Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes und der Fluch der Titanic (German Edition)

Sherlock Holmes und der Fluch der Titanic (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und der Fluch der Titanic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. J. Preyer
Vom Netzwerk:
angetan von der Qualität der Musiker, besonders vom Talent des Geigers, eines schlanken jungen Mannes, der in einem etwas zu kleinen dunklen Anzug steckte.
    Etwas später am Abend hatte man die Aufführung des ersten und bisher einzigen Spielfilms über das Titanic-Unglück angesetzt. In der Bar für die erste Klasse im 6. Geschoss der Olympic zeigte man Gerettet von der Titanic .
    Miss Gloria Reynolds, im rosa Abendkleid, mit einer Kette aus falschen weißen Perlen geschmückt, begrüßte aufgeregt die Besucher der Vorführung und drückte jedem einzelnen von ihnen die Hand.
    »Sie müssen wissen, dass ich an den Dreharbeiten mitwirken durfte«, flüsterte sie Sherlock Holmes zu. »Meine erste Rolle in einem Film. Weil ich wie die Hauptdarstellerin auf der Titanic war. Auch Christine ist zu sehen. Kurz.«
    Als alle Besucher Platz genommen hatten, begrüßte der Zweite Offizier, Mr. Charles Farrard, die anwesende Künstlerin und die sehr geehrten Gäste.
    »Mr. Roger Baudry, Student des Conservatoire national supérieur de musique et de danse de Paris , wird das Geschehen, das in Gerettet von der Titanic gezeigt wird, mit seinem Geigenspiel begleiten. Alle wesentlichen Hinweise sind den Zwischentiteln zu entnehmen, die am Ende der Szenen eingeblendet werden. Die Vorführung dauert etwa zwanzig Minuten. Mrs. Reynolds, die in dem Film eine Freundin der Hauptdarstellerin mimt, war ebenso wie diese selbst Passagier der Titanic. Dasselbe trifft auf ihre Tochter Christine zu, die wegen der vorgerückten Stunde leider nicht anwesend sein kann. Sie hält sich schlafend in der Kabine auf. Die Hauptrolle in diesem teilweise in Farbe gedrehten Film spielt die amerikanische Schauspielerin Dorothy Gibson, der es ein persönliches Anliegen war, dass der Film auf dieser Gedenkfahrt vorgeführt wird. Sie lässt alle Damen und Herren, die sich hier eingefunden haben, grüßen. Ich wünsche Ihnen im Namen des Kapitäns und der gesamten Mannschaft interessante zwanzig Minuten.«
    Das Licht erlosch, und auf der Leinwand erschien das ernste Gesicht einer jungen Frau in Großaufnahme. Sie bewegte unablässig den Mund, die Augen waren vor Schreck geweitet. Die eingeblendete Schrift verdeutlichte, dass Miss Dorothy ihrem Verlobten und ihren Eltern vom Untergang der Titanic erzählte, dem sie entronnen war.
    Zum Glück, wie Holmes fand, kümmerte sich Monsieur Baudry kaum um das turbulente Geschehen auf der Leinwand. Er spielte in aller Ruhe Johann Sebastian Bachs Sonate No. 1 in g-Moll für Violine solo. Eine Rückblende zeigte die Heldin an Bord des Schiffes inmitten aufgeregter, Hände ringender Menschen. Ein leeres Rettungsboot wartete auf sie und weitere Passagiere. Aber keiner wollte es betreten.
    Die Dramatik des Geschehens steigerte sich. Die Titanic geriet immer mehr in Schräglage, Miss Gibson wurde gegen die Reling gedrückt und sprang schließlich in das Letzte der Rettungsboote, die zu Wasser gelassen wurden. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin, dargestellt von Gloria Reynolds, die von ihrer kleinen Tochter Christine begleitet wurde. Das Boot glitt in die dunkle Weite des Ozeans.
    Dann war die Schauspielerin wieder im Kreise ihrer Familie zu sehen. Vater und Mutter redeten heftig auf die Tochter ein. Die eingeblendeten Schrifttafeln zeigten, was sie ihr mitteilen wollten: »Du darfst diesen Mann nicht heiraten. Er ist ein Seemann. Sein Beruf ist zu gefährlich. Zu tückisch ist das Meer.«
    »Ich werde ihn heiraten, trotz allem und ihm eine gute Frau sein. Ich liebe ihn und er liebt mich«, sagte die Schauspielerin am Schluss und fiel ihrem bärtigen Verlobten um den Hals.
    Holmes, der die gesamte Filmvorführung unter der schlechten technischen und schauspielerischen Qualität des Streifens Qualen litt, hatte bereits nach der ersten Szene die Augen geschlossen und sich auf die Musik Bachs konzentriert.
    Wenn er eine Vorhersage mit Sicherheit machen konnte, dachte der Detektiv, so war es diejenige, dass wohl dieser Kuriosität, die sich Film nannte, keine nennenswerte Zukunft beschieden sein würde. Eine Zumutung der Sonderklasse, so etwas!
    Als sich am Ende der Vorstellung Mrs. Reynolds vor den Zuschauern verbeugte, verzichtete er auf Applaus, den er dem begleitenden Musiker umso begeisterter spendete. Schließlich ging er auf den jungen Violinspieler zu und stellte sich vor.
    »Ich habe eine ungewöhnliche Bitte an Sie, Monsieur«, sagte der Detektiv. »Ich selbst bin leidenschaftlicher Geigenspieler. Wäre es möglich, mir

Weitere Kostenlose Bücher