Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Titel: Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
wirklich annehmen.«
    »O bitte, erzählen Sie!«
    »Das will ich, doch müssen Sie vor allem wissen, daß ich letzte Nacht zum erstenmal keine Wärterin bei mir im Zimmer hatte. Ich fühlte mich so viel wohler, daß ich glaubte, sie nicht mehr zu brauchen; doch ließ ich mein Nachtlicht brennen. Gegen zwei Uhr morgens lag ich eben in leichtem Schlummer, als ein schwaches Geräusch mich weckte. Es klang, als ob eine Maus am Holzwerk nage. Eine Weile lag ich da und horchte, dann wurde der Ton lauter, und vom Fenster her kam ein scharfes, metallisches Klirren. Entsetzt fuhr ich empor. Was das Geräusch zu bedeuten hatte, war jetzt klar. Die schwächeren Töne rührten von einem Werkzeug her, das in den Schlitz zwischen die Fensterläden hineingepreßt wurde, und dann hatte sich der Riegel in die Höhe geschoben.
    Nun blieb etwa zehn Minuten alles still, als warte der Draußenstehende, ob der Lärm mich aufgeweckt habe. Dann vernahm ich ein leises Knarren und das Fenster ward vorsichtig geöffnet. Länger ertrug ich die Spannung nicht; meine Nerven sind noch nicht so stark wie früher. Ich sprang aus dem Bett und stieß den Laden auf. Ein Mann kauerte vor dem Fenster. Ich konnte nur wenig von ihm sehen, denn er floh davon wie der Blitz. Er war ganz in einen Mantel gewickelt, der den unteren Teil seines Gesichts verhüllte. Eins nur weiß ich mit Bestimmtheit, nämlich, daß er eine Waffe in der Hand trug; wahrscheinlich ein langes Messer, ich sah deutlich die funkelnde Klinge, als er sich zur Flucht wandte.«
    »Das ist ja höchst interessant«, sagte Holmes; »und was taten Sie dann?«
    »Ware ich stärker gewesen, so würde ich ihm durch das offene Fenster nachgesprungen sein. So aber mußte ich mich begnügen, das Haus wach zu klingeln. Das dauerte einige Zeit, da die Glocke in der Küche hängt und die Dienerschaft im oberen Stock schläft. Auf mein Schreien nach Hilfe kam jedoch Josef herbei und weckte die übrigen. Josef und der Stallknecht fanden Fußtritte in dem Blumenbeet unter dem Fenster, aber auf dem Rasen ließ sich die Spur nicht verfolgen, die Witterung ist in letzter Zeit zu trocken gewesen. An dem hölzernen Zaun nach der Straße zu fand sich aber eine Stelle, die aussieht, als sei man dort übergestiegen; das Staket 2 ist oben abgebrochen. Noch habe ich der Ortspolizei keine Anzeige gemacht, da ich es für besser hielt, erst Ihre Ansicht zu hören.«
    Die Erzählung unseres Klienten schien auf Sherlock Holmes einen großen Eindruck zu machen. Er stand von seinem Sitz auf und ging in starker Erregung im Zimmer hin und her.
    »Ein Unglück kommt selten allein«, sagte Phelps lächelnd, obgleich man ihm Wohl ansehen konnte, daß der nächtliche Überfall ihn stark mitgenommen hatte.
    »Das trifft bei Ihnen wirklich zu«, meinte Holmes. »Wären Sie wohl imstande, mit mir um das Haus herumzugehen?«
    »O ja, etwas Sonnenschein würde mir gut tun. Josef wird uns begleiten.«
    »Auch ich will mitgehen«, sagte Fräulein Harrison.
    »Ich fürchte, das kann ich nicht gestatten«, versetzte Holmes kopfschüttelnd. »Bitte, bleiben Sie hier sitzen, gerade wo Sie sind.«
    Die junge Dame nahm mit etwas unzufriedener Miene ihren Platz wieder ein. Ihr Bruder gesellte sich jedoch zu uns, und wir vier gingen miteinander um den Rasenplatz vor dem Fenster des jungen Diplomaten. Die Fußspuren auf dem Blumenbeet waren ganz undeutlich und verwischt. Holmes beugte sich einen Augenblick nieder, um sie zu betrachten, richtete sich aber gleich wieder achselzuckend empor.
    »Daraus könnte wohl niemand klug werden«, sagte er. »Lassen Sie uns um das Haus herum gehen und überlegen, warum der Einbrecher gerade dieses Zimmer gewählt hat. Die größeren Fenster im Wohnzimmer und Speisezimmer wären doch besser für seinen Zweck gewesen.«
    »Aber sie sind sichtbarer von der Straße aus«, warf Josef Harrison ein.
    »Ja so, natürlich. Die Tür dort hätte er aber aufbrechen können. Wohin führt sie?«
    »Es ist die Hintertür für Lieferanten und Dienerschaft. Nachts wird sie regelmäßig verschlossen.«
    »Ist schon früher hier einmal eingebrochen worden?«
    »Nein, nie«, antwortete Phelps.
    »Haben Sie viel Silberzeug im Hause, oder andere Kostbarkeiten, von denen die Diebe angelockt werden?«
    »Keine Wertgegenstände.«
    Holmes schlenderte mit den Händen in den Taschen um das Haus herum; er trug ein nachlässiges Wesen zur Schau, das ihm sonst fremd war.
    »Sie sollen ja den Platz gefunden haben, wo der Kerl über den

Weitere Kostenlose Bücher