Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)
Master, wandte sich um und schien uns die Tür aufhalten zu wollen. Stattdessen schlug er sie zu und legte von innen einen Riegel vor.
»Sofort zwei Mann hinten herum!«, kommandierte Lestrade. »Der entkommt uns nicht!«
Er entkam uns nicht. Einige Minuten später saß er mit Handschellen gefesselt auf einem Stuhl in seiner Werkstatt.
»Ich verhafte Sie wegen eines Raubüberfalls zu Ungunsten von Juwelier Lobkowicz«, bellte Lestrade.
William Master nickte nur traurig.
Ein gepackter Koffer stand mitten in der Werkstatt, die Diamanten waren darin. Ebenfalls in der Werkstatt lagen ein nasses Fischernetz mit gläsernen Kugeln und allerlei andere Gerätschaften. Das Fischernetz hatte Billy draußen über dem einen der vor sich hin rostenden Motorwagen auf dem Hof liegen gesehen.
»So, Mr. Holmes, jetzt sind Sie dran, alles zu erklären!«
Das ließ sich mein Freund nicht zwei Mal sagen. »Die Sache ist ganz einfach. Der Radius der Motorwagen ist relativ beschränkt. Weit kann man mit ihnen nicht fahren. Man muss Kraftstoff einfüllen, und den gibt es meist nur in Apotheken. Dr. Rambletoe, Richter Pringsley und Mr. Ffolkes wohnen aber zu weit entfernt, als dass sie in Frage kämen. In der Nähe wohnen lediglich der Schauspieler James St. John-Smythe und Lord Cedric. Mr. St. John-Symthe ist absolut unverdächtig und sowohl sein Wagen als auch der von Lord Cedric haben eine völlig andere Farbe als derjenige, den Mr. Lobkowicz beschrieben hat.
Den Schlüssel zur Lösung des Falles lieferte Lady Amanda Linkley mit ihrem Hinweis auf den deutschen Mechaniker, der früher als Chauffeur bei ihr angestellt war und der ihren kaputten Lanchester hatte abtransportieren lassen. Mr. William Master. Ursprünglich sicher Wilhelm Meister. Hatte Ihr Herr Vater ein Faible für Goethe, Mr. Master?«
Master nickte stumm.
»Mr. Master hat den kaputten Wagen hierher bringen lassen und ihn offenbar wieder instand gesetzt. Da drüben unter der Plane steht er, wie Sie sich gerne überzeugen können. Vielleicht wollte er ihn weiterverkaufen. Als er entlassen wurde, sann er auf Rache. Er wusste, dass Richard Linkley ebenfalls einen Lanchester fuhr, und das wollte er sich bei seinem Racheplan zunutze machen. Deshalb malte er goldene Streifen und das Wappen von Lord Cedric auf den Wagen. Die Farbe wird noch irgendwo hier herumstehen. Die Entlassung hatte ihm wohl Geldschwierigkeiten beschert. Stimmt's, Wilhelm Meister?«
Der nickte erneut.
»Mein Bruder Mycroft brachte für mich in Erfahrung, dass Wilhelm Meister aus Danzig stammt, wo Mr. Lobkowicz eine Filiale seines Edelsteinhandels besitzt. Deshalb dürfte er Meister in London aufgefallen sein. Wilhelm Meister kannte durch seinen Dienst bei Amanda Linkley die wohltätigen Neigungen ihres Bruders Richard und beschloss, ihm einen Raubüberfall in die Schuhe zu schieben, indem er den Anschein erweckte, als würde Richard Linkley unter Zuhilfenahme seines eigenen Motorwagens Verbrechen verüben.
Er hatte die Idee mit dem Father Christmas. Das ist ursprünglich eine deutsche Figur, der böse Niklas in einer Versgeschichte von Dr. Heinrich Hoffmann. Er taucht die bösen Buben in ein Tintenfass. Der Nikolaus dagegen bringt am 6. Dezember den braven Kindern Apfel, Nuss und Mandelkern. Meister hatte eine Ahnung, dass der ›Father Christmas‹ wohl eine gute Verkleidung wäre. In Danzig ist übrigens die Kenntnis des Polnischen weit verbreitet. Wilhelm Meister konnte nicht widerstehen, Mr. Lobkowicz in dieser Sprache anzusprechen. Wahrscheinlich war das Heimweh einfach zu groß.«
Meister nickte wieder. Holmes dozierte weiter. »Die Beute ließ er sich in einen Sack schütten. Dieser Sack enthielt außer fünf Salzsteinen auch Glaskugeln aus einem Fischernetz. Als er nach Hause kam, steckte er das Father-Christmas-Kostüm dazu und warf alles einfach in den Brunnen. Selbst wenn ihn jemand verfolgt hätte, hätte dieser Verfolger auch bei gründlicher Suche nichts Verdächtiges mehr in der Werkstatt vorgefunden. Korrigieren Sie mich, wenn ich irre, Herr Meister.« Da Meister nicht das Geringste korrigierte, fuhr Holmes fort: »Salz löst sich bekanntlich im Wasser auf, was den Durst unseres guten Dr. Watson erklärt, der davon getrunken hat. Ich war so frei, ein kleines Experiment anzustellen, welches allerdings leider dem Goldfisch meines lieben Freundes das Leben kostete. Danach wusste ich, wie lange fünf Salzbriketts in etwa brauchen, um sich weitgehend aufzulösen. Das sollte nach meinen
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