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Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Walter
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und unter ihrem Mantel einen Tweed-Anzug mit Hosen im Knickerbocker-Schnitt, wie sie von Velocipedisten getragen werden. Ihre Staubbrille hatte sie in die Stirn geschoben. Sie schüttelte uns nach Herrenart die rechte Hand. In der linken hielt sie ein Paar gefütterter Lederhandschuhe. Holmes stellte mich vor.
    »Verzeihen Sie meinen Aufzug, meine Herren«, erklärte sie. »Ich komme gerade von einer kleinen Ausfahrt zurück.«
    »Sie fahren regelmäßig selbst, wie ich sehe«, meinte Holmes. »Und das bei diesen Temperaturen? Respekt!«
    »Ja, ich habe neuerdings einen Daimler-Riemenwagen. Aus Deutschland. Haben Sie mich schon einmal fahren sehen?«
    »Aber nein, Mylady, ich sehe lediglich die schadhafte Stelle außen am rechten Ärmel Ihres Mantels und das Öl an Ihren Fingerspitzen. Niemand, der einen Chauffeur beschäftigt, würde so aussehen. Sie starten, was sicherlich ungewöhnlich für eine Dame ist, Ihren Motorwagen selbst mit der Kurbel, wobei Sie Ihren Mantelärmel abgewetzt und wohl auch ein wenig schmutzig gemacht haben, und das Öl auf Ihren Fingerkuppen dürfte vom Einstellen einiger Ventile stammen. Aktuell ist Ihr Gesicht schmutzig mit Ausnahme der Augen, die von Ihrer Staubbrille geschützt waren. Ganz einfach!«
    »Ich habe bereits von Ihren Adleraugen gehört. Was führt Sie zu mir?«
    Holmes erläuterte unser Anliegen. Wir hätten, erklärte er, von der Motorbegeisterung der Familie gehört und wir wollten uns selbst ein Bild machen, um die peinliche Angelegenheit mit Father Christmas und den Diamanten aus der Welt zu schaffen.
    »Ja, wir sind begeistert von der modernen Technik«, bestätigte die junge Lady. »Mit Ausnahme meines Bruders Richard, der nur seine Wohltätigkeit im Kopf hat. Cedric aber besitzt einen Zwei-Zylinder-Lanchester. Sogar mit Dach. Das Auto, das in diesen Vorfall ... verwickelt war.«
    »Und Sie? Nur diesen Daimler-Riemenwagen aus Deutschland?«
    »Ja. Er ist viel schneller als der Wagen meines Bruders. Hat einen Spritzdüsenvergaser.«
    »Spritzdüsenvergaser«, sagte ich, »natürlich!« Keine Ahnung, wovon die Frau sprach.
    »Ja, einen Spritzdüsenvergaser. Aber kein Dach. Der Lanchester ist da komfortabler.«
    Im Nu hatte sie uns mit zahllosen technischen Details überschüttet, von denen ich absolut nichts verstand. Ich sah mir währenddessen die Bilder an der Wand an. Eines war ein Renoir, wenn ich nicht irrte, oder zumindest ein Werk in seinem Stil.
    Holmes, der sich für seltsame Informationen aller Art brennend interessierte, hörte lange zu. Schließlich unterbrach er die Lady. »Ich bewundere Ihre technischen Kenntnisse.«
    »Ich selbst fuhr bis vor kurzem ebenfalls einen Lanchester.«
    »Bis vor kurzem?«
    »Ja. Ich hatte einen kleinen ... einen Unfall damit. Mein Chauffeur meinte, er sei nicht mehr zu reparieren und beschaffte mir, bevor ich ihn entließ, meinen jetzigen Motorwagen. Er kannte den Hersteller.«
    Wäre Holmes ein Hund gewesen, hätte er jetzt die Ohren aufgestellt. »Was ist mit Ihrem Chauffeur?«
    »Entlassen, wie ich schon sagte. Er meinte, der Unfall läge an meinem Fahrstil, und ich hätte nicht das nötige Fingerspitzengefühl für Maschinen. Eine Bemerkung, die ihm nicht zustand. Zumal sie völlig falsch ist. Ich fahre nur gerne zügig. Ohne einen Flaggenmann, was auf dem Lande ja ohne Weiteres möglich ist.«
    »Wo ist dieser Chauffeur jetzt?«
    »Er besitzt eine kleine Reparaturwerkstatt irgendwo im Osten Londons. Schade eigentlich. Er ist fast so etwas wie ein Genie. Hat einen sechsten Sinn für Motoren. Aber er war untragbar. Reizbar. Launisch. Rechthaberisch. Rachsüchtig. Ein echter Deutscher eben!«
    »Ein Deutscher?«
    »Ja. William Master. Hat sein Handwerk bei Gottlieb Daimler in Deutschland gelernt, ist dann aber ausgewandert.«
    Holmes, Frauen gegenüber sonst eher ungeduldig, fand reizende Dankesworte und brachte abschließend die Hoffnung zum Ausdruck, irgendwann einmal in den Genuss einer Ausfahrt mit dem Daimler-Riemenwagen zu gelangen. Die junge Lady schien nicht abgeneigt, versprach aber nichts und entließ uns gnädig.
    Beim Hinausgehen wandte sich Holmes noch einmal um. »Ach, sagen Sie, Mylady, was ist aus dem havarierten Lanchester geworden?«
    »Keine Ahnung. Mr. Master hat ihn abholen lassen. Ich habe nicht gefragt, was er damit gemacht hat.«
    »Ich danke Ihnen aufs Herzlichste. Leben Sie wohl!«
    Auf dem Heimweg war Holmes bester Stimmung. Er erzählte mir etwas über das heroische Moment in deutschen Opern, aber

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