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Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition)

Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. J. Preyer
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sie fest.
    »Ach Kitty. Er sieht dir zu ähnlich. Komm!«
    »Bist du dir sicher, daß ich nicht William bin?«
    »Das ist mir im Moment egal.«
     
    Laut vor sich hin singend fuhr William Wolseley auf seinem Fahrrad die zehn Meilen zu seinem Studio in Kineton. Von einer Erbschaft, die Kitty und ihm zugefallen war, hatte er die Gärtnerei in dem idyllischen Dorf gekauft. Im Glashaus malte er seine Bilder und studierte seine Rollen. William Wolseley wollte Schauspieler werden, wie sein Vater, den er für seine Kunst bewunderte und haßte. Am liebsten las und spielte er Shakespeare und ließ sich von dessen Stücken zu abstrakten Ölgemälden inspirieren. Ein herrliches Leben. Er hatte genug Geld, seine Phantasien umzusetzen.
    Phantastisch, wie er Coleen verwirrt hatte. Diesen jungen Greisen schien alles auf der Welt klar und vorgegeben zu sein. Sie waren so leicht aus dem Konzept zu bringen, weil sie keine Ahnung von irgend etwas hatten.
    Welcher Reichtum an Erfahrungen steckte in den Stücken, die Shakespeare zugeschrieben wurden! Ein Dichter, am Leben gereift, der nichts, aber schon gar nichts ausgelassen hatte.
    William zündete die Kerzen an, deren Licht von den Scheiben des Glashauses und einem großen, goldgerahmten Spiegel reflektiert wurde. Er hatte begonnen, sich trotz der Kälte zu entkleiden und seinen Körper schwarz zu schminken, vom Kopf bis zu den Zehen. Sein langes blondes Haar verbarg er unter einer schwarzen Perücke, so daß er der dunklen, lebensgroßen Puppe glich, die an einem Henkerstrick baumelte. Vorsichtig hob er sie aus der Schlinge und zog sie an sich heran.
    »Mein armer Tom«, sagte er zu der Puppe und küßte sie auf den Mund. Dann deklamierte er die Verse des Edgar aus König Lear, der, getarnt als verrückter Tom, seinem Vater folgt, um ihn zu beschützen:
     
    »Verfolgt von uns'res Feindes wilder Meute,
    verbarg ich mich in dieses Baumes Höhle,
    entkam der Jagd, doch weiß nun nicht wohin,
    denn Meer und Hafen, Feld und Wald und Flur
    bewacht der Feind. Ich kann mich tarnen nur
    als schmutzig, wilder, irrer Mann voll Dreck,
    verabscheut, nackt, dem wilden Tiere gleich.
    Wie Bettler, die mit ihrer heisern Stimm
    Almosen flehen, sich mit Nadeln stechen,
    die beten, schrei'n und böse Flüche sprechen.
    Und ich erwecke Mitleid als der arme Tom.
    Als Edgar käm ich lebend nicht davon.«
     
    Bei den letzten Versen ließ er die Puppe auf den Boden gleiten und legte sich auf sie.
    Als es ihm doch zu kalt wurde, erhob er sich, löschte die Kerzen, hüllte sich in einen dunklen, weichen Pelzmantel und entschwand in die Finsternis.
     
    Wenig später betrat eine dunkle Gestalt das Glashaus und stieß der auf dem Boden liegenden Puppe ein Messer in die Brust. Dann verschüttete sie Benzin aus einem Kanister. Das Feuer, das Glashaus und Haus zerstörte, war bis nach Stratford zu sehen.
     
    »Wir hatten noch nie so, wie soll ich sagen, zielgerichtete Morde in unserer Gegend«, meinte Constable Andrew Caine von der Polizeistation in Stratford. »Die Leute, die hinter diesen Verbrechen stehen, wissen, was sie wollen und wie sie das erreichen. Höchst professionell und skurril zugleich. Werfen Sie einen Blick auf diese Bilder!«
    Der Polizist schob Sherlock Holmes Fotos der Brandruine des Hauses von William Wolseley über den Schreibtisch.
    »Wenn ich Sie richtig verstehe, Mr. Holmes, ermitteln Sie im Todesfall des Arztes, der im Hotel verbrannt ist«, erkundigte er sich bei Holmes.
    Dieser trank das Glas Sherry aus, das ihm der Constable angeboten hatte, und nickte.
    »Die Explosion war derart heftig, die Temperaturen des Brandes waren so hoch, daß wir von diesem Doktor Watson keine Spur außer Asche fanden. Dasselbe trifft zu für das bedauernswerte Zimmermädchen, das dem Mann das Frühstück bringen wollte und die Explosion auslöste. Im Falle des jungen Mr. Wolseley wurde Benzin verwendet, um den Brand zu legen. Auch von ihm blieb nichts als Staub und Asche. Unser aller Schicksal.«
    »Welche Spuren haben Sie in den Branding-Fällen?«, erkundigte sich der Detektiv trocken.
    »Sie meinen in den Fällen, in denen den Mordopfern Sprüche von Shakespeare in die Haut gebrannt wurden?«, fragte Andrew Caine.
    »So ist es.«
    »Nun. Wir glauben nicht, daß ein Wahnsinniger dahinter steckt. Dafür ist die Planung und Ausführung der Taten zu intelligent. Es muß etwas mit dem Theater, mit Shakespeare, zu tun haben. Die Sprüche stammen allesamt aus Titus Andronicus, einem Stück, das in dieser

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