Sheylah und die Zwillingsschluessel
und musterte sie alarmiert. „Was ist?“, fragte er schroff.
Sheylah ging weiter und zuckte gleichgültig die Schultern. „Ich habe mich bloß erschrocken, wegen der Geräusche.“ „Du wirst dich gleich noch mehr erschrecken, wenn du siehst, was hinter den Bergen lauert.“ Das Flügelschlagen wurde lauter, doch nicht einmal die Höllenhunde schienen es zu bemerken und dann konnte Sheylah seine Gedanken hören: Macht Euch bereit, ich werde euch retten , erklang Isaaks Stimme. Nein, flieg zu Andrey und sag ihm, wo sie mich hinbringen , widersprach Sheylah. „ Seid nicht dumm, Morthon wird euch vernichten “, rief Isaak so laut, dass ihr der Kopf schwirrte. Überleg mal! Marces wird mich direkt zu Morthons Versteck führen, dann können Andrey und die anderen aus dem Hinterhalt angreifen. Ich werde ihm sagen, dass sie alle tot sind. Isaak schwieg einen Moment und sie dachte schon, er sei fort, doch dann antwortete er: Also gut, aber seid vorsichtig! Sie hörte, wie er sich entfernte. Isaak, hat die Schlacht schon begonnen? Ja, und es sieht nicht gut aus , antwortete er, dann waren seine Gedanken verschwunden.
MORTHON
Guanell war ein trockenes, düsteres und trostloses Land. Es gab einen schmalen Pfad, der sie sicher und schnell durch die Dunkelberge brachte. Sheylah prägte ihn sich ein, um ihn Isaak später ausführlich erklären zu können. Es brachte sie fast zur Verzweiflung, dass sie ihn nicht mehr hören konnte. Was, wenn den anderen etwas geschehen war? Wenn ihre Freunde verletzt oder nicht mehr am Leben waren und sie sich Morthon umsonst aushändigte? Das alles konnte nur Isaak wissen, doch seine Gedanken waren zu weit entfernt, als dass Sheylah sie hören konnte. Er hatte gesagt, dass es schlecht für sie aussah, was den Ausgang der Schlacht betraf. Ob Arlindinho und Medäha überhaupt noch lebten? „Wenn du noch eine Weile leben willst, würde ich nicht von meiner Seite weichen“, sagte Marces, als sie die Berge hinter sich gelassen hatten. Man hätte fast meinen können, er wäre um ihr Wohlergehen besorgt, doch Sheylah wusste es besser. Sie konnte sich vorstellen, dass Morthon sie lebendig haben wollte und Marces dafür verantwortlich war, dass sie den Weg heil überstand. Sie blieb wie angewurzelt stehen, als sie den Blick über das karge Land schweifen ließ. Denn es waren viele, zu viele. Hauptsächlich sah sie Skintii-Krieger, die in langen Reihen und ordentlich formiert zum Fuße der Dunkelberge marschierten.
Sie konnte in hunderten von Metern Entfernung weitere Truppen erkennen und wusste, dass sie die Schlacht nie gewinnen würden.
Wenn der Kampf wirklich schon seit Stunden andauerte, konnte nicht mehr allzu viel von ihrer Armee übrig sein. Unter den einfachen Skintii machte Sheylah eine ganze Menge Jäger und Feuerpferde aus, doch am furchterregendsten waren die Kreaturen, die auf dem Weg zum Schlachtfeld waren. Sie sah riesige dreiköpfige Schlangen, welche von den Skintii-Kriegern mit Seilen im Zaum gehalten wurden. Sie gaben laute und zischende Geräusche von sich. Die Riesenschlangen waren jedoch nicht einmal annähernd so furchterregend wie die anderen Geschöpfe, die sich auf dem gigantischen Platz tummelten. Schleimige Kreaturen, die weder Gesicht noch Gliedmaßen besaßen, krochen auf dem Boden herum und zogen Schleimspuren hinter sich her. Sie schienen aus irgendeiner gummiartigen Materie zu besten, aber so genau wollte Sheylah das gar nicht wissen. Sie wandte den Blick ab, um sich nicht zu übergeben. Marces packte sie grob am Arm und zog sie mit sich, die Höllenhunde folgten ihr zähnefletschend. Je weiter sie in Guanell eindrangen, desto mehr wurde Sheylah bewusst, wie absolut töricht ihr Plan gewesen war. Denn sogar für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie Morthon besiegte, würden ihr diese Kreaturen den Rest geben: Drachen! Sie konnte sich noch daran erinnern, wie sie Andrey kein Wort geglaubt hatte, als er von ihnen sprach. Doch nicht, weil sie ihn für einen Lügner hielt, sondern weil man immer nur dann glaubte, wenn man etwas mit eigenen Augen sah. Es waren fünf Drachen, die von mehreren Skintii durch Seile am Boden gehalten wurden. Sie waren zum Glück nicht so groß, wie Sheylah sie aus Märchen und Sagen kannte, sondern wie Isaak, aber sie schienen nicht weniger tödlich. Sie hatten einen blutroten Panzer und unendlich viele Stachel am Körper. Ihr Schwanz wurde zum Ende hin dünner und mündete in einer einzigen gewaltigen Spitze. Sheylah sah sich weiter um
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