Abend blieb ich dort und ging dann nach Woking zurück; bald nach Sonnenuntergang

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