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Shevchenko, A.K.

Shevchenko, A.K.

Titel: Shevchenko, A.K. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein fatales Erbe
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heimlichen Gatten an.
Niemand außer Vater Pawel wusste, dass sie drei Jahre zuvor in Perowo
geheiratet hatten.
    Jetzt blickt Graf Rasumowski aus dem Fenster und bewundert
die Reitkunst seiner Frau. Was für eine gute Reiterin sie ist, was für eine
kluge Frau! Warum wollte sie, dass er ihr den Brief vorliest? Weiß sie von der
Verbindung? Prüft sie ihn? Er verliert an Einfluss, und zwar rasch.
    Zuerst lachte nach dem unseligen Besuch seiner Mutter der
ganze Hof über ihn. Als die Ärmste sich in einem großen Spiegel erblickte -
festlicher gekleidet als sonst, mit Rouge und Puder geschminkt -, hatte sie
sich für die nahende Kaiserin gehalten und war auf die Knie gefallen.
    Und nun die täglichen Besuche von Wanka Schuwalow, einem
attraktiven jungen Widerling, bei der Zarin. Oft brachte er einen seiner
Onkel mit, Pjotr Schuwalow, den gefährlichsten Mann im ganzen Reich. Alexej
zog der Politik die Religion vor, und jeder bei Hof wusste, dass er sich nie
auf Klatsch und Intrigen einließ, doch selbst er sah, dass diese Verbindungen
gefährlich waren. Olexij Rozum hat immer gewusst, dass ihn seine einfache Herkunft
eines Tages einholen wird.
    Er schaut wieder aus dem Fenster. Das Pferd seiner Frau
galoppiert, sie gleitet aus dem Sattel, schafft es aber gerade noch, sich
festzuhalten.
    Graf Rasumowski kann es sich nicht leisten, aus dem Sattel
geworfen zu werden.
    Er wird einen Trupp Dragoner damit beauftragen, Sofia an
der Grenze zu verhaften und sie nach St. Petersburg zu eskortieren. »Zumindest
wird sie bei Soldaten, die unter meinem Befehl handeln, in Sicherheit sein«,
denkt er, »und dann helfe ich ihr, nach Hause zurückzukehren.«
    Er wendet sich an Jegorow, seinen Privatsekretär: »Bitte
schreiben Sie an unseren Botschafter in London und weisen Sie ihn an, dieses
Mädchen genau im Augen zu behalten.«
    Auf einen Extrazettel schreibt er: Ich stelle
sie unter Ihren Schutz. Wird von mir persönlich befragt. Er bittet
seinen Privatsekretär, dem Botschafter diesen Zettel zusammen mit dem Brief zu
übergeben.
    Jegorow findet den Zettel merkwürdig. Ziemlich verdächtig
sogar. Er hat diesem Feldmarschall noch nie über den Weg getraut. Ein
ukrainischer Kosak als Liebhaber der Kaiserin? Gerüchte besagen, dass sie
vielleicht sogar verheiratet sind!
    Da ist ihm Wanka Schuwalow viel lieber - jung,
intelligent, und er bestiehlt die Kaiserin noch nicht. Ein äußerst seltenes
Verdienst bei Hof! Alle stehlen hier, selbst der alte Graf Panschin wurde
kürzlich in der Nähe der Küchenräume erwischt, wie er in seinem Hut Geldscheine
vom Spieltisch an seinen Diener übergab! Nein, Schuwalow ist da ganz anders.
Schuwalow ist der Herr, den er sich eigentlich wünscht. Es kann nicht falsch
sein, ihn über Rasumowskis Entscheidungen zu informieren. Außerdem: Da er im
Interesse der Kaiserin arbeitet, kann man das kaum als Verrat bezeichnen. Oder
doch, weil Geld im Spiel ist? Jegorow schickt Rasumowskis Zettel nicht mit dem
Brief an den Botschafter. Stattdessen steckt er ihn in einen an Iwan Schuwalow
adressierten Umschlag und übergibt den seinem Diener. Dann entschließt er sich
zu einem kurzen Gang durch die Küchenräume: Da gestern Abend beim Ball
dreihundert Gedecke serviert wurden, sind bestimmt noch ein paar Portionen
jenes köstlichen Schokoladengebräus übrig, das der neue französische Chefkoch
zubereitet hat. Er kocht ausgezeichnet, auch wenn er für Jegorows Geschmack zu
sehr Franzose ist. Er besteht sogar auf dem französischen Begriff für seine
Süßspeisen - er nennt sie Desserts.
     
    Taras wendet die letzte Seite des Berichts der
Geheimpolizei um. In Folge der Verhaftung der dewiza Sofia
Polubotok können wir Folgendes berichten ... Kommandant der Dragoner, Alexander
Morosow.
    »Guten Morgen, in Moskau ist es 5.00 Uhr. Ich
bin Irina Strelnikowa ...«, sagt das Radio, doch Taras hört
nicht hin.
    Sein Blick ruht auf den letzten Zeilen des Berichts, er
liest sie noch einmal gründlich und sieht ganz klar, was als Nächstes passieren
wird. Nicht mit Sofia, sondern mit Kate.
    »Sie war nur eine Mitreisende«, hat er mit fester Stimme
gesagt, als Karpow ihm die Flughafenfotos gezeigt hat, und sein Boss schien ihm
zu glauben. Wie viel wissen sie schon über sie? Flugdetails, Name,
Telefonnummer?
    Taras öffnet die Küchenschublade, ohne aufzustehen - eine
so kleine Küche hat den Vorteil, dass alles in Reichweite ist -, und zieht ein
Stück Papier hervor. Sehr, sehr lange betrachtet er das abgerissene

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