Shevchenko, A.K.
später dann, in den fünfziger
Jahren des vorigen Jahrhunderts, eine geheime KGB-Expedition - sie alle suchten
die Region Chanty-Mansijsk nach diesen Münzen ab. »Da sich die Taiga über Tausende
von Kilometern erstreckt, können die noch hundert Jahre lang suchen«, befand
Taras und stufte diese Akte deshalb als Öffentlich zugänglich ein.
Die Akte über den rumänischen Goldzug, der 1917 während
der Revolution verschwand, hatte wenigstens ein Happy End. Irgendjemand, der
sich vor Taras damit beschäftigt hatte, hatte in großen Blockbuchstaben FALL
ABGESCHLOSSEN auf den Deckel gekritzelt und dann, auf Englisch, Three
Times Lucky, Taras weiß, warum. Das Gold wurde gefunden und in
drei Portionen - 1934, 1948 und schließlich 1964 - an
Rumänien zurückgegeben, insgesamt vierundzwanzig Fässer.
Der spannendste Fall war natürlich Schliemanns Gold. Das
waren die Schätze von Troja, die die Rote Armee nach dem Krieg aus Deutschland
hierher gebracht hatte. Er kann sich noch gut an den Ordner erinnern. Er
verhieß Reisen, Action, Beförderung. Taras präsentierte Karpow seinen Fund und
wurde daraufhin sogar in ein Team eingebunden, das die Rückkehr des Goldes nach
Deutschland als Goodwill-Geste plante. Aber irgendjemand ganz oben traf die
weise Entscheidung, dass Goodwill-Gesten nicht allzu großmütig ausfallen
sollten. Zweifellos sind die Schätze im Grunde unbezahlbar, aber deshalb noch
lange nicht kostenlos. Und so endete der Plan mit einem Ersatzgeschenk. Der größte
Teil der Schätze verblieb in Russland und wird dort in einer großzügigen
Ausstellung präsentiert, die überall Station macht. Zurzeit läuft sie im
Puschkin Museum - Taras hat die Plakate gesehen. Nein, alles hat viel früher
angefangen, noch bevor er sein Studium begann. Vielleicht damals, Anfang Juni,
am Ende seines Wehrdienstes, als er gerade zwanzig wurde. Endlich hatte er das
alles hinter sich - die feuchte fernöstliche Hitze, die Schikanen und die ölige
Hirse. Zwei Jahre, zwei elende Jahre - in einem Alter, in dem er sein Leben
eigentlich hätte in vollen Zügen genießen sollen. Aber schließlich mussten das
die meisten jungen Sowjetbürger durchmachen, wenn sie nicht einflussreiche
Eltern hatten, die ihnen eine Freistellung aus
Gesundheitsgründen veschafften, sobald sie achtzehn
wurden. Selbst die unbesiegbaren Moskitos änderten nichts an der Feierstimmung
derer, die den dumpfen Geruch des Panzerdiesels schon bald mit dem muffigen,
verschwitzten Gestank eines Zugwaggons vertauschen durften, der sie nach Hause
brachte. Taras wurde zu Oberst Serow, dem Kommandanten des Panzerregiments,
gerufen. Der Oberst trank seinen mit Kognak versetzten Tee, und sein Gesicht
glühte noch mehr als sonst. »Nun, Gefreiter Petrenko«, seine Stimme war voll
väterlicher Sorge, »welche Pläne haben Sie denn für die Zukunft?«
»Ich werde drüber nachdenken, wenn ich zu Hause bin«,
antwortete Taras, verwirrt, dass sein Kommandant so freundlich zu ihm war.
»Um im Leben etwas zu erreichen, muss man fleißig lernen.«
Der Oberst hatte stets eine dieser gönnerhaften Phrasen parat. Er wandte sie
täglich an, bei den einfachen Soldaten ebenso wie bei den Offizieren. »Und wir
könnten Ihnen helfen, einen Studienplatz zu kriegen. Was sagen Sie dazu?«
Erst jetzt begriff Taras, warum er in der Wir-Form sprach.
Es war noch ein dritter Mann im Büro, ein Major, der bisher noch nicht das
Bedürfnis gehabt hatte, sich dem Soldaten vorzustellen. Taras war verblüfft.
Warum wollte ihm der Oberst helfen? Zumal nach den Ereignissen der letzten Zeit
... Einerseits lag Taras nicht besonders viel an einem Studium, andererseits,
was sollte er sonst tun? Wieder ein Dorfleben führen, dessen größte Abwechslung
eine samstagabendliche Prügelei unter Besoffenen war? Nein, er wollte ein
Sieger sein, und wenn er studieren musste, um ganz nach oben zu kommen, dann
würde er es probieren. Taras brachte ein dankbares Lächeln zustande. »Ich würde
es sehr zu schätzen wissen, wenn mir die Armee bei der Ausbildung helfen
könnte, Genosse Oberst.«
»Das werden wir, Taras.« Zum ersten Mal in diesen zwei
Jahren nannte ihn Serow beim Vornamen. »Allerdings würde dies auch von Ihrer
Seite eine gewisse Verpflichtung erfordern. Sie müssten einer militärischen
Organisation beitreten und Ihre staatsbürgerlichen Pflichten erfüllen.
Verstehen Sie, was ich meine?« Ah. Jetzt verstand er. Man rekrutierte ihn
gerade für den KGB, hatte ihn aufgrund seiner Kraft und
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