Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition)
sofort auf den Weg zu Ihnen, Watson. Und wehe den Leuten, die meinen teuren Freund töten wollten. Und noch etwas: Der Anschlag auf Sie bedeutet eine Chance für unser weiteres Vorgehen.«
»Das verstehe ich nicht, Holmes. Was meinen Sie damit?«
»Man wird glauben, Sie seien in den Flammen umgekommen. Ich kann also ungestört ermitteln.«
»Ich werde Sie tatkräftig unterstützen.«
»Sie nicht, Watson. Sie sind ja tot. Lassen Sie sich in Stratford nicht mehr blicken. Suchen Sie ein Quartier für uns beide etwas außerhalb und verständigen Sie mich, wenn es so weit ist. Ich lasse meine Koffer packen.«
Watson hatte für den Detektiv und sich ein Hausboot am Fluß Avon gemietet, in dem er auf die Ankunft seines Freundes wartete.
Am Nachmittag des folgenden Tages war es so weit, ein Hansom hielt am Uferweg.
Der Detektiv und der Doktor besprachen bei einem leichten Mahl und einigen Drinks ihr weiteres Vorgehen.
Nach dem Essen zündete Holmes seine schwarze Tonpfeife an und lauschte konzentriert den Erzählungen seines Freundes.
»Was sagen Sie dazu, Holmes? Wie sehen Sie die Lage?«
»Ich glaube, daß der Mord an Norton und der Anschlag auf Sie nicht die letzten Verbrechen waren.«
»Was sollen wir unternehmen?«
»Wir werden das Grab Shakespeares in der Holy Trinity Church erkunden«, teilte Holmes dem Doktor mit.
»Sie sind, entschuldigen Sie meine harten Worte, von allen guten und bösen Geistern verlassen! Es ist völlig undenkbar, daß wir als Grabräuber in Stratford auftreten. Das würde sämtliche Journalisten dieses Landes auf unsere Spur bringen. Außerdem wird der, welcher dieses Grab stört, mit einem schrecklichen Fluch bedroht.«
»Es werden nur Männer bedroht.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Dr. Watson.
»Ich zitiere: ›Mein Freund, laß ab von diesem Raub‹. Der Fluch richtet sich gegen Männer. Von einer Freundin ist nicht die Rede …«
»Sie meinen, wir müßten das Grab von einer Frau öffnen lassen?«
»Es wäre von Nutzen, wenn uns eine Expertin auf diesem Gebiet beratend zur Seite stünde«, meinte Holmes. »Sie erzählen ja wahre Wunderdinge von dieser Myra Hall.«
»Laß ihn los, bitte!«, schrie Kitty, als ihr Mann Coleen Dumbarton wie verrückt auf ihren jüngeren Bruder einschlug und ihn zu würgen begann.
»Das ist wohl das Allerletzte. Es reicht. William wird dieses Haus nie mehr betreten«, schrie Coleen.
Er war außer sich. Er hatte im Bett auf das Kommen seiner Kitty gewartet, die sich noch im Badezimmer aufhielt.
Im seidigen Nachthemd war ein langhaariges blondes Wesen neben ihn geschlüpft und hatte begonnen, ihn zärtlich zu küssen. Coleen war überrascht gewesen, wie heftig ihn Kitty an diesem Abend begehrte, und er hatte begonnen, sie zu liebkosen, als er ein Rumoren im Badezimmer vernahm. Wer war das, wenn Kitty neben ihm lag?
Da war ihm klargeworden, wer sein Bettgenosse war: ihr verrückter Bruder William.
Coleen war aus dem Bett gesprungen, hatte zu toben begonnen und sich auf William gestürzt.
»Eben hast du mich noch gewollt, jetzt drehst du durch, was ist mit dir, Schwager?«, gurrte dieser.
Kitty warf sich zwischen ihren Bruder und Coleen und wälzte sich vor Lachen im Bett.
»Ich finde das keineswegs komisch, Kitty«, tobte Coleen.
»Das sind Spiele aus unserer Kindheit. Nimm ihn doch nicht so ernst.«
»Er hat mich gewollt. Ich habe es gespürt«, wiederholte William und schnappte nach Luft, nachdem Coleen Dumbarton verwirrt seinen Hals losgelassen hatte.
»Ich bring ihn um, ich werde ihn töten«, sagte er.
»Das Spiel der Verwechslung der Geschlechter hat auch Shakespeare fasziniert. Eine Frau verkleidet sich als Mann und wird von einem Mann begehrt«, sagte William.
»Kein Wunder. Die Mädchen wurden von Knaben gespielt. Frauen durften nicht auf die Bühne«, sagte Kitty kichernd.
Ihr Bruder schlüpfte ins Bett zurück: »Kommt doch, Kitty und Coleen. Es ist gerade so kuschelig.«
»Du verläßt dieses Zimmer und das Haus für immer, du elender Narr«, steigerte sich Coleen wieder in seine Wut. »Oder ich verzichte auf Kitty. Für immer.«
»Geh, William, du hast deinen Spaß zu weit getrieben! Wir sind keine unschuldigen Kinder mehr.«
»Jetzt, mitten in der Nacht, werft ihr mich aus dem Haus. Das ist grausam.«
»Er oder ich«, forderte Coleen.
»Er natürlich«, sagte Kitty und befahl ihrem Bruder, zu gehen.
Dann versperrte sie die Tür zu ihrem Schlafraum und schlüpfte zu Coleen.
»Du schwitzt ja«, stellte
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