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Sherlock Holmes und das Phantom der Oper

Sherlock Holmes und das Phantom der Oper

Titel: Sherlock Holmes und das Phantom der Oper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Meyer
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gleichzeitig den Applaus des Publikums entgegen, ganz so, als wären sie verantwortlich für diese Produktion, die in Wirklichkeit schon vor ihrer Ankunft zur Vollendung gebracht worden war.
    Hatte ich mich geirrt? War ich all dem Aberglauben und dem Hokuspokus, die diesen Ort umgaben, zum Opfer gefallen? Gott weiß, Watson, dies war eine Situation, in der ich überglücklich gewesen wäre, mich geirrt zu haben. Mein Atem ging schon bei dem bloßen Gedanken daran leichter. Und doch hatte irgend jemand César unter den Augen zweier Stallburschen gestohlen, jemand spielte die Orgel, jemand hatte mein grünes Garn durchgeschnitten, jemand hatte über mein Unbehagen gelacht – und Don Josés einziehbares Messer hatte geklemmt.
    Na und? fragte ich mich. Konnte nicht ein Bühnenarbeiter den Faden durchtrennt haben? Konnte nicht irgendein Stallbursche mit dem Pferd auf und davon gegangen sein, oder konnte es sich nicht doch in irgendeinem verborgenen Winkel dieser unterirdischen Stadt verlaufen haben? Konnten nicht das Lachen wie das Orgelspiel von oben stammen und lediglich durch einen der Schächte, die die Tiere mit frischer Luft versorgten, nach unten gelangt sein?
    Und war es nicht denkbar, daß das Messer wirklich einfach geklemmt hatte?
    Aber wohin war das Seil des erhängten Joseph Buquet verschwunden? Stand uns eine weitere makabere Heldentat bevor oder nur einer der merkwürdigen Streiche des Geistes?
    Diese widersprüchlichen Überlegungen gingen mir in der Pause durch den Kopf, während ich der kleinen Concièrge und ihrer Begleitung (später stellte sich heraus, daß es ihr Ehemann war) ins Foyer folgte, wo sie auf Anordnung ihrer künftigen Arbeitgeber freie Getränke erhielten. Die gute Frau genoß das Leben offensichtlich über ihre kühnsten Erwartungen hinaus und hatte nicht die geringste Ahnung davon, daß ich jeden Augenblick darauf gefaßt war, sie zu Boden zu werfen, falls in ihrer Nähe irgend etwas Verdächtiges geschehen sollte.
    Aber nichts dergleichen geschah, und als sie in den Zuschauerraum zurückkehrte, nahm ich wieder meinen Platz in Loge fünf ein, wo ich sogar noch vor den beiden Direktoren eintraf. Kurze Zeit später gesellten sie sich zu mir, gerüstet mit Champagnergläsern aus der Bar. »Nun, gefällt es Ihnen, Sigerson?« fragte Moncharmin beflissen. Dann bot er mir ein Glas voll mit diesen winzig kleinen Bläschen an, das ich, wie ich gestehe, dankbar entgegennahm.
    »Die Oper ist nicht vorbei, ehe der Sopran gesungen hat«, stellte ich fest.
    Dieser Satz veranlaßte sie, in stürmisches Gelächter auszubrechen. Sie schüttelten sich noch, während das Haus langsam wieder dunkel wurde, und tauschten auf meine Kosten bissige Bemerkungen aus über geigespielende Polizisten. Tatsächlich stieg in mir ein gewisses Mitleid für die arme Präfektur und sogar für Scotland Yard auf, die immer von oben herab behandelt wurden – und das von Menschen, die sich voller Verzweiflung an sie wandten, sobald irgend etwas nicht stimmte.
    Leroux kehrte unter noch donnernderem Beifall zurück, und der dritte Akt begann.
    Was dann geschah, war so unfaßbar, daß ich selbst jetzt nicht ohne ein ungläubiges Kopfschütteln daran zurückdenken kann. Margarete, das heißt La Sorelli, ist in ihrem Garten und beginnt, die wunderschöne Arie ›Il était un roi de Thule‹ zu singen.
    »Ribitt!«
    Moncharmin und Richard sahen einander an. Hatten wir da wirklich einen Frosch gehört?
    »Was war das?« flüsterte Richard.
    La Sorelli versuchte weiterzumachen.
    »RIBITT!«
    Diesmal konnte es keinen Zweifel geben, und, was noch schlimmer war, das Froschquaken stammte aus La Sorellis Mund!
    Und doch versuchte sie weiterzusingen.
    » RIBITT! «
    Nun waren auch die Direktoren auf den Füßen, und ich hinter ihnen ebenfalls. Voller Bestürzung schlug die Diva sich die Hände über den Mund, als wolle sie das seltsame Geräusch ersticken, aber als sie ihre Finger fortnahm, um einen neuen Versuch zu wagen …
    » RIBITT, RIBITT! «
    »Was zum Teufel soll das bedeuten?« Moncharmin schrie diese Worte fast.
    Das Publikum, das zuerst mit einer gewissen Verblüffung reagiert hatte, brach nun in hämisches Gelächter aus.
    » RIBITT, RIBITT, RIBITT! «
    »Die Sorelli hat einen Frosch im Hals!« rief ein Witzbold aus einem der obersten Ränge, woraufhin das ganze Theater zu lachen und in die Hände zu klatschen begann.
    »Wir wollen die Daaé« rief ein anderer, diesmal oben von den Göttern. *
    »Daaé! DAAÉ!« begann

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