Sheylah und die Zwillingsschluessel
Neela vorwurfsvoll. Raqui lachte und es klang wundervoll in Sheylahs Kopf. „Ganz so schlimm war es nun auch wieder nicht. Wir haben zufällig dasselbe Tier gejagt und Neela hatte mir die Beute vor der Nase weggeschnappt.
Damals war sie noch ein Kind gewesen und ich nichts weiter als ein Kätzchen. Ich habe ihr ein paar Kratzer zugefügt, weiter nichts.“ „Kratzer nennst du das? Hier, schau dir meinen Arm an, er hing in Fetzen!“, rief Neela, schamlos übertreibend. Als Sheylah jedoch ihren Arm betrachtete, sah sie wirklich drei große rosafarbene Schrammen. „Wann sagtest du, sei das passiert?“ „Als ich noch ein Kind war“, antwortete sie. „Die Wunden, die dir ein Kaltes Wesen zufügt, heilen nicht vollständig, musst du wissen. Ich bin also den Rest meines Lebens gezeichnet.“ „Es liegt an unserem giftigen Speichel. Ein Biss könnte dich sogar töten“, erklärte Raqui. „Dich natürlich nicht“, fügte Neela hinzu, als sie den wachsamen Blick sah, den Sheylah Raqui zuwarf. „Aber jeden normalen Menschen.“ „Seid ihr fertig mit diskutieren?“, fragte Djego, der mit Andrey direkt vor ihnen lief. „Wieso, hast du noch etwas Gescheites hinzuzufügen?“, fragte Sheylah. „Nein, aber vielleicht interessiert euch das“, sagte er und deutete auf den Sand zu ihren Füßen. Sheylah hob die Brauen. „Fußspuren, und?“ Djego sah sie mit gehobenen Brauen an. „Fällt dir vielleicht noch etwas auf, außer dass wir die Ersten in der Reihe sind?“ Sein Sarkasmus rüttelte Sheylah wach, so dass sie sich wieder auf das Hier und Jetzt konzentrierte und im Geiste gab sie sich eine Ohrfeige. Was war heute nur mit ihr los? Sie lief mit Andrey und ihren Freunden an der Spitze, hatte die Fußspuren vor sich aber nicht bemerkt. Die Spuren hätte sie doch schon aus hundert Metern Entfernung sehen müssen! Sie schüttelte sich. „Geht es dir gut?“, fragte Andrey und schaute ihr forschend ins Gesicht. „Ich weiß nicht, ich denke schon“, antwortete sie. Er musterte sie weiter. Für einen kurzen Augenblick hatte sie etwas gespürt, doch ehe sie es erfassen konnte, war es schon wieder verschwunden. Als habe jemand ihre Seele berührt. Morthon, war ihr erster Gedanke. „Es geht mir gut“, versicherte sie ihm und beobachtete Berger, der sich den Spuren im Sand genähert hatte und sie eingehend inspizierte. „Die sind höchstens eine Stunde alt“, knurrte er. „Eine Stunde?“, fragte Neela entgeistert. „Bist du sicher?“ Berger warf ihr einen ärgerlichen Blick zu.
„Natürlich bin ich sicher, das Spurenlesen ist mein Fachgebiet.“ „Schon gut, kein Grund, sich an die Gurgel zu gehen“, warf Sheylah sofort ein, um eine Auseinandersetzung unter den beiden zu vermeiden. Neela und Berger waren wie zwei gleiche Pole, die sich dauerhaft abstießen und Sheylah wollte ungern, dass sie sich fetzten. Zu ihrer Überraschung ging Neela jedoch nicht weiter darauf ein, sondern näherte sich den Spuren und beäugte sie misstrauisch. Als sie sich Berger jedoch näherte, verließ er seinen Platz und wendete sich einem anderen Teil der Spur zu. Sheylah reichte es. Wütend stapfte sie in seine Richtung, doch bevor sie etwas sagen konnte, hielt Andrey sie zurück. „Lass ihn. So kurz vor den Mauern des Feindes, können wir keinen Streit gebrauchen.“ Sheylah nickte und hockte sich neben Neela. „So wie es aussieht, gehören die Spuren nur einer Person“, sagte Berger schließlich. „Das ist eigenartig und sehr beunruhigend“, sagte Neela. Sheylah pflichtete ihr bei. Wer würde schon mutterseelenallein in der Wüste umherwandern, wenn er sich nicht den Tod holen wollte? Vielleicht jemand, der keine Angst vor dem Tod hatte oder nicht sterben konnte? „Glaubt ihr, es war Morthon?“, fragte Sheylah in die Runde. „Dann hättest du ihn spüren müssen. Aber ein Spitzel ist nicht ausgeschlossen“, sagte Andrey und schaute in die Ferne. Sie wusste, was er sah: das Totengebirge. Für normale Augen war die Entfernung noch zu groß, aber Sheylah konnte die Berge deutlich sehen. Schwarze Spitzen, die zum Himmel hinaufragten. „Wer es auch war, er ist sicher kein Freund, also sollten wir uns beeilen“, schlug Djego vor und niemand erhob Einwände. Nach einigen Kilometern verschwanden die Spuren so plötzlich, wie sie aufgetaucht waren und es gab nur zwei mögliche Erklärungen dafür: Entweder waren sie vom Wind weggetragen worden oder jemand hatte nachgeholfen. Beunruhigt, wie sie waren, verdoppelten sie ihr
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