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Sheylah und die Zwillingsschluessel

Sheylah und die Zwillingsschluessel

Titel: Sheylah und die Zwillingsschluessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lolaca Manhisse
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lautete die traurige Antwort. Niemand würde ihr zu Hilfe eilen, denn das hier war ihr Kampf. Seit Morthon ihre Urgroßmutter getötet hatte. Sie sah sich noch einmal um, das Knurren der Höllenhunde ignorierend und folgte Marces mit einem Seufzen in die Höhle. Oh Mann, sie war so gut wie tot! Marces führte sie durch eine enge Höhle, die zwar dunkel, aber für Sheylah trotzdem halbwegs einsehbar war. Dank ihrer scharfen Augen konnte sie jedem Hindernis ausweichen, das sich ihr in den Weg stellte – anders als Marces. Die Decke war an manchen Stellen so niedrig, dass man den Kopf einziehen musste, um sich nicht daran zu stoßen. Da Marces vorauslief und ein gutes Stück größer war als sie, musste sie nur auf ein gelegentliches Fluchen hören und wusste, wann sie sich zu ducken hatte. Sie hätte ihn natürlich auch warnen können, denn sie sah die Hindernisse schon im Voraus, aber sie tat es nicht, sondern lächelte jedes Mal schadenfroh, wenn er sich in der Dunkelheit stieß, über einen Stein stolperte oder in eine Pfütze trat. Der schmale Tunnel war eigentlich nicht lang, doch weil Marces ständig mit irgendwelchen Hindernissen kollidierte, brauchten sie eine gefühlte Ewigkeit, um ihn zu passieren. Der Gang endete in einem gewaltigen Höhlensystem, dessen schiere Größe ihr den Atem raubte. Es mussten hunderte weitere Höhleneingänge sein, verteilt auf mehreren Etagen, aber nicht nur das. Tropfsteine in sämtlichen Formen und Größen, aus Stein gemeißelte Skulpturen und unterirdische Flüsse gaben Sheylah den Eindruck, in einer versunkenen Stadt gelandet zu sein. „Was ist das hier?“, fragte sie voller Staunen. „Das verschollene Königreich Guanell. Es ist vor hunderten von Jahren untergegangen,“ antwortete er ungeduldig und bedeutete ihr, weiter zu gehen. Sheylah konnte den Blick nur mit Mühe abwenden, folgte ihm aber. Sie nahmen einen der vielen Gänge und landeten in einem großen Saal. Er bestand zwar aus nacktem Stein und war offenbar Jahrhunderte nicht gepflegt worden. Trotzdem sah man, dass er einmal wunderschön und prunkvoll gewesen sein musste. Zerbrochene Statuen, ein mit Rissen und Löchern versehener Boden und fast bis zur Unkenntlichkeit zerstörte Bilder bestätigten ihren Eindruck. „Und hier fühlt er sich wohl?“, fragte sie voller Verachtung. „Sei ruhig jetzt, er ist nahe.“ Das war ihr nichts Neues. Morthons unheimliche Aura war stärker geworden, seit sie die Höhle betreten hatten, doch nun kam eine ihr unbekannte verdorbene Präsenz dazu. Sie konnte sie auf der Zunge schmecken, wie verdorbenes Essen und schauderte. Als sie den Saal hinter sich gelassen hatten, kamen sie an einzelnen Zimmern vorbei.

    Dort standen Tische und Betten, nur dass diese sehr heruntergekommen und beschädigt waren. Sheylah fand es einfach nur absurd, dass der Dunkelste aller Herrscher an so einem Ort hauste. Das passte einfach nicht. Sie hatte ein finsteres Draculaschloss erwartet, aber nicht das hier. „Wir sind da“, sagte Marces wieder und blieb vor einer massiven Flügeltür stehen. Sheylah konnte nicht schlucken, denn der Kloß in ihrem Hals war so dick, dass sie das Gefühl hatte, daran zu ersticken. Es war ein merkwürdiges Gefühl, zu wissen, dass sich hinter der schwarzen Tür ihr Ende befand. Sheylah wurde auf eine sonderbare Art ruhig und gleichgültig, als Marces die schwere Tür öffnete und dabei vor Anstrengung schnaufte. Vielleicht lag es an Tarem. Als Sheylah den Raum betrat, hielt sich Marces hinter ihr und schubste sie förmlich hinein. Der Raum war groß, aber spärlich eingerichtet. Mit unheimlichen Wesen verzierte Säulen schmückten die Ecken, ein großer Waffenschrank stand auf der rechten Seite und ein prunkvoller Thron befand sich in der Mitte. Darauf saß jemand, doch diese Person konnte unmöglich Morthon sein, Träger von Tuga, dem Schlüssel des Dunkels und grausamer Herrscher von Guanell. „Du kommst allein?“, fragte die Person auf dem Thron und erhob sich. „Meine Freunde sind tot“, log Sheylah, ohne zu zögern.
    Seine Stimme klang genauso jung, wie er aussah. Er hatte dunkelbraunes, kurz geschnittenes Haar, hellblaue Augen und feine Gesichtszüge. Er trug ein braunes Wams, eine schwarze Hose und dazu passende Stiefel. „Du kannst unmöglich Morthon sein“, platzte es aus ihr heraus. Er lachte und es sah so harmlos und erfrischend aus, wie es bei einem hübschen jungen Mann sein sollte. Er war so jung, dass ihr der Name Morthon einfach nur lächerlich

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