Sheylah und die Zwillingsschluessel
zubeißen konnte, stopfte sie ihm eine Lichtkugel in den Rachen. „Friss das!“, sagte sie, dann explodierte er und regnete in blutigen Klumpen auf sie nieder. „Da waren es nur noch zwei“, murmelte sie und rappelte sich auf. Sheylah sah sich um. Sie erblickte Medäha und ihre Amazonen, die sich ein Duell mit einer Gruppe Jäger lieferten. Die Amazonen kämpften genauso erbarmungslos und furchterregend wie die Skintii, was Sheylah sehr beeindruckte. Die Gruppe lebender Leichen, die Sheylah ein paar Stunden zuvor zum ersten Mal gesehen hatte, wurden von dutzenden Raubkatzen angegriffen. Doch jedes Mal, wenn sich ein Tier in ihr faules Fleisch verbiss, wurde es wild und wendete sich gegen seine Freunde, als hätte es Tollwut. Tobus und seine Magier kamen ihnen zu Hilfe und richteten ihre Gehstöcke in die Luft. Dabei entfachten sie einen gigantischen Wirbelsturm aus Feuer, dessen weiße Flammen die Kreaturen binnen weniger Augenblicke verschlangen. Nach weiteren Stunden war der Boden übersät von Leichen und toten Raubkatzen. Sheylah wurde schwer ums Herz. Sie hasste es, wenn Tiere in einen Krieg hineingezogen wurden, denn sie konnten nun wirklich nichts dafür. Etwas traf sie im Rücken und Sheylah wirbelte erschrocken herum. Ein toter Gepard lag zu ihren Füßen, seine Zunge hing schlaff heraus und seine Augen waren verdreht. Sie schaute sich zornig um und erstarrte. Morthon stand nur wenige Meter entfernt und hielt in jeder Hand einen abgetrennten Gepardenkopf.
Er warf sie ihr direkt vor die Füße und lächelte finster. „Deine Lieblingstiere, habe ich gehört“, sagte er und kam auf sie zu. Sie warf noch einen Blick auf die Gepardenköpfe, dann rannte sie los, allerdings in die entgegengesetzte Richtung, auf die Dunkelberge zu. Sie wollte Morthon aus der Nähe ihrer Freunde haben, falls er sich entschloss, dasselbe mit ihnen zu tun. Kopflose Geparden konnte sie ja noch ertragen, aber nicht, wenn es die ihrer Freunde waren. Sheylah lief so schnell sie konnte, zum Fuße der Dunkelberge. Dort wurde zwar auch gekämpft, aber nur vereinzeltet. Die hauptsächliche Schlacht fand vor Morthons Höhle statt. Als sie außer Sichtweite ihrer Freunde war, wurde sie langsamer und blieb schließlich stehen. Sie drehte sich um, aber Morthon war nirgends zu sehen. Verdammt! Was, wenn er ihr nicht gefolgt war, weil er gewusst hatte, dass sie ihn herlocken wollte? „Du kannst deine Freunde nicht retten. Meine Kreaturen werden sie vernichten, einen nach dem anderen“, sagte er und stand urplötzlich vor ihrer Nase. Wie aus dem Nichts war er aufgetaucht, aber Sheylah erschrak nicht und wich auch nicht zurück. „Was hältst du davon, wenn wir unsere Schlüssel ablegen und auf Leben und Tod kämpfen?“, fragte sie herausfordernd. Sie war das Kämpfen und seine Spielchen leid. Wenn Morthon nicht demnächst starb, würde von ihren Freunden bald niemand mehr übrig bleiben, also warum noch warten? Den Kampf hinauszuzögern brachte nichts weiter als noch mehr Tote. „Warum sollte ich das tun, wo ich doch warten kann, bis er dir abgenommen wird?“ „Weil ich mir nicht vorstellen kann, dass der große böse Morthon wirklich so ein Feigling ist, wie er sich in den letzten Stunden präsentiert hat“, gab sie zurück, wohlwissend, dass er anbeißen würde. Es war immer dasselbe mit den Bösen. Sie konnten es einfach nicht ertragen, als Feiglinge bezeichnet zu werden. „Du wagst es, mich einen Feigling zu nennen?“, fragte er und seine Nasenlöcher blähten sich. „Du bist eine Närrin, wenn du denkst, mich besiegen zu können, aber bitte, du sollst deinen Kampf haben. Als meinen Sekundanten wähle ich meinen Schlüsselwächter Loki.“
Sheylah wusste nicht, was das bedeuten sollte: „Was ist ein Sekundant?“ Morthon sah sie ungläubig an. „Wenn sich zwei Menschen oder in unserem Fall Unsterbliche duellieren, darf niemand anders eingreifen. Jeder der Kämpfer wählt einen Sekundanten, der den gegnerischen Kämpfer auf Betrug oder Missbrauch beobachtet.“ Sheylah sah Morthon in die Augen. Als er so gelassen und ruhig erklärt hatte, war er ihr gar nicht böse oder unheimlich erschienen. Vielleicht gab es ja noch Hoffnung, ihn zu retten oder zu heilen. Denn wenn sie so darüber nachdachte, wollte sie gar nicht gegen ihn kämpfen. „Sieh mich nicht so an“, fauchte er und kniff die Augen zusammen, als würde er geblendet. Er wich zurück, als könnte er ihren Anblick nicht ertragen. „So hat mich meine Schwester auch
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