Sheylah und die Zwillingsschluessel
wiederzukehren, dachte Sheylah. Sie verabschiedeten sich von den alten Anführern Mondingo und Tobus, die sie nicht begleiten würden, ihnen dafür aber ihre Truppen überließen. Anders als Medäha, die Amazonen-Prinzessin, die Sheylah im Kampf unterstützen würde. Zum Schluss nahm Sheylah Narcisia in die Arme, die ebenfalls in Basa zurückblieb, denn anders als ihre Geschwister war sie keine Kriegerin und hätte deshalb nicht viel beitragen können. Arlindinho, der als großer Kriegsheld gefeiert war, würde die gesamte Truppe anführen.
Der Plan war, dass sie sich alle zusammen auf den Weg zum Totengebirge machten und dort trennten. Sheylah und ihre Freunde würden über das Gebirge nach Guanell schleichen, während sich die Basakrieger am Fuße der Dunkelberge mit den Torgern trafen, um Morthons Kreaturen anzugreifen. Wenn es doch nur so einfach wäre, wie es sich anhörte, denn Sheylah glaubte nicht, dass ihr Vorhaben lange unbemerkt bleiben würde. Eine zweieinhalbtausend Mann große Armee konnte nicht einfach, mir nichts, dir nichts, an den Dunkelbergen vorbeimarschieren. Morthon hatte sicherlich Wachtruppen rings um Guanell aufstellen lassen und er musste spüren, dass etwas vor sich ging, so wie Sheylah es spürte. Seit sie in Basa angekommen war, hatte sie eine immer stärker werdende Nervosität und Unruhe gespürt und gedacht, es käme von ihr, aber das stimmte nicht. Zum ersten Mal wurde ihr bewusst, dass sie Morthon spürte, nur ganz schwach, aber sie konnte es. „Ich kann ihn spüren“, flüsterte sie Andrey zu und er wusste sofort, wen sie meinte. „Dann haben wir nicht mehr viel Zeit. Macht euch bereit“, rief er und die Basakrieger formierten sich. Jemand packte Sheylah am Arm und zog sie ein Stück zurück. Überrascht schaute sie in die Augen einer alten runzeligen Frau. Sie trug einen goldenen Kopfschmuck und an ihrem geflochtenen Haar hing etwas, das wie eingetrocknete Hühnerbeine aussah. Und obwohl Sheylah diese Frau noch nie zuvor gesehen hatte, wusste sie sofort, wer sie war. „Ihr seid Oraya, die Schamanin, richtig?“ Oraya lächelte und entblößte eine Reihe nicht vorhandener Zähne. „Nimm das“, sagte sie barsch und drückte Sheylah ein kleines Säckchen in die Hand. Ihre Stimme klang angestrengt, als fiele ihr das Sprechen schwer. Vielleicht bemühte sie sich aber auch nur, deutlich zu reden, das konnte genauso anstrengend sein, wenn man eine andere Sprache sprach. „Wofür sind die gut?“, fragte Sheylah, als sie das Säckchen öffnete und eingetrocknete Hühnerfüße darin sah. „Nicht“, sagte Oraya mit Nachdruck und zog den Stoff wieder zu. „Nur in allergrößter Not öffnen, niemals vorher, sehr böser Zauber“, sagte sie und Sheylah hatte Mühe, ihre Worte zu verstehen.
„Hab verstanden, ich danke Euch!“, sagte Sheylah und band sich das Säckchen an den Gürtel. Oraya nickte und verschwand in der Menschenmenge. Nachdem sich Familie, Freunde und Bekannte ebenfalls verabschiedet hatten, marschierten sie los. Andrey hatte entschieden, die Pferde zurückzulassen, um nicht weiter aufzufallen, daher kamen sie nur langsam voran. Sheylah fragte sich zwar, warum eine Horde Raubkatzen weniger auffällig sein sollte, als Pferde es waren, wollte seine Entscheidung aber nicht offen in Frage stellen. Da Tobus und Mondingo sie nicht begleiteten, fielen ihre Truppen unter den Befehl von Arlindinho. Das barg gewisse Vorteile für Sheylah, denn er erlaubte ihr, auf einem Geparden zu reiten. „Meinst du, ich kann mir auch so einen besorgen, wenn der Krieg vorbei ist?“, fragte sie Neela. „Ich glaube nicht. Diese Tiere sind keine Kalten Wesen, daher verfügen sie auch über keinen freien Willen. Wenn du sie zwingen würdest, dir zu gehorchen, wäre es Tierquälerei“, antwortete sie und betrachtete den Geparden, auf dem Sheylah ritt. „Du hast Raqui“, sagte Sheylah vorwurfsvoll. „Und Andrey hat Isaak. Ich möchte auch ein Kaltes Wesen haben.“ Neela sah sie amüsiert, aber mahnend an. „Ein Kaltes Wesen ist kein Haustier, das man einfach so halten kann. Es muss dich aus freien Stücken begleiten, sonst wird es für beide Seiten unangenehm, das kann ich dir sagen“, sagte Neela und schaute demonstrativ zu Raqui hoch. Sheylah konnte sehen, wie diese leicht die Lippen verzog. Bei einer Katze sah das allerdings mehr drohend als lachend aus. „Was ist passiert?“, wollte Sheylah wissen und schaute von einem zum anderen. „Sie wollte mich in Stücke reißen“, sagte
Weitere Kostenlose Bücher