Sheylah und die Zwillingsschluessel
Sozuke“, sagte sie nur und stellte sich dann neben ihren Bruder, um ihnen den Weg freizumachen. Neela drehte sich ein letztes Mal zu ihren Geschwistern um. „Wir sehen uns dann in Torga“, sagte sie, dann ritten sie davon. Da keiner der drei erpicht darauf war, die Nubis-Sümpfe ein zweites Mal zu durchqueren, ritten sie außen herum, was sie einen ganzen Tag kostete. Und dass ihr Gepardenbaby keine Milch mehr trank, war schlichtweg gelogen, denn es ließ nichts anderes an sich heran, was Sheylah und ihre Freunde zur Weißglut brachte.
Die mit Milch gefüllte Wasserflasche war in Sekunden ausgetrunken. Hinzu kam, dass der kleine Frechdachs keinerlei Manieren oder Respekt vor Größeren zu haben schien. Wann immer er etwas nicht bekam, wonach ihm gerade war, kratzte und biss er um sich, weshalb ihn niemand außer Sheylah halten konnte. Denn Sheylah war die Einzige, deren Narben in Sekunden heilten und sie fragte sich, ob Sozuke sie mit diesem frechen Ding nicht hatte ärgern wollen. Sie taufte ihn auf den Namen Spike, der ihr irgendwie passend erschien. Als sie die Nubis-Sümpfe umrundet hatten und weitere Kilometer in schnellem Tempo geritten waren, schlugen sie ein Nachtlager auf und erlaubten sich eine fünfstündige Schlafpause. Spike hielt die vier ziemlich auf Trab. Nur Isaak bekam nicht viel davon mit, da er sich hauptsächlich in der Luft aufhielt. Raqui schlug mehrmals vor, das kleine Biest einfach zu verschlingen, damit sie endlich ihre Ruhe hatten. Doch zum Glück fiel Sheylah eine weniger brutale Lösung ein, um die kleine Raubkatze zum Schweigen zu bringen. Als sie sich am Morgen wieder auf den Weg machten, gab sie Spike in Isaaks Obhut. Dieser krallte sich die kleine Katze kurzerhand und trug sie durch die Lüfte. Anfangs hatte Sheylah zwar Bedenken, doch Isaak versicherte ihr, dass Spike offenbar unheimlich Gefallen an dem Flug fand. Und so hatten alle etwas davon. Die Freunde hatten Ihre Ruhe und Spike wurde nicht langweilig.
Zum Abend hin erreichten sie Torga und Sheylah wollte nichts lieber, als in ihr Bett fallen. Doch sie wusste, dass sie vorher noch einiges zu berichten hatte. Sie wurden von jubelnden Menschenmassen empfangen, als sie die Straßen passierten und Sheylah bekam mehr als einmal einen Krampf in den Wangen vom vielen Lächeln.
Was sie ein wenig wunderte, war, dass die Menschen keine Angst vor Raqui zu haben schienen und sie ebenfalls als eine Heldin feierten. Und diese schien die Aufmerksamkeit voll und ganz zu genießen. Anders als Isaak, der bei den Torgern keinen positiven Eindruck hinterlassen hatte, als er in den Gräbern des Königs eingedrungen war. Offenbar war zu den Bewohnern noch nicht ganz durchgedrungen, dass es ohne sein Zutun heute keinen Jubel geben würde. Auch Neela und Djego wurden gefeiert und vor allem Neela freute sich, Torga das erste Mal ohne Schutzzauber betreten zu können und als echte Basa angesehen zu werden. Bevor sie den Festsaal des Schlosses erreichten, ließ Sheylah Spike und die Truhe in ihre Gemächer bringen, dann betraten die fünf Freunde den Saal und das Spektakel begann.
EIN MONAT SPÄTER
Sheylah, Neela und Djego saßen auf der großen Wiese hinter dem Schloss und genossen den warmen Sommertag. Isaak schwebte in weiter Ferne durch die Lüfte und Raqui brachte Spike das Jagen bei. Es war einfach zu lustig, den ungleichen Spielgefährten dabei zuzusehen, wie sie imaginären Dingen hinterherflitzten. Raqui so groß wie ein Pferd und Spike dagegen so winzig wie eine Ratte. Sheylah hatte sich lange nicht mehr so gelassen gefühlt, denn in den letzten Wochen war viel geschehen. Nachdem der Sieg über den dunklen Herrscher Morthon drei Tage lang gefeiert wurde, folgte die Trauerfeier für die Gefallenen, ebenfalls drei Tage lang. In der Zeit ließ sich Sheylah noch einmal so richtig gehen und ihren Gefühlen freien Lauf. Sie sprach tagelang kein Wort, verließ kaum ihre Gemächer und aß und trank gerade mal so viel, dass sie am Leben blieb, auch wenn sie nicht sicher war, ob sie dank Tarem überhaupt verhungern oder verdursten konnte. Nach den Trauertagen schloss Sheylah endlich mit der Vergangenheit ab und schwor sich, nie wieder auch nur eine Träne zu vergießen. Sie wollte sich an die glücklichen Zeiten mit Andrey erinnern, das hätte er sicher auch gewollt.
Dann war es an der Zeit, sich um die aktuellen Dinge zu kümmern. Zum Beispiel, von der Thronnachfolge zurückzutreten. Wie Sheylah schon kurz nach Andreys Tod festgestellt hatte,
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