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Sherry Thomas

Sherry Thomas

Titel: Sherry Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine fast perfekte Ehe
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ihrem inzwischen kalt gewordenen Tee, als er in Reithosen und
vom Wind zerzausten Haar plötzlich neben ihr stand.
    »In ein paar Wochen sollten wir wohl
wissen, ob die letzte Nacht irgendwelche Folgen haben wird«, sagte er
unvermittelt.
    »Das denke ich auch.« Gigi
schaute wieder in ihren Tee. »Falls es keine gibt, bin ich dann frei für
Freddie?«
    »Falls es welche gibt, wirst du dann
immer noch darauf bestehen, ihn zu heiraten?«
    »Dann ...« Sie konnte kaum
weitersprechen, ihre Kehle schien wie zugeschnürt. »Dann halte ich mich an
meinen Teil unserer Abmachung und erwarte umgekehrt dasselbe von dir.«
    Er lachte kalt, umfasste ihr Kinn
und zwang sie, ihn anzusehen. »Bleibt nur zu hoffen, dass Lord Frederick seine
Entscheidung nicht eines Tages bereut. Deine Liebe ist wahrhaft
fürchterlich.«

Kapitel 24
    5. Juni 1893
    »Nein, nein, die auf keinen Fall. Gib mir
stattdessen die grüne«, befahl Langford und knöpfte die weinrote Weste
auf. Es war schon die dritte, die er heute anprobiert hatte, bevor er sie
seinem Kammerdiener zurückgab.
    Aus dem Spiegel schaute ein Herr in
mittleren Jahren mit finsterem Blick den Duke an. Er war nie ein wirklich gut
aussehender Mann gewesen, aber in seiner Jugend hatte er doch Eindruck
gemacht, war stets perfekt gekleidet und frisiert gewesen und nur mit den
schönsten Frauen am Arm gesehen worden.
    Nach fünfzehn Jahren auf dem Land
hatte er sich nun allerdings in einen Tölpel verwandelt. Seine Garderobe war
zehn Jahre hinter der Mode zurück. Er hatte vergessen, wie man das Haar mit Pomade
richtig in Form brachte. Und wie man eine Frau verführte, wusste er ebenfalls nicht mehr, das stand
zumindest stark zu vermuten. Verführung war eine Kopfsache. Einem Mann, der
Selbstsicherheit ausstrahlte, fraßen die Frauen aus der Hand. Ein Mann, der
das nicht zuwege brachte, musste sich mit Tauben begnügen.
    Dummerweise war er im Augenblick aus
zahlreichen Gründen der Mann für die Tauben, hatte aber leider trotzdem Mrs.
Rowland zum Tee gebeten – zum Tee! Als wäre sie eine leicht zittrige alte Dame,
die sich auf ein paar Kekse und saftigen Klatsch freute!
    Oder – und das war eigentlich viel
schlimmer – als wäre er selbst irgendein hoffnungsloser Romantiker, der die Uhr
um dreißig Jahre zurückstellen wollte.
    Der Kammerdiener kehrte mit einer
dunkelgrünen Weste zurück, deren Farbe an ein dicht bewaldetes Tal erinnerte.
Langford schlüpfte hinein und war fest entschlossen, sie auf jeden Fall
anzubehalten, ganz gleich, ob er darin nun wie der Prinz oder der Frosch
aussah. Tatsächlich ähnelte er keinem von beiden. Der Spiegel zeigte ihm einen
gleichermaßen besorgt und verunsichert wirkenden Mann, der sich nicht unbedingt
gehen lassen, aber andererseits auch nicht wirklich in Form gehalten hatte.
    Das musste für den heutigen Tee wohl
gut genug sein.
    Exakt zwei Minuten nach fünf hielt
Mrs. Rowlands Landauer vor dem Eingang von Ludlow Court. Unter ihrem
Sonnenschirm wirkte sie so zerbrechlich und hübsch wie eine Teetasse der
Königin. Das Kleid aus cremefarbenem und hellblauem Stoff, das sie ausgewählt
hatte, gefiel ihm. Die zarten Farben, die sie meist trug, die Farben eines
ewigen Frühlings, wären ihm früher zu seinen wilden Zeiten in London nicht
edel genug gewesen – falls ihn denn jemand danach gefragt hätte.
    Er begrüßte sie persönlich und
reichte ihr die Hand, um ihr beim Aussteigen zu helfen. Das überraschte sie
offensichtlich, verunsicherte sie aber auch. Gut, dann waren sie ja schon
zwei.
    »Ich habe Sie vor ein paar Wochen
besucht, Eure Gnaden« , erklärte sie halb schüchtern, halb
herausfordernd. »Sie waren aber nicht da.«
    Ihnen beiden war natürlich
vollkommen bewusst, dass er sehr wohl daheim gewesen war. Doch nur er wusste,
dass er sie von einem Fenster im obersten Stock schockiert und fasziniert
zugleich beobachtet hatte. »Wollen wir nun den Tee nehmen?«, fragte er und
reichte ihr den Arm.
    Für den Landsitz eines Dukes war
Ludlow Court ein ausgesprochen bescheidenes Anwesen. Vor langer Zeit, in seinen
Zwanzigern, war Langford einmal nach Blenheim Palace eingeladen worden. Als
seine Kutsche auf das riesige Gebäude zurollte, hatte ihn ein ungeheures
Gefühl von Minderwertigkeit überwältigt. Im Vergleich mit dem Stammsitz der
Marlboroughs war der seiner Familie ein etwas zu groß geratenes Cottage.
    Die Fassade von Blenheim Palace
stellte sich schnell als ebendies heraus – als eine Fassade oder, genauer
gesagt, eine Illusion.

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