Sheylah und die Zwillingsschluessel
umzubringen.“ Er machte einen großen Schritt auf Sheylah zu, doch Andrey hielt ihn zurück. „Und mich dabei fast miterstochen, das hast du wohl vergessen“, gab sie zurück und weidete sich an seinem entsetzten Gesichtsausdruck. Sie genoss es, ihn zu beleidigen. Und wieder hatte sie das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Das war nicht ihre Wut. Seit sie in diese Welt gekommen war, hatte sie Angst und Trauer gefühlt, aber keine Wut. Wo kam dieser Hass auf einmal her? War Djego vorher noch wütend gewesen, funkelte er sie nun mordlustig an. Er musste doch wissen, dass sie die Worte nicht so gemeint hatte, oder? „Das nimmst du zurück, Sheylah, ich warne dich“ Seine Stimme bebte so sehr, dass man die Worte kaum verstand. Doch etwas an Sheylahs Gesichtsausdruck schien ihn stutzig zu machen, denn er wich zurück und wechselte einen Blick mit Andrey. Aber das war nicht wichtig, in Sheylahs Augen. „Willst du mir etwa drohen?“, fragte sie belustigt und funkelte ihn erwartungsvoll an. Es war die Vorfreude auf das Kommende. Stopp! Sie wollte gar nicht gegen ihn kämpfen, doch sie war nicht mehr ihr eigener Herr. Sie wollte Djego verletzen, wollte ihn bluten sehen und nur dieser blöde Andrey stand ihr im Weg. Sie stieß Andrey zur Seite und griff Djego an. „Sheylah“, schrie Andrey und rappelte sich auf. Doch sie beachtete ihn nicht, sie hatte nur Augen für Djego. Sie versuchte ihn mit der Schwertspitze am Hals zu treffen und setzte ihre gesamte Kraft in den Hieb. Djego parierte ihn und hatte Glück, dass Sheylah noch eine Anfängerin war. „Djego, zurück“, befahl Andrey und schlug ihr das Schwert aus der Hand. Ehe sie reagieren konnte, trat er hinter sie und schlang seine Arme um ihren Körper. Sie schrie und strampelte mit den Füßen, aber vergeblich. Andrey war um so vieles stärker als sie. „Lass mich los oder ich töte dich“, schrie sie. Andrey sagte etwas zu Djego in einer Sprache, die sie nicht verstand. Sie vermutete, dass es Basa war. „Dazu muss sie aber stillhalten“, antwortete Djego und schloss die Augen. Sheylah spürte Andreys Gesicht ganz nah an ihrer Wange und dann fühlte sie etwas. Magie! Andrey flüsterte ihr etwas Unverständliches ins Ohr und ihre Lider wurden schwer. Sheylah war wie betäubt von seiner süßen Stimme, die sie wie flüssiger Honig umschmeichelte. Sie ließ den Kopf schlaff herunterhängen, konnte aber noch jedes Wort verstehen. „Beeil dich, Djego, lange kann ich sie nicht in diesem Zustand halten“, drängte er. „Ich versuch es ja“, antwortete der gehetzt. „Es wird alles gut, Sheylah“, flüsterte ihr Andrey ins Ohr. Und als er ihren Namen aussprach, mit dieser unwiderstehlich süßen Stimme, verblasste ihre Wut.
„Ich hab’s“, rief Djego erleichtert. Als er das sagte, nahm sie einen brennenden Schmerz an ihrem rechten Handgelenk wahr – dort, wo sich das Armband der alten Dame befand. „Es ist das Armband“, sagte Djego. „Wo hast du das Armband her?“, fragte Andrey. Der samtweiche Klang war aus seiner Stimme verschwunden und er hörte sich wieder normal an. „Alte Frau … Marktplatz“, stammelte sie. Sheylah fühlte sich noch leicht benebelt. Vorsichtig nahm ihr Andrey das Armband ab und schleuderte es von sich und Sheylah fühlte sich augenblicklich besser. Sie atmete tief durch, dann sah sie die mitgenommenen Gesichter der beiden und musste von ganzem Herzen lachen. Die Männer sahen sie an, als sei sie verrückt geworden. „Ist es nicht ein riesen Zufall, dass solche Sachen immer mir passieren?“, fragte sie, immer noch lachend. „Nein, ist es ganz und gar nicht“, antwortete Andrey ernst. „Es wird immer jemanden geben, der sich dir in den Weg stellen wird, gewöhne dich daran.“ Sheylah verging das Lachen. Vorsichtig schielte sie zu Djego, der sie immer noch wütend anschaute. „Djego, ich hab es nicht so gemeint. Und ich könnte mir keinen besseren Wachmann als dich vorstellen“, sagte sie versöhnend und ging auf ihn zu. „Vielleicht überlegst du es dir ja nochmal“. „Bei dir weiß man nie“, antwortete er, nahm sein Schwert und ging davon. Sheylah sah ihm nach. Das konnte er ihr doch nicht übel genommen haben, immerhin hatte sie unter einem Zauber gestanden oder war das eine bloße Ausrede? Djego war von Anfang an für sie da gewesen und sie hatte ihm schlimme Dinge an den Kopf geworfen. Sie hatte vor kurzem Neela verloren und jetzt ihren treuesten Freund, noch mehr konnte man nicht falsch machen. Sie fühlte
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