Sheylah und die Zwillingsschluessel
sei denn, eine wichtige Zeremonie geht vonstatten.“ „Wann werden die Stammesältesten eintreffen?“ „Zum Sonnenuntergang.“ Also hatten sie noch etwa drei Stunden. „Dann geh ich mich mal frisch machen“, kündigte Sheylah an und erhob sich. „Mach das, aber heute wird Narcisia dich einkleiden. Es ist Tradition, dass sich unsere Verbündeten bei der Begrüßung der Ältesten wie wir kleiden.“ „Meinetwegen, aber ich kann dir nicht garantieren, dass alle mitmachen werden. Oder kannst du dir Sou und Berger in einem Lederrock vorstellen?“ Bei der Vorstellung mussten alle drei lachen. Narcisia führte Sheylah in ihre Hütte, die in der Nähe des Dorfplatzes lag. Sie wurden von einer Horde Kinder verfolgt, die ein großes Interesse an Sheylahs Kleid entwickelt hatten und es an allen Stellen anfassten und begutachteten. Narcisia scheuchte sie ständig weg und drohte ihnen mit Prügel, doch sie kamen immer wieder. Sheylah störte es nicht, sie fand es eher putzig.
Als sie Narcisias Hütte erreicht hatten und darin verschwanden, atmete Sheylah erleichtert auf. Aber nicht wegen der Kinder, sondern der brennenden Sonne wegen. Während Narcisia etwas Passendes zum Anziehen suchte, hatte Sheylah nicht viel mitzureden. Neelas Schwester hielt ihr ein paar Stücke vor den Körper und schätzte ab, was ihr passen und sich mit ihrer Hautfarbe vertragen könnte.
Sheylah musste unwillkürlich an Neela denken und konnte ein Grinsen nicht verhindern. So hatte Neela sie auch immer begutachtet, wenn sie sie in Torga angekleidet hatte. „Sei mir nicht böse, Sheylah, aber ein bisschen mehr Sonne könnte deine Haut schon vertragen.“ Sheylah nahm es ihr nicht böse, sie war es gewohnt, solche Kommentare zu hören. Und außerdem interessierte nur eine Meinung und das war die ihres Geliebten. Und der schien ihre Haut zu mögen. Narcisia entschied sich für einen hellen Stoff, der Sheylahs Körper weniger als spärlich bedeckte. Sie fühlte sich unbehaglich, als sie ihr knappes Outfit begutachtete, tröstete sich aber mit dem Gedanken, dass alle anderen genauso gekleidet waren. Als sich Narcisia ebenfalls umgezogen hatte, machten sie sich auf den Weg zu den anderen. Sheylah sah zum Himmel. Es dämmerte bereits und die Stammesältesten würden bald eintreffen. Sie war schon sehr gespannt auf die mächtigen Anführer. Als sie wieder bei ihren Hütten waren, musste Sheylah so stark lachen, dass sie sich krümmte und Seitenstechen bekam. Andrey und Djego hatten zweifellos eine ansehnliche Figur, aber in den Federröcken sahen sie einfach nur lächerlich aus. Ihr Oberkörper war frei und an den Armen hatte man Ihnen mit Federn versehene Bänder umgelegt. Ihre ledernen Röcke waren ebenfalls mit Federn geschmückt und in ihre Haare bunte Bänder eingeflochten. Grinsend schlenderte Sheylah um die beiden herum, froh, etwas gefunden zu haben, womit sie die beiden aufziehen konnte – wo sie doch sonst immer ihr Opfer war. Neela trat aus ihrer Hütte und im Gegensatz zu den Männern sah sie einfach umwerfend aus.
Ihre Haare waren geglättet, an den Seiten aber geflochten. Einzelne Federn schmückten ihr Haar und gaben ihr ein kriegerisches Aussehen. Ihr Rock war ebenfalls aus braunem Leder, ging ihr aber bis zu den Knöcheln und besaß an den Seiten hohe Schlitze. Wie alle Frauen trug auch sie eine Art Leder-BH und war bauchfrei. Sheylah sah zu Sou. Er hatte seinen Waffenrock anbehalten, sich aber ein paar Federn daran stecken lassen. Das musste Neelas Werk gewesen sein, denn Sheylah konnte sich nicht vorstellen, dass der Dämon sich freiwillig so hergerichtet hatte. Selbst Raqui war geziert worden und trug einen kronenartigen Kopfschmuck aus geflochtenem Bambus und Federn. Isaak konnte sie nicht entdecken, hörte ihn aber in der Ferne krächzen. „Wo ist Berger?“, fragte sie in die Runde. Als Neela auf seine Hütte deutete, klopfte Sheylah daran und forderte ihn auf, herauszukommen. „Wir alle haben uns der Tradition zu beugen, da wirst du keine Ausnahme machen“, rief sie. Ein paar beleidigende Worte murmelnd, trat er aus der Hütte und schaute stur auf Sheylah nieder. Sie wich einen Schritt zurück und schaute respektvoll zu ihm auf. Berger sah alles andere als lächerlich aus und als Sheylah seinen nackten Oberkörper betrachtete, mit beeindruckenden Brustmuskeln, einem breiten Kreuz und den durchtrainierten Armen, musste sie schlucken. Auch ohne Schuhe war er immer noch drei Köpfe größer als sie. Sie blickte in sein von
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