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Sherry Thomas

Sherry Thomas

Titel: Sherry Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine fast perfekte Ehe
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Biarritz oder Aix-les-Bains einfand, wohnte er mit seiner Familie in
der Wintervilla irgendeines Bekannten in Nizza. Im Winter ging es dann in die
andere Richtung. Nur manchmal blieben sie etwas länger an einem Ort: nämlich
dann, wenn ein Haus leer stand, weil sein Besitzer zu irgendeinem wilden
Abenteuer aufgebrochen war. Zum Beispiel als Cousin Konstantin Athen verlassen
hatte, um in Argentinien Geschäfte zu machen. Oder als Cousin Nikolai für zwei
Jahre nach China gereist war.
    Mit dreizehn Jahren hatte Camden das
Ruder im Haushalt übernommen. Damals besaß er schon einige Erfahrung im
Umgang mit Gläubigern und Dienstboten und lernte im Eiltempo jede neue Sprache,
damit er mit den ansässigen Krämern verhandeln konnte. Es machte ihm nichts
aus, arm zu sein, aber er hasste es, deswegen lügen zu müssen, sich zu
verstellen und Versteck zu spielen, damit seine Eltern weiterhin in seliger
Unwissenheit leben durften, was ihre prekäre Finanzlage betraf.
    Da war es eine solche Erleichterung
gewesen, mit Theodora zusammen zu sein. Sie hatten einander in St. Petersburg
kennengelernt, wo ihre Mütter sich eine Troika geteilt hatten. Er war damals
fünfzehn gewesen, sie sechzehn. Wie er war sie arm und lebte an den schönsten
Orten – zur jeweils falschen Jahreszeit. Ohne darüber reden zu müssen,
verstanden sie den Schmerz des anderen.
    Allerdings hielten ihn heute nicht
seine Gedanken an Gräfin von Schweppenburg wach, sondern die an Miss Rowland.
    Bevor sie sich überhaupt begegnet
waren, hatte er schon fast damit gerechnet, dass Miss Rowland ihm vorschlagen
würde, seinen Titel mit ihrem Vermögen zu verheiraten. Außerdem hatte er
erwartet, dass es ihm bitter schwer fallen würde, all diese Geldtürme aus
Pfund Sterling abzulehnen, nachdem er sie sein ganzes Leben lang entbehren
musste.
    Was er allerdings ganz und gar nicht
hatte kommen sehen, war Miss Rowland selbst. Diese junge Frau war bemerkenswert
unsentimental, hart und zynisch – aber am grausamsten benahm sie sich gegenüber
sich selbst. Danke der Nachfrage, ihr ging es ganz und gar ausgezeichnet,
solange sie nur einen willenlosen verarmten Duke zum Altar schleppen konnte.
    Da erstaunte es schon, dass man der
ansonsten stets kühl kalkulierenden und wenn nötig auch intriganten Miss
Rowland heute Abend derart deutlich angemerkt hatte, dass seine Ablehnung sie
nicht lediglich enttäuschte, sondern wirklich unglücklich machte – und zwar
weil sie ihn mochte.
    Und er mochte sie ebenfalls. Wie
sollte er auch ein Mädchen nicht mögen, das ihn ganz offen einen »verarmten
Niemand« genannt hatte? Ihre Ehrlichkeit war erfrischend und höchst
willkommen nach all den vorsichtig geführten Unterhaltungen und wohl gewählten
Worten in seinem Leben. Bisher hatte niemand außerhalb seiner Familie die
Dinge beim Namen genannt, und auch er selbst war stets auf der Hut.
    Allerdings war es die in ihr
schlummernde Erotik, die ihn zu dieser unchristlichen Stunde wach hielt.
    Sie hatte ihn berühren wollen. Ihr
Begehren sprach aus jedem ihrer Blicke, mit denen sie ihn bedachte. Sobald
unsere Ehe vollzogen ist, müssen Sie mich nur besuchen, wenn Sie einen Erben
wünschen. Die Kleine mochte noch Jungfrau sein, aber sie war weder
rein noch unschuldig. Sie wusste genau Bescheid über diese Dinge.
    Ihre Entschlossenheit und Energie
machten sie im Bett bestimmt zu einem Naturereignis. Ein Mann, der einmal das
Vergnügen mit ihr gehabt hatte, konnte sicherlich nicht einfach das
Schlafzimmer verlassen und sie vergessen. Ganz im Gegenteil, ganz gleich, wie
erschöpft er danach auch sein mochte, er würde nur daran denken, wie er Miss
Rowland wieder dazu bekam.
    Nach Stunden fiel Camden endlich in
einen unruhigen Schlaf. Dann aber war er plötzlich wieder hellwach. Aus
Gewohnheit hatte er die Vorhänge und Fensterläden offen gelassen, damit er beim
Hinausschauen gleich feststellen konnte, in welchem Land und welcher Stadt er
sich befand. Der Schneesturm war offensichtlich vorbei; silbriges Mondlicht
fiel ins Zimmer und erleuchtete es, sodass man bis zur Tür sehen konnte. Dort
stand eine Frau in einem langen Nachthemd. Zwar konnte er ihr Gesicht nicht
erkennen, dennoch wusste er, dass es Miss Rowland war – der man den ganz und
gar unpassenden kindischen Kosenamen Gigi gegeben hatte.
    Das Landhaus der Rowlands war
natürlich nicht so großartig wie das herzögliche Anwesen Twelve Pillars,
dennoch musste es hier sechzig, siebzig Zimmer geben. Ihn hatte man in einem
anderen

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